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„Euthanasie“-Aktion in Hadamar wird offiziell eingestellt, 24. August 1941

Auf mündliche Weisung von Adolf Hitler (1889–1945) beenden die Beauftragten für die „Euthanasie“-Tötungen der „Aktion T4“ Karl Brandt (1904–1948) und Philipp Bouhler (1899–1945) die systematische Ermordung von Menschen mit geistigen und körperlichen Behinderungen. Damit wird auch das Ende der ersten „offiziellen“ Phase der Ermordung von Menschen mit Behinderungen und psychischen Erkrankungen in der Tötungsanstalt Hadamar im mittelhessischen Hadamar (offiziell „Landesheil- und Pflegeanstalt“) eingeleitet, die bis zum 1. September 1941 insgesamt 10.072 Opfer fordert. Anlass für die vorgebliche Beendigung der planvollen Tötung von behinderten Menschen sind zahlreiche Proteste, insbesondere von Seiten der katholischen Kirche. So hatte auch der für Hadamar zuständige Limburger Bischof Antonius Hilfrich (1873–1947) einen Protestbrief an das Reichsjustizministerium geschickt.

Die aus „rassenhygienischen“ Gründen und kriegswirtschaftlichen Erwägungen 1940 aufgenommene Tötung von „lebensunwertem Leben“ wurde im Oktober 1939 von Hitler mit einem auf den 1. September 1939 (Tag des Kriegsbeginns) zurückdatierten Schreiben angeordnet, dass Philipp Bouhler, Leiter der Führerkanzlei („Kanzlei des Führers der NSDAP“, KdF) und Karl Brandt, Begleitarzt Hitlers, ermächtigte, die beschönigend als „Euthanasie“ (griech. „eu thanatos“ = „schöner Tod“) bezeichnete Tötung von mehr als 70.000 Menschen in sechs extra zu diesem Zwecke errichteten bzw. umgebauten „Tötungsanstalten“ („T4-Anstalten“) vorzunehmen. In Hadamar wurden die Menschen in einem als Duschraum getarnten Kellerraum mit Hilfe von Kohlenmonoxid-Gas ermordet und anschließend in einem angrenzenden Krematorium verbrannt. Das offiziell verlautbarte Ende der „Aktion“ führt im Frühjahr 1942 zum Umbau der als Gaskammer genutzten Anlagen in Hadamar.

Im August 1942, nachdem die Landesheilanstalt in die Trägerschaft des Bezirksverbandes Nassau in Wiesbaden zurückgegangen ist, werde die Morde an behinderten und psychisch kranken Menschen jedoch fortgesetzt. Ärzte und Pfleger verabreichen den Opfern überdosierte Medikamente, tödliche Giftinjektionen oder lassen sie vorsätzlich verhungern. Zu den in Hadamar systematisch umgebrachten Personen zählen bis März 1945 auch minderjährige „jüdische Mischlingskinder“ (das heißt Kinder mit einem jüdischen Elternteil) und zahlreiche sowjetische und polnische Zwangsarbeiter. Ingesamt sterben in Hadamar durch gewaltsame Einflussnahme bis Kriegsende mindestens 14.494 Menschen.
(KU)

Belege
Weiterführende Informationen
Empfohlene Zitierweise
„„Euthanasie“-Aktion in Hadamar wird offiziell eingestellt, 24. August 1941“, in: Zeitgeschichte in Hessen <https://www.lagis-hessen.de/de/subjects/idrec/sn/edb/id/832> (Stand: 26.11.2022)
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