Zeitgeschichte in Hessen - Daten · Fakten · Hintergründe

Erste Galerie aus der DDR auf der Art Frankfurt in Frankfurt, 16. März 1990

Auf der „Art Frankfurt“ in Frankfurt am Main, einer seit dem Vorjahr veranstalteten Kunstmesse für moderne Kunst, präsentiert sich mit der Leipziger Galerie „EIGEN + ART“ (gesprochen: „Eigen-plus-Art“) erstmals eine Galerie aus der DDR auf einer Kunstmesse in der Bundesrepublik. EIGEN + ART, eine der wenigen Privatgalerien, die in der DDR existieren, entstand 1983 als ein inoffizielles Galerieprojekt in der privaten Dachwohnung des damals 22-jährigen Maschinenmonteurs Gerd Harry „Judy“ Lybke am Körnerplatz in Leipzig.

Eigenwillige Installation

Unter den von „Eigen + Art“ gezeigten Objekten sticht besonders eine massive Installation mit dem Titel „Frankfurter Altar“ heraus, die den Besuchern als wahres „Ungetüm“ (Frankfurter Allgemeine Zeitung, 19.3.1990) aus schweren Holzbalken und anderen Materialien begegnet. Flankierend stehen zwei Regale, auf denen mehr als 200 Glasbehälter mit farbigen Flüssigkeiten den „Urin bekannter Persönlichkeiten“ präsentieren, zum Teil aber auch einfach als „Milch“, „Sand“ oder „Sirup“ deklariert sind. Akustische Untermalung findet das Ensemble durch zahlreiche übereinander gelagerte und miteinander gemischte Text- und Tonfetzen, an Agitprop und Dada gemahnend. Zum besseren Verständnis der Gesamt-Ikonografie der staunen machenden Objekte begleiten gleich drei Materialien-Hefte den eigenwilligen „Altar“, dessen Name – so „Eigen + Art“-Inhaber Lybke – sich weniger in kritischer Manier auf die Stadt Frankfurt als vielmehr nüchtern auf den Titel der Ausstellung „Art Frankfurt“ beziehe.

Die „Art Frankfurt“ findet auf dem Frankfurter Messegelände statt. Veranstalter ist die stadteigene Art Frankfurt GmbH. Die Leitung der Kunstmesse liegt in den Händen der Geschäftsführerin Anita Kaegi. Kaegi arbeitete vor ihrem Engagement in Frankfurt neun Jahre lang als Handlungsbevollmächtigte (Messesachbearbeiterin) der Kunstmesse „Art“ in Basel.
(KU)