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Regesten der Landgrafen von Hessen

1558 September 14

Feuerordnung für Kassel

Regest-Nr. 16635

Überlieferung | Regest | Originaltext | Nachweise | Textgrundlage | Zitierweise
Überlieferung
Abschriften: Staatsarchiv Marburg, 17e Kassel, Nr. 173, undatierte Reinschrift, Papier. Rubrum: Feuer Ordnung wy die in der stadt Cassel verkundiget werden soll. Ist die erste und corrigirt. 14 7bris anno 1558. Ebenda die Artikel darmit die feuer ordenunge mochte zu verbessern sein.
Drucke: Sammlung Fürstlich Hessischer Landesordnungen, Bd. 1, Kassel 1767, S. 172-174, Nr. 69.
Regest
Kasseler Feuerordnung.

Wortlaut der Datierung

Geben und geschehen zu Cassel am vierzehenden tage deß monats September in funftzehenhundert und acht und funfzigsten jahr.

Originaltext
Ordenung aufs feuer.
[Unser Philipßen von Gottes gnaden landgraven zu Hessen, graven zu Catzenelnpogen etc. feuer ordenung in unser stadt Cassel, die alle jare unser schultheiß sampt dem burgermeister von der wogen in Cassel uf dem markte zu den vier zeiten mit verlauter glocken vor gmeiner burgerschaft offentlich verlesen, auch alle und jede unsere jetzige und zukunftige stathalter, marschalk, rete, auch die andere unsere beampten in Cassel und burgermeister und rat mit ernst und vleiß daruf sehen, daß in allen und jeden puncten und artikeln solche unsere verordnung gehalten, nachgesetzt und die ubertreter oder verächter unnachlessig gestraft werden.]
[1.] Wann ein feuer in einem hause angehet, sol von stund an von dem das haus ist ein feuer geschrey geschehen, damit daz feuer nicht so gross und ubermannet werde. Wer das verschwiege, sol darumb ungenediglich gestraft werden.
[2.] Und sobalde der torner solchs uffm torn gewahr wird, soll er solchs mit der feuerglocken besturmen und wo es des nachts were mit einer laternen und einem brennenden lichte darinne oder am tage mit einem fenlein so man dartzu verordnen soll antzeygen, dergestalt das allewegen derselben feuerzeichen eins jegen dem ort da das feuer ist zum torne heraus gestecht werde, damit sich die leute darnach zu richten haben.
[3.] Item wan an zweyen orten feuer uffginge, damit man des denn auch balde gewahr werden und wiessen haben mochten, solt der torner neben dem sturmen in die t[r]ommetten stossen.
[4.] Es soll sich alsdann ein ide burschaft auf einem besondern platze finden lassen, ausgescheiden diese nachbemelten, nemlich die oberburschaft uff dem pferdemarkte, die niderburschaft uff dem brinke, die Altenstadt uff dem markte, die Neuestadt uff der Fuldabrucken, und soll ein iglicher des rats und der gemeine burgemeister bey irer burschaft bis uff weitern bescheid pleiben, ausgescheiden der sitzende rat zu iglicher tzeit sol tzum feuer eilen und daz volk anrichten und verordnen, was ein iglicher tun und sich gehalten solle.
[5.] Und nachdem mehr fehrlich und hinderlich dan furderlich ist, daz iderman tzum feuer leuft, so sollen von stund und sobalt daz sturmen gehort wird, an welchem orte das feuer aufgegangen, bie ihren treuen und pflichten schuldig sein zum feuer tzu laufen mit einer leitern und andern gerete zur wehre des feuers dinlich alle zimmerleute, wagener, schreiner, bottener, schmide, steinmetzen, meurer und alle diejehnien [!], die sich von wegen ihrer handwerke mit achxten und beilen zu behelfen wissen, auch alle handwergs gesellen und tagloner, und alda daz feuer helfen treulich leschen und dempfen und dazjehne volenden und ausrichten, daruber sie von den, so unsers g. f. und hern und des rats wegen dartzu verordnet, angesprochen mochten werden.
[6.] Es sollen auch alle schliesser sobalde der glockenschlag angehet nach den toren laufen und die tore nicht auftun, sie werden des dan von den bevelhabern bescheiden.
[7.] Item bey ides hor einen des rats zu verordnen uff solchs mit zu sehen zu helfen.
[8.] Item das zwene des rats, so dem dyche am negsten gesessen, von stund nach dem diche uff dem pferdemarkt zulaufen und zusehen sollen, daz der zappe nicht ehr getzogen werde dan in fal der grossen notturft. Der truselmeister sol auch von stund alle kumpfe bey dem truseltorne zustoppen und die trausel alle nach dem feuer weisen.
[9,] Item die bader und ihr gesinde mit sampt den zweyen markmeistern, auch denjehnen so an den ecken wohnen, da sich das wasser wechselt, sollen schuldig sein, das wasser mit mist oder stro zuzuschuzen und also antzurichten, daz so viel muglich das wasser in der stadt allenthalben mocht geleitet werden an daz ort oder in die gassen da daz feuer were.
[10.] Item niemand sol im fal solcher feuersnot daheyme pleiben, sonder an dem orte erscheinen, dahin er bescheiden und geordnet ist bey vermeidung ungenediger strafe, ausgescheiden die, den das feuer biß uff zwey oder drey hause uff der seiten oder nahe jegen ihne uber were, die und sonst kein andere, so vermuglicheit halben ihres leibs auskomen konnen, mugen entschuldigt sein anheime zu bleiben und mit austragen oder sunst ihre notturft ausrichten.
[11.] Item ein iglicher hauswirt, der zum feuer leuft oder an daz ort dahin er bescheiden ist, soll zuvor seinem weibe, kindern oder gesinde eilende bepfelen, daz sie im hause ihr feuer ausleschen und uff das flugfeuer gute achtung geben, auch demselben zuvorkemen, wasser uff die boden und andere orte da es von notenc traegen, auch sonst in die ledigen gefesse wasser fullen, damit schade so viel muglich verhut werde.
[12.] Item weil auch in solichen noten allerley wartzunehmen und sonderlich uff die frembten leute, so zum feuer kommen mochten, auftzusehen ist, so sollen alle burger und andere so tzum leschen verordnet uff die frembten leute gute achtung geben, damit durch dieselben in gestalt der hulfe oder rettung nicht weiter schade erregt und viellicht [!] mehr feuer ingelegt werden möchtd.
[13.] Item welcher zum feuer leuft in gemut andern, so feuers halben austragen, zu stehlen, wie es zu ofter malen alhie erfahren ist, der sol ohne alle gnade an leibe und leben gestraft werden, dan es mehr dan tieranisch und verreterisch ist, einen schaden beitzubringen, der doch am brandschaden sonst unfal genug hat.
Artikel darmit die feuer ordenunge mochte zu verbessern sein.
[14.] 1. Daß die ackerleute ire scheuern vor den pforten hetten.
[15.] 2. Daß kein flachs in heusern, sondern uf den freien pletzen uf den gassen und vor den pforten werde bereytet.
[16.] 3. Daß man bey keinem liecht dresche, stro schneide, flachs bereyte.
[17.] 4. Daß man keinen flachs anderst dan an der sonnen uf den obgemelten freien pletzen derre.
[18.] 5. Daß alle backofen und braukessel rings umb und umb frey stehen und keiner in oder wider die wende und holtzwerk gesetzt und gemacht werden.
[19.] 6. Daß in allen brauhausen die schornstein oben nauß durchs dach gefuert, inwendig und außwendig widerkleupt, auch mit kalk gebunden werden und in einem iglichen brauhauß zwo messingen sprutzen seien und gehalten werden.
[20.] 7. Daß man in die wonheuser bey oder uber die feuerstedte kein ungedroschene frucht, stro, hau, grummat oder flachs lege, auch kein brenholtz in den backofen und vor den kachelofen derren.
[21.] 8. Daß hinfuro in allen neuen wonhausen, so in stedten gebauen, die schornstein mit aufgefuert werden.
[22.] 9. Daß die wirt in iren stellen und chammern eyserne leuchter haben, die dermassen seien gehenkt und angemacht, daß die liechte nicht mugen an die wende oder gestroe reichen oder fallen, sonderlich keine liechte ohne leuchter in die stelle tragen lassen.
[23.] 10. Daß man keinen brand oder feuerwerk wider in stedten noch uf den dorfen von einem hause ins andere, noch in stelle oder sonsten hin trage. Wollte einer vom andern ein feuer burgen oder holen, daz der solchs in sichern gefesen als einem döpfen oder dergleichen verwarlich hole.
[24.] 11. Daß man mit brennenden wuschen bey nacht nicht soll gehen, noch viel weniger die stumpfe von brennenden wuschen uf strassen oder sonst, sonderlich den misten niderwerfen. Were bey der nacht mit liecht gehen will, der trage daß liecht in einer leuchten.
[25.] 12. Daß die wacht, so in einer jeden stadt wirdet gehalten des nachts nicht pleiben an einer stedte sitzen, sondern sich teilen und fur und fur durch die gassen und strassen uf und abe gehen und mit fleiß nicht allein uf ufflauf, sondern auch ufs feuer, ob sie feuer sehen, ruchen oder vernemen achtung haben und dasselb ruchtbar machen.
[26. Item ob feuer uffginge und uberhand nehme, sonderlich wann sich der wind erhebet, so soll man in solchem fall die nechsten anstossende gebeue, eß seien scheuren, stelle oder wonheuser, darin das feuer mochte komen, abreyssen und soll sich dessen keiner wegern bey ungnediger straf. Dan je besser etzliche heuser abgebrochen, die mit gmeiner steuer wol wider erbauen werden mu;egen, dann daß gantze stedte und flecken verbrennen und verderben.]
[27.] 13. Daß die beampten sampt dem rat in allen stedten alle virtel jare, sonderlich aber im herbst und im winter, in alle hause umbgehen, die feuerstedte besichtigen, daß die ordenung gehalten werde einsehens tun und waß sie strafbar finden strafen, auch ordenen und gepieten, daß gebessert werde, und waß nicht wurde gebessert, so sies bevohlen hetten, strafen.
[28. Deß zu urkunde haben wir disse unsere ordnung mit eigen handen underschrieben und unser secret hirauf drucken lassen. Geben und geschehen zu Cassel am vierzehenden tage deß monats September in funftzehenhundert und acht und funfzigsten jahr.]
Nachweise

Ausstellungsort

Kassel (Stadt Kassel)

Aussteller

Hessen, Landgrafen, Philipp der Großmütige

Weitere Orte

Kassel (Stadt Kassel), Pferdemarkt · Kassel (Stadt Kassel), Brinke · Kassel (Stadt Kassel), Altstadt · Kassel (Stadt Kassel), Neustadt

Sachbegriffe

Feuerordnungen · Landesordnungen · Schultheiße · Bürgermeister · Statthalter · Marschalle · Räte · Märkte, als Versammlungsort · Beamte · Feuer, Bekämpfen von · Türmer · Feuerwachen · Feuerglocken · Feuerzeichen · Trompeten · Feuerleitern · Handwerker, Zimmerleute · Handwerker, Wagner · Handwerker, Schreiner · Handwerker, Büttner · Handwerker, Schmiede · Handwerker, Steinmetze · Handwerker, Maurer · Tagelöhner · Handwerker, Bader · Marktmeister · Feuer, Umleiten von Löschwasser · Feuerwehren · Bauern · Scheunen · Flachs · Backofen · Braukessel · Brauhäuser · Schornsteine · Backöfen · Kachelöfen · Dörfer · Feuerschneisen · Feuerstätten, Besichtigen von

Textgrundlage

Stückangaben, Regest

Eckhardt, Stadtrechtsquellen Kassel

Original

Eckhardt, Stadtrechtsquellen Kassel

Zitierweise
Landgrafen-Regesten online Nr. 16635 <https://www.lagis-hessen.de/de/subjects/idrec/sn/lgr/id/16635> (Stand: 28.04.2024)