Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen

Hessische Quellen zum Ersten Weltkrieg

↑ Heinrich Carl Zölzer, Schulchronik von Buchenau, 1914-1919

Abschnitt 5: Kartoffelernten, Viehbestände, allgemeine Teuerung

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Im Herbst kostete das Weißkraut (Köpfe) 6 bis 7 Mark, und die Dickwurzeln (im Frühling 1916) 2,70 Mark pro 100 Pfund. Im Sommer 1915 bangte alles um die Kartoffeln. Man wußte wohl, daß die Kartoffel Trockenheit liebt, aber durch die anhaltende Dürre, glaubte man, würde die Knollenbildung beeinträchtigt werden. Gegen alles Erwarten war die Kartoffelernte sehr gut und von vorzüglicher Güte.

Das Fütterungsverbot des Brotgetreides wurde von unsern Bauern schwer empfunden. Nun konnte kein Vieh mehr fett gemacht werden. Im Februar 1915 wurde von der Behörde die Abschlachtung aller Schweine (die Zuchtschweine ausgenommen) im Lebendgewichte von 140 Pfund beschlossen, hauptsächlich, um die Kartoffelvorräte zu schonen, da in den Städten die Kartoffeln fehlten. Leider wurde durch die Abschlachtung der Schweine der Schweinebestand sehr dezimiert, was sich später als sehr nachteilig erwies. Im Mai 1915 wurden die Kartoffeln beschlagnahmt, um sie zum Höchstpreis von 7,50 Mark pro Zentner vom Staat für die Ernährung der armen Stadtbevölkerung sicher zu stellen. Leider sind große Mengen dieser teuren Kartoffeln total verdorben, da es für die Lieferungen schon zu spät war, und die Kartoffeln durch den Transport zu sehr gelitten hatten. Sie waren also für das allgemeine Wohl verloren, und man hätte damit auf dem Lande bei der Viehfütterung so viel ausrichten können! Der Fehler war gemacht worden, und nichts mehr daran zu ändern. Bei derartigen großen Organisationen sind Fehler nicht zu vermeiden. Wie vorher erwähnt, war die Kartoffelernte Herbst 1915 sehr gut und reichlich. Trotzdem fehlte es im Frühjahr 1916 überall an Kartoffeln. Die Bauern hatten im Herbst schon freiwillig Kartoffeln abgegeben (à Zentner 3,50 Mark). Da es aber an Futter für das Vieh mangelte, wurde die Kartoffel roh und im gekochten Zustande als Viehfutter benutzt. Infolgedessen trat im Frühjahr 1916 Kartoffelknappheit ein. Sie wurden wieder beschlagnahmt. Die Kartoffelbestände wurden von Kommissionen ausgemessen und taxiert. Der Kubikmeter wurde mit 12 Zentnern berechnet. Die Person bekam pro Tag 1 ½ Pfund, und den [S. 31] Schweinen wurde für das Stück 2 Pfund bis zum 15. Mai zugeteilt. Von diesem Tage ab durften keine Kartoffeln an die Tiere (Schweine, Hühner, Gänse, Kühe, Pferde etc.) verfüttert werden. Sie sollten ernährt werden mit Gras und Klee. Alle übrigen Bestände mußten für die ärmere Bevölkerung und für die Städte abgegeben werden. Der Preis war im Monat Juni auf 6,80 Mark festgesetzt worden.

Indessen machte sich bald die allgemeine Verteuerung sehr bemerkbar. Lebensmittel aller Art, seien es Kolonialwaren oder Naturalien, stiegen im Preis. Und noch schlimmer war die Beschaffung von Fleisch und Fetten. Anfangs war diese Verteuerung nicht etwa auf den Mangel an diesen Stoffen zurückzuführen, obwohl ja bei längerer Kriegsdauer das nicht ausblieb, sondern mit den Stoffen wurde geradezu wucherisch gehandelt von Seiten der Kaufleute und Händler. Es folgen nun einige Preisangaben zum Vergleich mit den früheren: Es kosteten

[siehe Tabelle rechts]


Personen: Zölzer, Heinrich Carl
Orte: Buchenau
Sachbegriffe: Ernteergebnisse · Kartoffeln · Bauern · Schlachtungen · Viehhaltung · Teuerung · Preisentwicklung
Empfohlene Zitierweise: „Heinrich Carl Zölzer, Schulchronik von Buchenau, 1914-1919, Abschnitt 5: Kartoffelernten, Viehbestände, allgemeine Teuerung“, in: Hessische Quellen zum Ersten Weltkrieg <https://www.lagis-hessen.de/de/purl/resolve/subject/qhg/id/20-5> (aufgerufen am 29.03.2024)