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Grabdenkmäler

Übersichtskarte Hessen

Bartholomäus (Barthol) Thom 1688, Gießen

Gießen · Gem. Gießen · Landkreis Gießen | Historisches Ortslexikon
Standort | Merkmale | Beschreibung | Inschrift | Nachweise | Zitierweise
Standort

Standort:

Gießen

Gebäude / Areal:

Gießen, Alter Friedhof (Licher Straße).

Heutiger Aufbewahrungsort:

Gießen, Alter Friedhof (Licher Straße).

Außen an der Ostwand der Friedhofskapelle.

Merkmale

Datierung:

28. Dezember 1688

Typ:

Epitaph

Material:

roter Sandstein

Erhaltung:

erhalten

Größe:

99 x 223 cm (B x H)

Größe der Buchstaben:

2,5-4 cm

Beschreibung

Beschreibung:

Der Stein mit giebelförmigem Abschluß erfährt durch zwei Gesimse eine Dreiteilung. Dem schmalen Sockel liegt das ornamental umrahmte Inschriftfeld (C) mit seitlich geschwungenen Rändern auf. Über dem Gesims erhebt sich der dominierende mittlere Teil des Epitaphs mit Inschrift (B). Von einem Engelskopf in der oberen Mitte gehen Flügel und Ranken aus und enden auf kleinen Kapitellen innerhalb dieses Feldes. In den dadurch entstandenen Zwickeln je eine Rosette. Den glatten senkrechten Rahmenleisten schließen sich nach außen je zwei übereinander angeordnete Figuren in weitgehender Entsprechung an. Unten kauern Skelette in Personifizierung des Todes. Das linke weist Zerstörungen auf, so daß das Attribut nicht sicher zu bestimmen ist (möglich wäre eine Glocke, die in diesem Zusammenhang auch bei den Totentänzen begegnet). Das rechte Gerippe hält ein Stundenglas. Darüber befinden sich Figuren – links eine männliche, rechts eine weibliche – deren hohe Flügel das obere Gesims erreichen. Sie haben Kopfbedeckungen und entblößte Oberkörper ohne Arme. Die von Stoff mit Quastenbesatz (Lambrequin) bedeckten Unterkörper enden in ornamentalen Ranken. Die gegebene Kombination figürlicher und ornamentaler Elemente dürfte auch hier von Kupferstichvorlagen herzuleiten sein.

Ein breiteres, profiliertes Gesims mit Inschrift (A) leitet über zu dem reich geschmückten, giebelartigen Aufsatz mit einbezogenem Relief. Auf den Giebelschrägen sitzt je ein Engel mit aneinander gelegten Händen. Der Kopf des linken wurde in dem Zeitraum zwischen April 2005 und August 2006 mutwillig zerstört. Kleine Voluten führen bis zur oberen Spitze. Hier erscheint über kleinem Sockel ein Totenkopf. Das Relief des Giebels wird bestimmt von dem auferstehenden Christus in der Mitte. Er wird in Bewegung über dem Sarg wiedergegeben mit ausschwingendem Lendentuch und Kreuzesfahne. Sein Kopf wurde ebenfalls zwischen April 2005 und August 2006 mutwillig zerstört. Die Strahlen des Nimbus füllen die obere Spitze des Dreiecks. Zu beiden Seiten Christi sind in verkleinertem Maßstab Darstellungen zu erkennen, welche ikonographisch nicht zur Auferstehung gehören, sich aber auf die Inschriften beziehen. Links bezeichnen kleine Bäume den Weg des Verstorbenen zur Herberge. Er trägt ein dickes Bündel auf dem Rücken, einen Hut und einen von senkrechter Knopfreihe geschlossenen Rock. In der rechten Ecke hat er in entsprechender Kleidung, jedoch ohne Hut und Bündel, sein Ziel erreicht und liegt auf einer Unterlage in der Herberge. Diese wird hinter ihm angegeben von einem Haus mit spitzem Dach, drei Fenstern und rundbogigem Portal. Die Vorstellung, daß aus der weltlichen Herberge die himmlische geworden ist, wird dadurch angedeutet, daß das Lendentuch Christi das Haus zu einem Teil umspielt. Möglicherweise soll damit auch die in der Inschrift ausgesprochene, ersehnte Auferstehung angedeutet werden. Es ist hier sehr beachtenswert, wie die inschriftlichen Aussagen zum Beruf des Verstorbenen eine gleichnishafte bildliche Umsetzung erfahren.

Darstellung:

figürlich

Geschlecht, Alter, Familienstand:

männliche Person(en)

Stand:

Bürger

Dargestellte Personen:

Bartholomäus (Barthol) Thom, Gasthalter "Zum Wilden Mann" in Gießen, geboren am 11. April 1635 in Buchenau "im Hirschfeldischen" [= Eiterfeld-Buchenau bei Bad Hersfeld], gestorben am 28. Dezember 1688 in Gießen im Alter von 53 Jahren, 8 Monaten und 17 Tagen.

Inschrift

Umschrift:

A:

Ich gehe auf die Herberg zu, allwo ich finde gute Ruh:

B:

Ich /

Der ich manchen Gast /

Nahm in die Herberg ein /

und Lies /

Nach Stands gebühr /

Den selben wohl tractieren /

auch wan(n) es ihm beliebt /

zu seyner Ruhe führen /

Kont selbsten /

Nur ein Gast /

In meiner Herberg seyn /

Ich must /

viel Ungemach und Müh /

allhier aus stehen /

Nun aber hat mich Gott /

Davon /

gespan(n)et aus /

und /

In die Stoltze Ruh /

Versetzt in seynem Haus /

Indem Er /

Durch den Tod /

Mich Hies /

zum Leben /

gehen.

C:

Barthol Thom gewesener gasthalter /

zum Wilden Man(n) in Giessen ist gebohren zu /

Buchenaw im Hirschfeldischen A(nn)o. 1635. den 11. /

APRIL. Starb allhier A(nn)o. 1688. de(n) 28. DECEMb:(ris) seines /

alters 53. Jahr. 8 Monat 17. tag. welchem Gott /

eine fröliche Auferstehung verleyhe(n) woll

Schrift:

Fraktur und wenige Worte in Kapitalis

Nachweise

Literatur:

  • Bernbeck, Gerhard: Der Alte Friedhof in der Stadt Gießen, Gießen 1997, S. 40f.
  • Heim, E.; Otte, A.; Schmidt, C.: Der Alte Friedhof in Gießen, Ein Rundgang durch Kunstgeschichte und Baumkunde, Gießen 1991, S. 18

Orte:

Buchenau (bei Eiterfeld) · Gießen

Sachbegriffe:

Gesimse · Engelsköpfe · Engel · Rosetten · Skelette · Gerippe · Stundengläser · Glocken · Quasten · Totenköpfe · Lambrequins · Voluten · Auferstehungsszenen · Bäume · Häuser · Herberge, weltliche und himmlische · Himmlische Herberge · Männer · Gasthalter · Gastwirte

Bearbeitung:

Christa Benedum, Gießen, und Andreas Schmidt, HLGL

Zitierweise
„Bartholomäus (Barthol) Thom 1688, Gießen“, in: Grabdenkmäler <https://www.lagis-hessen.de/de/subjects/idrec/sn/gdm/id/1021> (Stand: 24.4.2009)