Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen

Hessische Quellen zum Ersten Weltkrieg

↑ Briefwechsel des Roßdorfer Musketiers Joseph Preis mit seiner Mutter, 1914-1915

Abschnitt 16: 18.4.1915: Brief der Mutter an Joseph Preis

Roßdorf, den 18. 4. 15

Mein lieber Sohn Josef!

Deine Karte vom 12ten und Deinen Brief vom 13ten Aprill habe ich gestern Abend erhalten, auch die beiden Paketchen sind heute angekommen. Du hast aber zweierlei Strümpfe drinn, die passen nicht zusammen. Auch Deine Karte vom 14ten April habe ich heute erhalten, denn ich schreibe heute den 19ten den Brief erst fertig.

Mein lieber Josef! Wiewersch (Wiebers) in Rüdigheim haben schon zum 3ten mal ein Gesuch gemacht; am Montag, also heut vor acht Tagen war ich dort, da meinte seine Mutter (die Mutter von Victor Wieber) Dienstag oder Mitwoch müsse es kommen, aber er ist heut noch nicht da, also wird's auch wieder abgeschlagen sein. Ich will morgen erst mal nach dem Fenner seiner Mutter gehen, wie die das Gesuch gemacht hat, denn so müssen wir es auch machen; dem Victor seins ist anders, weil der seine beiden Eltern noch hat. Kaskanes (7) Mann, der Möller (8) war auch 14 Tage hier, der reist heute wieder fort; der war bei mir, er wollte Dich mal besuchen, er wäre nicht weit von Dir; in Rolleer(9) wäre er auch schon gewesen; er meinte auch, die 14 Tage waren schnell rum, und nun muß ich wieder fort, nun ist es mir desto schwerer.

Die waren auch dreimal abgewiesen worden; es ist alles wie mans trifft. Ferdnants (10) haben es schon 3mal versucht, aber jedes Mal abgewiesen; Schmidhannes (11) habens schon paar Mal versucht; der Amand (12) war heute selbst am Landrathsamt, da haben sie geschimpft und hatten Ihn gefragt, ob er nicht mehr arbeiten könne. Mein lieber Josef! Überleg Dir alles wohl; sind auch keine Bedenken dabei, das Du auch da wieder hinkommst, wo Du warst, dem Kaplan sein Bruder sollte auch Urlaub nehmen; sie sollten Ihn nachher nicht an seine Stellen schicken, er bliebe wo er wäre.

Schnuppesch Heijopp (13) der war im Sommer 14 Tag hier; wie er wieder munter könnt, muß er in den Argonnenwald in Schützengraben; die andern liegen heute noch in Metz. Mein lieber Josef! Wie würde ich mich freuen, wenn ich Dich, mein einzig geliebtes Kind, wieder mal in meine Arme schließen könnte und Dich mal 14 Tage außer Gefahr wüßte; aus dem Grund allein würde ich ein Gesuch machen; ja wenn es 4 oder 6 Wochen wären, dann würde ich keinen Augenblick zögern, aber bis an den 14 Tagen noch 3-4 Reisetage abgehen, bleibt ja nicht viel; nun es dürften ja auch nur 10 Tage sein, wenn ich wüßte, daß ich die Sache nicht verschlechterte. Also, mein lieber Josef! Wenn Du diesen Brief bekommst, wirst Du schon wieder mehr Erfahrung gemacht haben mit dem Urlaub; ich befrage mich dann auch mal hier und da, und dann schreibst Du mir gleich; schreibst, ich beantworte den Brief vom 18ten Aprill, dann weiß ich, daß Du ihn bekommen hast. Wenn ich mal beim Fenner seiner Mutter gewesen bin, dann schreibe ich Dir.

Ach, wie gern hätte ich Dich mal paar Tage bei mir, denn man weiß nicht, wann der Krieg zu Ende geht und wie er zu Ende geht. Wenn ich zu Dir dürfte, es möchte kosten, was es wolle, dann thäte ich kein Gesuch machen, aber das wird nicht genehmigt, müsstest Du dann krank sein.

[S. 11] Also mein liebes Kind. Ich will warten, bis Du mir diesen Brief beantwortet hast, dann schreibst Du Deine feste Meinung; es ist ja einerlei, wann Du den Urlaub bekommst; auf arbeiten rechnen wir ja nicht. Wir wollen unser festes Vertrauen auf den lieben Gott nicht verlieren; er wird alles wohl machen und uns auch noch einmal eine Freude auf der Welt erleben lassen.

Ich will nun schließen; heute schicke ich noch Taschentücher. Mit vielen herzlichen Grüßen verbleibe ich Deine Dich ewig liebende Mutter. (Randschrift): Lege auch eine Mark bei und paar Karten.


Personen: Preis, Joseph · Preis, Anna
Sachbegriffe: Feldpost · Feldpostbriefe
Empfohlene Zitierweise: „Briefwechsel des Roßdorfer Musketiers Joseph Preis mit seiner Mutter, 1914-1915, Abschnitt 23: 18.4.1915: Brief der Mutter an Joseph Preis“, in: Hessische Quellen zum Ersten Weltkrieg <https://www.lagis-hessen.de/de/purl/resolve/subject/qhg/id/74-16> (aufgerufen am 27.04.2024)