Zeitgeschichte in Hessen - Daten · Fakten · Hintergründe
Angriff amerikanischer Bomber auf Kassel, 19. April 1944
Am Vormittag fliegt die 213 Bomber der US Army Air Force (USAAF) einen schweren Bombenangriff auf die Städte Kassel und Paderborn. In Kassel sind mehrere Rüstungsbetriebe das Ziel der Kampfflugzeuge: das Motorenbau Werk Kassel der Junkers Flugzeug- und Motorenwerke AG, die Gerhard-Fieseler-Werke GmbH und die Henschel-Werke („Henschel & Sohn“).
Tagangriff auf Kassels Rüstungsschmieden
Zahlreiche der erst vor kurzer Zeit instand gesetzten Produktionsanlagen der Kasseler Rüstungsunternehmen, die bereits am 28. und 30. Juli (Tagangriff der USAAF) sowie am 3. und 22. Oktober 1943 (nächtliche Bombardements durch die britische Luftwaffe) schwere Schäden erlitten hatten, werden erneut getroffen. Die Firma Gerhard-Fieseler-Werke stellt hier unter anderem das von der deutschen Luftwaffe genutzte Kurier- und Verbindungsflugzeug „Storch“, das Jagdflugzeug Messerschmitt Bf 109 und Teile des Marschflugkörpers Fieseler Fi 103 („Vergeltungswaffe V1“) her; die Firma Junkers in dem als Zweigbetrieb geführten Motorenbau-Werk Flugzeugmotoren. Die Firma Henschel & Sohn, die sich seit Mitte des 19. Jahrhunderts schwerpunktmäßig mit dem Bau von Lokomotiven befasst hatte, ist als Produzent von Panzern, aber auch anderen Waffen einer der bedeutendsten deutschen Rüstungsbetrieben.
Schwer getroffen: das Werk der Spinnfaser AG
Ganz besonders schwer werden auch die Produktionsanlagen der Spinnfaser AG in der Lilienthalstraße in Mitleidenschaft gezogen: Hier zerstören die Bomben die Klärbecken des Energiebetriebs, einen Teil der Kohlenförderanlage, und Behälter des Schwefelsäurelagers sowie der Laugestation. Große Mengen des ausströmenden Wassers, Säure und Lauge strömen in die Luftschutzkeller unter den Werkstätten; Schutz suchende Mitarbeiter des Werks tragen schwere Verletzungen infolge Verätzungen davon. Im Kesselhaus kommt es zu einer Kohlenstaubexplosion. Viele Belegschaftsangehörige erleiden Verbrennungen. Insgesamt zählt man nicht weniger als rund 220 Sprengbomben von ca. 250 und 500 Kilogramm Gewicht, 32 Phosphorbrandkanister und zwei Minen von je 1.800 Kilogramm Gewicht, die allein auf das Werk der Spinnfaser AG fallen. In der Folge wird das Werk bis zum 10. August 1944 stillgelegt.
(KU)
- Belege
- Chronik deutscher Zeitgeschichte 2/II, S. 477
- Jörg Arnold, The allied air war and urban memory. The legacy of strategic bombing in Germany, Cambridge 2011, S. 24
- Erinnerungen im Netz: Erlebtes aus dem Osten Kassels: Die Zellwollproduktion bei der Spinnfaser im Bombenhagel des Zweiten Weltkrieges / von Erhard Schaeffer (eingesehen am 19.4.2015)
- Weiterführende Informationen
- Werner Vitt, Eigentum verpflichtet?: Aufstieg und Fall der Enka Glanzstoff AG, Hamburg 1986
- Wikipedia: Gerhard-Fieseler-Werke (eingesehen am 8.4.2018)
- Wikipedia: Motorenbau Werk Kassel (eingesehen am 19.4.2019)
- Wikipedia: Henschel & Sohn (eingesehen am 19.4.2020)
- HNA Regiowiki: Henschel-Flugmotorenwerk (eingesehen am 19.4.2015)
- Hebis-Klassifikation
- 263460 ,Zweiter Weltkrieg
- Hebis-Schlagwort
- Kassel ; Luftangriff
- Empfohlene Zitierweise
- „Angriff amerikanischer Bomber auf Kassel, 19. April 1944“, in: Zeitgeschichte in Hessen <https://www.lagis-hessen.de/de/subjects/idrec/sn/edb/id/2334> (Stand: 19.4.2021)