Zeitgeschichte in Hessen - Daten · Fakten · Hintergründe

Gewalttätige Ausschreitungen gegen jüdische Mitbürger in Rotenburg an der Fulda, 7. - 8. November 1938

In Rotenburg a. d. Fulda kommt es am späten Abend zu Ausschreitungen gegen jüdische Einrichtungen. Wie auch bei anderen Pogromen, die an diesem Abend in Kassel, Zierenberg, Sontra und Bebra stattfinden, werden die Synagoge und jüdische Wohnstätten zum Ziel der gewaltsamen Übergriffe.
Die Fuldaer Zeitung meldet am Morgen des 8. Novembers unter den Überschriften „Juda trägt die Verantwortung!: Das befinden des Legationssekrtär vom Rath nach wie vor ernst“ und „Die Empörung macht sich Luft“, das „auch in Rotenburg und Bebra [...] im Verlaufe des gestrigen Nachmittags und Abends Demonstrationen und Kundgebungen gegen die dort ansässigen Juden statt[fanden].“ Diese Meldung der Zeitung bestätigt auch der Bericht des zuständigen Stadtinspektors: „Am 7. November 1938 wurde in Paris auf den deutschen Legationssekretär vom Rath durch einen 17-jährigen Juden ein Mordanschlag verübt. Infolge der feigen Mordtat kam es in der nacht vom 7. zum 8. November in der hiesigen Stadt zu spontanen Kundgebungen gegen die Juden. Eine erregte Menschenmenge durchzog die Stadt mit den Rufen: ‚Juda verrecke! Nieder mit den Juden!‘ und zertrümmerte an 15 Judenhäusern die Fensterscheiben. Die besondere Wut der Menge richtete sich gegen die Judensynagoge, deren Einrichtung vollständig zerschlagen wurde.“

Am darauf folgenden Morgen erhalten eilig zusammengerufene (vermutlich ortsansässige) SA-Männer den Auftrag, die jüdischen Bürger aus ihren Häusern zu holen und im Rathauskeller einzukerkern. Vom Rathauskeller werden die Inhaftierten später in das Obdachlosenasyl in der Stadtwache am Rotenburger Marktplatz verbracht. Anschließend werden Geschäfte, Häuser und Wohnungen der Häftlinge systematisch demoliert. Die Aktionen enden schließlich erst in den Nachmittagsstunden des 8. November 1938.
(KU)