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Landtagswahlen in Hessen bringen Einzug der NPD in den Landtag, 6. November 1966

Die 1964 wesentlich aus der Deutschen Reichspartei (DRP), aber auch aus anderen Parteien und Gruppierungen (Deutsche Partei, Vaterländische Union und andere) hervorgegangene rechtsextreme Nationaldemokratische Partei Deutschlands (NPD) schafft mit dem Ergebnis der Wahl zum 6. Hessischen Landtag mit einem Stimmenanteil von 7,94 % erstmals den Einzug in ein deutsches Landesparlament. Die NPD vertritt nationalistische, völkische und revanchistische Inhalte. Im Wahlkampf konzentrierte sich die Partei schwerpunktmäßig auf ländlichen Gebiete und Hochburgen der bisherigen DRP. Im Ergebnis profitiert sie von der sich auf Bundesebene anbahnenden Großen Koalition aus CDU/CSU und SPD. Durch den Wunsch nach einem schwarz-roten Bündnis rückten die Christdemokraten im Herbst 1966 näher zur politischen Mitte, was es der NPD nun ermöglicht hat, unzufriedene Wähler vom rechten Rand der CDU zu gewinnen. Der Anfangserfolg der erstmals bei einer Landtagswahl in Hessen antretenden NPD, die bisher nur in der Bremer Bürgerschaft als Gruppe vertreten ist, löst in den Bonner Zentralen der Bundesparteien Bestürzung aus. Offenbar ist es ihr gelungen, Stimmen gleichermaßen auf Kosten der CDU und der FDP wie auch der GPD/BHE abzuschöpfen.1

Von der hessischen CDU-Führung wird in der Folge die Losung ausgegeben, der neue Partei im Parlament möglichst wenig Beachtung zu schenken, was vor allem in der nordhessischen Basis, die ein offensives Auftreten gegen die NPD fordern, stark kritisiert wird.2

Besonders in Mittelhessen erfreut sich die NPD größerer Beliebtheit; dort erzielte sie in einzelnen Wahlkreisen bis zu 19,2 % der abgegebenen Stimmen.

Nach dem amtlichen Endergebnis entschieden sich 224.534 der Stimmberechtigten für die rechtsextreme Kleinpartei, und bescheren ihr insgesamt acht Landtagsmandate. Allerdings bleiben die Abgeordneten der NPD während der 6. Legislaturperiode (1966 bis 1970) innerhalb des Parlaments isoliert. Durch eine Verkleinerung des Hauptausschusses und der Anwendung eines speziellen, kleinere Parteien benachteiligenden Sitzzuteilungsverfahrens (D'Hondt-Verfahren) bei der Besetzung der Ausschüsse gelingt es, eine Beteiligung der NPD in Ältestenrat, im Präsidium und im Rundfunkrat des Hessischen Rundfunks (HR) zu verhindern.

Das Ergebnis der Wahl zum 6. Hessischen Landtag bleibt der einzige Erfolg der NPD, der es ihr auf Landesebene ermöglichte, in Hessen an der parlamentarischen Macht zu partizipieren.
(KU/TK)


  1. Der SPD-Vorsitzende Willy Brandt (1913–1992) bezeichnet die NPD nach der Landtagswahl – unter Anspielung auf die zerbrochene schwarz-gelbe Koalition – als den eigentlichen „Nutznießer der Bonner Krise“. CDU/CSU und FDP trennten sich im Oktober 1966 aus Uneinigkeit über die Frage, auf welchem Weg das entstandene Defizit im Haushalt des Jahres 1967 bekämpft werden sollte. Ein ausgeglichener Haushalt war 1966 nur durch ein vorübergehend wirksames „Haushaltssicherungsgesetz“ zu erreichen, die Prognosen bezifferten das Defizit für 1967 auf sechs bis sieben Milliarden DM.
  2. Martina Neitzke, Die CDU Hessen 1950–1967. Politikentwicklung und Organisationsstrukturen, Wiesbaden 2010, S. 227 f.
Belege
  • Frankfurter Allgemeine Zeitung, 7.11.1966, S. 1: Die Sozialdemokraten behaupten die absolute Mehrheit in Hessen: NPD zieht in den Wiesbadener Landtag ein / Zwei Prozent Verlust für die CDU / GPD/BHE ausgeschieden / Sucht Zinn einen neuen Koalitionspartner?
Weiterführende Informationen
Empfohlene Zitierweise
„Landtagswahlen in Hessen bringen Einzug der NPD in den Landtag, 6. November 1966“, in: Zeitgeschichte in Hessen <https://www.lagis-hessen.de/de/subjects/idrec/sn/edb/id/2743> (Stand: 6.11.2021)
Ereignisse im Oktober 1966 | November 1966 | Dezember 1966
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