Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen

Hessische Quellen zum Ersten Weltkrieg

↑ Briefwechsel des Roßdorfer Musketiers Joseph Preis mit seiner Mutter, 1914-1915

Abschnitt 18: 19.4.1915: Brief des Joseph Preis an seine Mutter

Liebes Mütterchen !

Habe Euch ja gestern viel geschrieben; hoffentlich habt Ihr den Brief schon erhalten. Ich will Euch wieder par Zeilen schreiben, weil ich gestern Abend wieder 2 Paketchen, eins mit Butter und eins mit Wurst erhalten habe. Ich dank Euch herzlich für alle Eure Mühen und Sorgen, die Ihr Euch um mich macht. Ach was müsst Ihr doch Eure Kräfte anstrengen, um mich, ich kanns Euch kaum vergelten, doch wenn ich wieder in Eure Mutterarme zurückkehre, will ich wieder alles gut machen; dann will ich Euch aber noch ein hohes Alter bereiten. Liebes Mütterchen, ich bin doch sicher Euer steter und ...danke. Mir geht es auch so..., denke stets an Euch nur. Am Schlimmsten ists, wenn die Gefahr am größten, dann meine ich gerade, das Herz müßte mir zerspringen, wenn ich an meine arme, alleinstehende Mutter denke. Liebes Mütterchen, vergiß mich aber auch nicht, wenn ich vielleicht fallen sollte und mein Leib in fremder Erde ruht. Auch dann will ich Euer Lebtag nur in Eurem Gedächtnis verbleiben, und das tut Ihr, liebe Mutter, ja auch. Mit großem Mut und Gottvertrauen ... verzagt nicht. Ich habe Zuversicht, daß mich der liebe Gott ... wieder zu Euch zurückkehren läßt, worum wir ihn auch innig bitten wollen, denn... schönes Gut bestände doch weiter und auch der alte Stamm.

Liebes Mütterchen, wir kommen in eine andere Stellung, par Stunden mehr rechts. Hier sollen, soviel man hört, Angriffe gemacht werden. Wir sind jetzt auf dem Marsch. Nun will ich Euch, liebes Mutterchen, auch noch eine Freude bereiten, in dem ich Euch ein paar Veilchen ...aus einem Dorfe ...und ... ich sie Euch am Friedhof bei der Kirche gepflückt. Das Dorf heißt Hoch....(\4) So stolz geprägte Kirchen wie hier habe ich zu Hause noch nicht gesehen; [S. 13] hier ist alles katholisch und die Gegend, wo wir jetzt marschieren, ist wundervoll.

Ich will nun schließen. So lebt wohl auf ein frohes Wiedersehn. Seid herzlich gegrüßt, im Geiste geküßt von Eurem lieben Sohn Joseph.


Anmerkung des Herausgebers Alfred Schneider: Damit brechen die Brief- und Kartensendungen nach Roßdorf ab. Aus den nachfolgenden Briefen der Mutter an ihren Sohn geht jedoch hervor, dass dieser am 26. April 1915 sowohl einen Brief und danach eine Karte nach Hause geschrieben hatte, gefolgt von einer weiteren Karte mit Datum von 30. April. Diese haben sich aber nicht erhalten; es liegen lediglich die Briefe vor, die seine Mutter noch am 1. und 5. Mai 1915 an ihren Sohn richtete. Dieser war war wenige Tage vorher, am 2. Mai 1915, in der zweiten großen Flandernschlacht nahe St. Julien gefallen.


Personen: Preis, Joseph · Preis, Anna
Sachbegriffe: Feldpost · Feldpostbriefe
Empfohlene Zitierweise: „Briefwechsel des Roßdorfer Musketiers Joseph Preis mit seiner Mutter, 1914-1915, Abschnitt 25: 19.4.1915: Brief des Joseph Preis an seine Mutter“, in: Hessische Quellen zum Ersten Weltkrieg <https://www.lagis-hessen.de/de/purl/resolve/subject/qhg/id/74-18> (aufgerufen am 27.04.2024)