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Grabdenkmäler

Übersichtskarte Hessen

Kurmainzischer Festungskommandant Thomas (von) Goldbeck 1649, Königstein

Königstein im Taunus · Gem. Königstein im Taunus · Hochtaunuskreis | Historisches Ortslexikon
Standort | Merkmale | Beschreibung | Inschrift | Nachweise | Zitierweise
Standort

Standort:

Königstein im Taunus

Gebäude / Areal:

Königstein, Katholische Pfarrkirche St. Marien

Angaben zum Standort:

Der ehemalige Standort innerhalb der Kirche ist ungekannt.

Heutiger Aufbewahrungsort:

Königstein, Alter Friedhof

Angaben zum Aufbewahrungsort:

2005/06 befand sich der Grabplattenrest noch unbeachtet im Freien an der Südseite der Kirche im Übergang zum Alten Friedhof liegend und war stark von Efeu und Moos überwachsen.

Merkmale

Datierung:

1649

Typ:

Grabplatte

Material:

roter Sandstein

Erhaltung:

teilweise erhalten

Größe:

85 x 95 cm (B x H)

Größe der Buchstaben:

4,5 cm

Beschreibung

Beschreibung:

Fragment einer Grabplatte, zugeschrieben dem kurmainzischen Festungskommandanten Thomas (von) Goldbeck. Teilstück aus rotem Sandstein. Erkennbar waren trotz starker Abwitterung in der oberen Hälfte der Grabplatte eine umlaufende, nach innen nur mit einer dünnen geritzten Linie abgegrenzte Leiste, auf der aber keine Schriftreste zu finden sind. Im Feld in Halbrelief zwei Vollwappen, jeweils mittig darüber ein Puttokopf, darunter ein Lilienkreuz, in dessen Zentrum wohl ein Chi; Binnenzeichnung, mit der man das Kreuz als Konstantinisches Kreuz mit weiteren Buchstaben auf den Kreuzarmen bestimmen könnte, ist nicht vorhanden. Leicht oberhalb der Helme die links und rechts der Wappen eingehauene Jahreszahl (A). Unterhalb der Wappen konnten mit Mühe einzelne nahezu verloschene Buchstaben (B) ausgemacht werden, die sich zunächst jedoch nicht zu einem sinngebenden Wort ergänzen ließen, zumal dünne Linien nicht mehr erkennbar und daher nicht alle Buchstaben zweifelsfrei lesbar waren. Von der ehemals auf dem Plattenrand vielleicht zwischen Linien umlaufenden Grabinschrift war überhaupt nichts mehr vorhanden. 2011 ist das Fragment vom ehemaligen Standort verschwunden, sein Verbleib ist unbekannt. Ein ehemals in der Nachbarschaft liegendes Fragment, an dem nur die gleichfalls dünne Begrenzung einer umlaufenden Leiste zu erkennen war, böte Raum für den nur teilweise erkannten doch wohl längeren Text.

Geschlecht, Alter, Familienstand:

männliche Person(en)

Stand:

Adlige

Enthaltene Wappen:

unbekannt2)

unbekannt3)


  1. Von einem Faden geteilt, oben eine Krone, unten ein Stierkopf.
  2. Möglicherweise in mehrere Plätze geteilt. Knapp unter der Mitte rechts ein nach rechts schreitendes Tier (Hirsch?), Rest unkenntlich.

Dargestellte Personen:

Lediglich anhand der Jahreszahl könnte man vermuten, dass es sich bei dem Fragment um den Überrest der Grabplatte des am 27. Mai 1649 verstorbenen und am 31. Mai 1649 in Königstein bestatteten Obristleutnants Thomas (von) Goldbeck5) handeln könnte, dessen „Grabstein an der Außenwand der Kirche aufgestellt“ war, wie Stöhlker schon 1952 und nochmals 19636) berichtete. Da das Fragment zum oberen Bereich der Platte gehört, müsste eines der beiden Wappen Goldbeck7) sein; das ist zweifelsfrei nicht der Fall.

Sollte sich die Identifizierung Goldbeck bewahrheiten, müsste man ein komplizierteres Arrangement der Inschriften und Wappen auf der Platte voraussetzen, also nicht mehr nur Umschrift, im Feld zwei Vollwappen mit Herstellungsjahr und mehrzeiliges Grabgedicht darunter. In der Kombination von Umschrift mit Wappen, Bibelzitaten und ggf. Stiftervermerken kommt der Typus mehrfach vor,8) zweimal fehlt die Umschrift;9) die Typenentwicklung widerspricht also nicht der einleitenden Rekonstruktion.


  1. Der aus altmärkischem bzw. brandenburgischem Adel stammende Reiteroffizier – die Familie zählte aber nach Bucelinus auch zum sächsischen Adel – befehligte eine im Raum um Trier und Luxemburg geworbene Reitereinheit und war Kommandant der Königsteiner Festung, vgl. Stöhlker, Festungskommandanten 35ff.
  2. Stöhlker, Stadt Königstein 66 nach Kirchenbuch.
  3. Die (von) Goldbeck führten in Silber einen schmalen blauen Balken, begleitet von drei goldenen Pokalen, 2:1 gestellt, vgl. Siebmacher, Wappenbuch I, Taf. 172; Kneschke, Adelslexikon III 585; Siebmacher u. a., Wappenbuch Bd. III, 2. Abt., 1. Bd., 1. Teil (Preußen, Edelleute) 143 m. Taf. 190. Man nimmt an, dass die goldenen Pokale = Becher zum redenden Wappen der Familie gehörten.
  4. Grabsteine Stein 1633 und 1634 in Neuweilnau (Kat.-Nrr. 239, 241), Grabstein eines Kammerdieners 1635 (Kat.‑Nr. 245), drei Grabsteine von Bettendorf von 1641 und 1642 in Königstein und 1661 in Kronberg (Kat.‑Nrr. 249, 251, 306), Grabstein Peltzer von 1652 in Massenheim (Kat.-Nr. 268).
  5. Grabstein Florus von 1628 in Massenheim (Kat.-Nr. 231), Grabstein Rosenbach in Königstein (Kat.-Nr. 278).

Sonstiges:

V und C waren sicher größer als die umgebenden Buchstaben. Daher kann es sich bei dem zeilenweisen Text nur um ein Chronogramm gehandelt haben, das die angenommene Umschrift ergänzte; dann darf man zeitbedingt von einem versifizierten Text ausgehen. Im Jahre 1649 wäre dann ein elegisches Distichon (Chronodistichon) vorauszusetzen, das sich aber nicht anhand der früher gelesenen Textteile verifizieren lässt. VIRTVTE VIVIT bzw. VIXIT ist kein prosodisch korrekter Schluss eines Pentameters und könnte sogar zu einem separaten Textausklang gehören. Man weiß eben zu wenig über die Verteilung der von Stöhlker noch erkannten Textteile und nichts über die Zuverlässigkeit der Abschrift. Der vermeintliche Textschluss könnte auch aus VIRTVTE VIXIT / MEMORIA VIVIT / GLORIA VIVET des Alciatus-Epitaphs (Kardinal Francesco Alciati, † 1580)4) in der römischen Kirche Santa Maria degli Angeli e dei martiri abgeleitet sein. Der Text, einerlei wie man ihn rekonstruiert, steht im Material der Wappengrabplatten des Bearbeitungsgebietes isoliert.


  1. Nach Epitaphium oder Grab=Schrift 4: Grabinschrift des Abtes von St. Ulrich und Afra in Augsburg Willibald Popp († 1735), dort wiederverwendet.
Inschrift

Umschrift:

A 16 / 49

B [AVRE]VSa) HICb) [– – – / – – –]O[– – – / IN ARCE KONGINSTEYEIN

– – – VIRTVTE VIVIT]


  1. Die auf den ersten Blick möglich erscheinende Lesung VSINGEN oder Varianten führten zunächst in die Irre.
  2. Es heißt an dieser Stelle wohl nicht NG mit einem N mit geschwungenem Schrägschaft. Vielmehr ist davon auszugehen, dass es sich um ein konventionell kapitales H, vielleicht mit unterbrochenem Balken, und leicht erhöhtes I handelte, von dem noch das obere Schaftende sichtbar war. Die Fortsetzung des Textes in der Zeile darunter ist ungewiss, zu erwägen wäre nach der Identifizierungshypothese IACET THOMAS, dann irgendwo aus dem redenden Wappen SCYPHVS. In diesem Falle käme man auf 1206 bzw. 1207 der noch fehlenden 1412 Jahre.

Übersetzung:

Golden (…) liegt hier (Thomas …), in der Burg Königstein (…), er lebt(e) tugendhaft.

Kommentar:

Ergänzt nach Stöhlker.1)

Chronodistichon (?), bestehend aus mindestens einem elegischen Distichon.


  1. Der nach Stöhlker ergänzte Text wurde von ihm zur Unterscheidung normalgroßer und erhöhter Buchstaben teilweise in Minuskeln abgedruckt. Solche sind nirgends zu erkennen.

Schrift:

Kapitalis

Nachweise

Literatur:

Wappen:

unbekannt · unbekannt

Bearbeitung:

Die Inschriften des Hochtaunus- und des Main-Taunus-Kreises. Gesammelt und bearbeitet von Yvonne Monsees und Rüdiger Fuchs (Die Deutschen Inschriften 97). 2019, Nr. 259.

Zitierweise
„Kurmainzischer Festungskommandant Thomas (von) Goldbeck 1649, Königstein“, in: Grabdenkmäler <https://www.lagis-hessen.de/de/subjects/idrec/sn/gdm/id/2516> (Stand: 20.3.2023)