Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen

Regesten der Landgrafen von Hessen

1551

Rechtsgutachten des Marianus Sozini über den katzenelnbogener Erbfolgestreit

Regest-Nr. 16438

Überlieferung | Regest | Originaltext | Nachweise | Textgrundlage | Zitierweise
Überlieferung
Ausfertigung: Staatsarchiv Marburg, Urk. 1, Nr. 4954 ⟨Altsignatur: Staatsarchiv Marburg, Samtarchiv, Schublade 61, Nr. 13-3⟩.
Stückbeschreibung: Papier, Libellus.
Siegel: Das Siegel am Ende unter Papier aufgedrückt.
Regest
Rechtsgutachten des Marianus Sozinus über die Ansprüche der Grafen von Nassau-Dillenburg als Erben der Landgräfin Elisabeth an den von Würzburg zu Lehen gehenden Orten Darmstadt, Bessungen, Klappach und Eschollbrücken.
Zunächst faßt er kurz den bisherigen Besitzverlauf zusammen: Landgraf Heinrich von Hessen wurde 1470 [September 23] vom Bischof Von Würzburg mit den betreffenden Orten für sich und seine männlichen Erben belehnt und investiert. Dabei behilet sich der Bischof für den Fall, daß Heinrich ohne männliche Erben verstirbt, ein Rückkaufsrecht mit 10000 fl. vor. Heinrich hinterließ bei seinem Tod drei Kinder: Landgraf Wilhelm III. von Hessen und die Töchter Elisabeth und Mechthild.
Landgraf Wilhelm III. wurde 1489 [Juli 16] in das Lehen investiert, wiederum mit dem Zusatz, daß der Bischof von Würzburg es bei fehlenden männlichen Erben für 10000 fl. zurückkaufen kann.
In einem Streit zwischen den Landgrafen Wilhelm III. und Wilhelm II. um angebliche Forderungen aus der Vormundschaftsregentschaft Landgraf Heinrichs für Landgraf Wilhelm II. wurde von Erzbischof Hermann von Köln ein Vertrag vermittelt, nach dem Landgraf Wilhelm III. seinen Veter Wilhelm II. in alle seine Lehen mit aufnimmt und dieser diese Lehen nach dem erbenlosen Tod Wilhelms III. erben solle [1495 Juli 14].
Als Wilhelm III. Pfalzgräfin Elisabeth heiratete, hat er ihre Mitgift, seine Widerlage und die Morgengabe insgesamt in Höhe von 74000 fl. mit Einverständnis des Bischofs von Würzburg auf die genannten Lehen Darsmtadt usw. 1498 [August 28] verschrieben. Zudem hat Landgraf Wilhelm III. seine Schwestern Elisabeth und Mechthild für ihre Ehe ausgestattet.
Nach dem erbenlosen Tod Landgraf Wilhelms III. wurde nun Landgraf Wilhelm II. vom Bischof von Würzburg 1502 [Februar 17] investiert. Wiederum behält sich der Bischof ein Rückkaufsrecht vor, diesmal über 5000 fl. Als die Witwe Wilhelms III., Elisabeth, sich mit dem Markgrafen von Baden vermählt, löst Landgraf Wilhelm ihr auf Darmstadt usw. verschriebenes Wittum aus.
Nun haben die Erben der verstorbenen Landgräfin Elisabeth von Hessen, die Grafen von Nassau-Dillenburg, diese Lehen als angebliches Erbe ihrer Mutter gefordert, entweder die 10000 fl. zu erhalten oder das Lehen selbst. Eine kaiserliche Entscheidung zu ihren Gunsten wurde auf Betreiben der Prokuratoren des Landgrafen Philipp, der zur Zeit Gefangener des Kaisers ist, zurückgenommen und neu verhandelt.
Dazu stellt er folgendes fest:
1. Die 10000 fl. Rückkaufssumme wurde für die Erben Landgraf Wilhelms III. vorgesehen. Zu seinen Erben hat Landgraf Wilhelm III. per Vertrag seinen Vetter Wilhelm II. ernannt, seine Schwestern wurde dort nicht erwähnt. Zudem wurde das Recht an die Witwe Wilhelms III. abgetreten, die ihr Wittum auf den genannten Orten hatte und von Wilhelm II. ausgezahlt wurde. Der Bischof von Würzburg hatte diesen Vertrag anerkannt, die Gräfin Elisabeth hatte seinerzeit nicht dagegen protestiert. Ihre ERben haben also kein Recht daran.
2. Bei den genannten Lehen handelt es sich um Mannlehen, die nicht von Frauen geerbt werden können. Da der Bischof von Würzburg sich entschieden hat, Landgraf Wilhelm II. mit den Orten zu belehnen, ist er nicht verpflichtet, zusätzlich 10000 fl. auszuzahlen.
3. Da es würzburgische Lehen sind, kann auch nur der Bischof entscheiden, ob er die Lehen vergibt oder das Geld auszahlt. Landgraf Wilhelm II. hat die Lehen Zeit seines Lebens unwidersprochen und zu vollem Recht inne gehabt.
4. Der Kaiser kann nicht über den Entzug dieser Lehen entscheiden, da sowohl Landgraf Wilhelm II. als auch dessen Erbe, Landgraf Philipp, ordnungsgemäß damit investiert wurden und sich auch nicht zu schulden haben kommen lassen, was den Entzug eines Lehens rechtfertigt.
Siegel des Ausstellers.
Nachweise

Aussteller

Socinus, Marianus

Siegler

Socinus, Marianus

Weitere Personen

Hessen, Landgrafen, Heinrich III. · Hessen, Landgrafen, Wilhelm II. · Hessen, Landgrafen, Wilhelm III. · Hessen, Landgrafen, Philipp der Großmütige · Nassau-Dillenburg, Grafen, Elisabeth, Frau Johanns V., geb. Landgräfin von Hessen · Kleve, Herzöge, Mechthild, Frau Johanns III., geb. Landgräfin von Hessen · Baden, Markgrafen, Elisabeth, Frau Philipps I., verw. Landgräfin von Hessen, geb. Pfalzgräfin bei Rhein · Karl V., Kaiser · Würzburg, Bischöfe, Rudolf II. von Scherenberg · Würzburg, Bischöfe, Lorenz von Bibra · Köln, Erzbischöfe, Hermann IV. von Hessen

Weitere Orte

Darmstadt (Stadt Darmstadt) · Bessungen (Stadt Darmstadt) · Klappach (Stadt Darmstadt) · Eschollbrücken (Lkr. Darmstadt-Dieburg)

Sachbegriffe

Lehen, weibliche · Kaiser · Erzbischöfe · Erbstreitigkeiten · Rechtsgutachten

Textgrundlage

Stückangaben, Regest

am Original

Zitierweise
Landgrafen-Regesten online Nr. 16438 <https://www.lagis-hessen.de/de/subjects/idrec/sn/lgr/id/16438> (Stand: 01.05.2024)