Hessische Quellen zum Ersten Weltkrieg

Inhalt

↑ Karl Wilhelm von Meister, Zeitungsberichte des Regierungspräsidenten in Wiesbaden an den Kaiser, 1914-1918

Abschnitt 14: Bericht vom 27. Oktober 1917 (1)

◀ [1117] Wiesbaden, den 27. Oktober 1917

I. Volksstimmung

Die Bevölkerung ist nach wie vor vom felsenfesten Vertrauen auf die Oberste Heeresleitung erfüllt. Immerhin darf nicht geleugnet werden, wie in manchen Schichten die Stimmung neuerdings gedrückter geworden ist. Dies ist begründet in der immer empfindlicher werdenden Knappheit auf allen Gebieten der Lebenshaltung und auf der Tatsache, daß man ein baldiges Ende des Krieges nicht mehr glaubt erhoffen zu dürfen. In letzterer Hinsicht fallen die "unbegrenzten Möglichkeiten" der Vereinigten Staaten von Nordamerika bei den Leuten wesentlich ins Gewicht, die sich - vielleicht allzu ängstlich - davor hüten wollen, unsere Gegner zu unterschätzen. Trotzdem gibt es nur wenige im Lande, die einen Frieden um jeden Preis schließen möchten. In der Mehrzahl der Bevölkerung lebt noch heute die Überzeugung, wie die großen Opfer dieses Krieges uns einen Frieden bringen werden, der unsere Zukunft sicherstellt. Diese Zuversicht, wesentlich gestärkt durch die fortdauernden Erfolge des U-Bootkrieges, hat sich in dem glänzenden Ergebnis der 7. Kriegsanleihe, das nach den bisherigen Feststellungen auch im Regierungsbezirk Wiesbaden dem der 6. Kriegsanleihe ungefähr gleich zu schätzen ist, deutlich widergespiegelt.

In der Zeit vom 1. Mai bis 30. September sind im Regierungsbezirk 800 Erkrankungs- und 106 Todesfälle an übertragbarer Ruhr gemeldet worden. Davon entfallen 39 Erkrankungs- und ein Todesfall auf Militärpersonen. Allein auf die Stadt Wiesbaden entfallen 523 Erkrankungen und 64 Todesfälle einschließlich 26 Erkrankungen unter Militärpersonen.

Irgendwelche Streiks von Bedeutung oder Unruhen sind nicht vorgekommen. ▶