Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen

Hessische Quellen zum Ersten Weltkrieg

↑ Fritz Sames, Das Landwehr-Infanterie-Regiment 81 in den Vogesen, 1914

Abschnitt 1: Mobilmachung, 31. Juli-1. August 1914

[1-2] [S. 1] I. Abschnitt

Vor Straßburgs Wällen

1. bis 26. August 1914

1. Kapitel.

Frankfurter Mobilmachungstage. — Das Werden des Regiments.

Frankfurt am Main war die Stadt, wo in den ersten Tagen des August 1914 dem Landwehr-Infanterie-Regiment 81 die Geburtsstunde schlug. Es erhielt dabei bei weitem mehr mütterliches Blut von der schönen Mainstadt auf seinen Lebensweg mit als das aktive und das Reserve-Regiment Nr. 81, seine jüngeren Brüder. Es war daher das eigentliche Frankfurter Regiment, das, als letztes, am 8. August in den Krieg zog.

Wie sah es in den Tagen, bevor des Kaisers Machtwort das Landwehr-Regiment in‘s Leben rief, in Frankfurt aus?

Am 31. Juli 1914 las man an den Anschlagsäulen der Stadt, daß das ganze russische Heer mobilisiert sei, und der Kaiser den Zustand drohender Kriegsgefahr als bestehend befohlen habe. Es lag eine dumpfe Unruhe über den Straßen. Große Menschenmengen bewegten sich einher. Aus allen Gesichtern sprach ein tiefer Ernst, in allen Herzen regte sich die Ahnung, daß ein Ungeheueres sich vorbereite, das jeden anging und das in das Leben eines jeden Deutschen scharf einschneiden werde. Während Viele, von einer spannenden Unruhe getrieben und nur in Erwartung neuer Nachrichten durch die Straßen drängten, hatten Andere das Zwingende der Lage kühleren Sinnes erwogen und begannen, so rasch als möglich, die eigene Person auf das, was kommen mußte, einzustellen. Die Militärpflichtigen waren das in erster Linie. In der größten Bedrängnis befanden sich die Reserveoffiziere. Man stürmte zum Militärschneider. „150 Uniformen sind schon bestellt“, — hieß es bei Eduard Sachs in der Kaiserstraße. Ein Schwarm junger Herren drängte sich dort um den Verkaufstisch. Umhänge, Helmüberzüge, Kartentaschen, Handschuhe, Pistolen, kurz, alles wag zur Vervollständigung der schon im Frieden bereit zu haltenden Feldausrüstung gehört, stapelte sich dort zusammen und war ebenso rasch vergriffen.

[S. 2] Inzwischen waren auf den Straßen die entscheidenden Telegramme herausgekommen. Der Kaiser hatte den Kriegszustand erklärt. Eine tiefe Bewegung ging durch die Menschen. Bestürzung lag auf den Mienen der Frauen. Die sich nie gekannt oder beachtet, die vornehme Dame stand bei der schlichten Frau und weinte mit ihr. Man erkannte die gemeinsame Not in der riesigen Größe des Augenblicks. Aus den Gesichtern der jungen Männer jedoch begann es zu leuchten. Sie suhlten ihre frische Kraft, es ahnte ihnen, daß die Gemeinsamkeit dieser Kräfte, von Hunderttausenden dem Vaterlande dargebracht, denen furchtbar werden müsse, die es ruchlos anzugreifen wagen sollten. Schon hörte man da und dort die alte Weise des letzten Krieges:

„Es braust ein Ruf wie Donnerhall!“

Der 1. August brachte den Mobilmachungsbefehl:

Ich bestimme hiermit: Das deutsche Heer und die kaiserliche Marine sind nach Maßgabe des Mobilmachungsplanes für das deutsche Heer und die kaiserliche Marine kriegsbereit aufzustellen.

Der 2. August ist als 1. Mobilmachungstag festgesetzt.

gez. Wilhelm.

Berlin, 1. August 1914.

gez. Von Bethmann-Hollweg.


Personen: Bethmann-Hollweg, Theobald von · Sachs, Eduard · Sames, Fritz · Wilhelm II., Deutsches Reich, Kaiser
Orte: Berlin · Frankfurt
Sachbegriffe: Uniformen · Kriegsbegeisterung · Landwehr-Infanterie-Regiment 81 · Sorge
Empfohlene Zitierweise: „Fritz Sames, Das Landwehr-Infanterie-Regiment 81 in den Vogesen, 1914, Abschnitt 1: Mobilmachung, 31. Juli-1. August 1914“, in: Hessische Quellen zum Ersten Weltkrieg <https://www.lagis-hessen.de/de/purl/resolve/subject/qhg/id/47-1> (aufgerufen am 30.04.2024)