Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen

Hessische Quellen zum Ersten Weltkrieg

↑ Jakob Ebersmann, Berichte aus der Heimat in den Dieburger Feldbriefen, 1915-1917

Abschnitt 65: Prüfung der Hilfsschwestern, Weihnachstfeier im Lazarett

[Nr. 65] Feldbrief vom 31. Dezember 1916

Dienstag, 19. Dezember, fand in dem hiesigen Vereinslazarett die Prüfung von zehn Damen als Hilfsschwestern statt. Herr Sanitätsrat Dr. Schmitt, der das Examen leitete, machte seinen Prüflingen die Sache nicht gerade leicht. Trotzdem wurden alle Fragen glatt beantwortet. Die Exaktheit, mit der die Antworten erfolgten, bekundete die völlige Vertrautheit der Prüflinge mit dem Lernstoff. Er war eine Freude, dieser Prüfung beizuwohnen, die für die Schülerinnen wie den ärztlichen Lehrer gleich ehrenvoll ausfiel. Die neuen Hilfsschwestern verdienen umsomehr unsere Anerkennung, als sie größtenteils schon über zwei Jahre als Helferinnen in uneigennütziger Weise in dem Dieburger Lazarett tätig sind.

Am 20. Dezember wurde im Vereinslazarett eine stimmungsvolle Weihnachtsfeier für die kranken und verwundeten Krieger abgehalten. Das Arrangement lag in den Händen von Frau Oberregierungsrat Gräf. Einige gemeinsame Lieder, ein paar Soli, Duette und Musikstücke boten reiche Abwechselung. Besondere Anerkennung verdient es, daß mehrere Damen der Gesellschaft ihr musikalisches Können in den Dienst der Lazarettleitung stellten. Herr Sanitätsrat Dr. Schmitt verstand es, bei seiner Ansprache dem religiösen wie dem vaterländischen Empfinden seiner Zuhörer Rechnung zu tragen. Für die reichen Gaben, die den kranken Kriegern gespendet wurden, dankte ein Mustetier mit gewühlten Worten.

Der katholische Gesellenverein hielt am 2. Weihnachtstag im "Weißen Roß" eine kleine Familienfeier ab, die der Hauptsache nach in einem Kriegs-Lichtbildervortrag des Präses, Herrn Kaplan Quinkert, bestand. Außerdem erfreute Frl. Anna Krug die Anwesenden mit einigen Weihnachtsliedern. Herr Lehrer Blank besorgte den instrumentalen Teil am Klavier. Von dem Gesellenverein sind z. Z. nur noch 5 aktive Mitglieder in Dieburg. Im Felde stehen 66 aktive und 40 Ehrenmitglieder. Gefallen sind 11. Der Gesellen-Verein ist demnach derjenige Verein, der verhältnismäßig am stärksten an dem Kriege beteiligt ist. —

[...]

Im Jahre 1916 wurden hier 65 Kinder getauft, darunter 37 Knaben. Es starben 65 Personen; davon 53 Erwachsene; außerdem fielen auf dem Felde der Ehre 29 Krieger. In den Ehestand traten 20 Paare. — Zum Vergleiche setze ich hierher die Zahlen der Pfarrmatrikel vor 100 Jahren. Im Jahre 1816 wurden geboren 113, kopuliert 27, beerdigt 61. Haben wir nun Fortschritte oder Rückschritte gemacht?

Durch Verleihung des eisernen Kreuzes wurden ausgezeichnet: Unteroffizier Jakob Ludwig, Landsturmmann Jakob Müller, Ersatzreservist Heinrich Kunkel, Unteroffizier Jakob Blank, Schütze Joh. Ph. Weber und Landsturmmann Johannes Brand.
Die hessische Tapferkeitsmedaille empfingen Pionier Sebastian Brand und Unteroffizier Jakob Blank.
Die Krankenpfleger Joseph Kaiser und Friedrich Kuhn erhielten das Sanitätskreuz. Dem stud. math. L. Aßmuth wurde die rote Kreuz-Medaille zutei.
Unteroffizier Franz Rödler wurde zum Vizewachtmeister befördert.


Empfohlene Zitierweise: „Jakob Ebersmann, Berichte aus der Heimat in den Dieburger Feldbriefen, 1915-1917, Abschnitt 65: Prüfung der Hilfsschwestern, Weihnachstfeier im Lazarett“, in: Hessische Quellen zum Ersten Weltkrieg <https://www.lagis-hessen.de/de/purl/resolve/subject/qhg/id/19-65> (aufgerufen am 25.04.2024)