Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen

Grabdenkmäler

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Johann Dietrich Zorn und seiner Ehefrau Ursula, geb. Reiffenstein 1625, Eppstein

Eppstein · Gem. Eppstein · Main-Taunus-Kreis | Historisches Ortslexikon
Standort | Merkmale | Beschreibung | Inschrift | Nachweise | Zitierweise
Standort

Standort:

Eppstein

Heutiger Aufbewahrungsort:

Eppstein, Evangelische Pfarrkirche

Angaben zum Aufbewahrungsort:

Ist heute an der südlichen Innenwand des Kirchenschiffes angebracht.

Merkmale

Datierung:

1625

Typ:

Epitaph

Material:

roter Sandstein

Erhaltung:

erhalten

Größe:

95 x 240 cm (B x H)

Größe der Buchstaben:

(A) 3-4, (B) 3, (C, W) 2, (F) 3,5, (E) 5 cm

Beschreibung

Beschreibung:

Epitaph des Johann Dietrich Zorn und seiner Ehefrau Ursula, geb. Reiffenstein. Aus rotem

Sandstein gefertigtes Denkmal. Es zeigt einen dreizonigen Aufbau: In der Sockelzone sind die Grabinschriften für Ursula (A) und darunter für Johann Dietrich (B) in 10 gestaffelten Zeilen ausgeführt. Das Schriftfeld wird dreiecksförmig von Rollwerk eingefasst, das unten mit Symbolen der Vergänglichkeit abgeschlossen ist. Auf dem darüber liegenden, leicht vorspringenden Gesims steht der in einer Zeile eingehauene Bibelspruch (C). In den durch die Rollwerkeinfassung entstandenen Zwickel steht ein lateinisches Bibelzitat (D), die Grabinschriften flankierend. Rechts ist der Text durch die eng davorstehende Kirchenbank weitgehend verdeckt. Nahebei stand ein weiteres Bibelzitat (E), ggf. auf einem ersetzten Sockelstück.

In der mittleren Bildzone sind unter einem Blendbogen die Figuren der Verstorbenen mit ihren Kindern unter dem mittig plazierten Kruzifix mit Titulus (F) als Beter aufgereiht: Links der Mann mit zwei bärtigen Söhnen und einem Säugling, rechts seine Gemahlin mit zwei Töchtern. Die Figuren blicken in Adoration zum Gekreuzigten empor, der vor einem Wolkenband von zwei geflügelten Puttenköpfen flankiert wird. Das Mittelfeld wird links und rechts durch je vier Ahnenwappen der Verstorbenen mit Beischriften (W) auf darüber gesetzten kleinen beschlagwerkartigen Schriftbändern begleitet. Ein Rundmedaillon in der Giebelzone, von zwei Puttenfiguren gehalten, bietet die Opferung Isaaks durch seinen Vater Abraham dar. Beidseitig zu dieser Szene zeigen zwei Putti links Abendmahlgerät, nämlich Kelch und eine Kanne, rechts stellvertretend für die Marterwerkzeuge Christi die Geißelsäule; zwei kleinere Putti legen ihre Hand auf Symbole der Vergänglichkeit, links Stundenglas, rechts Totenkopf. Die als oberer Abschluss des Denkmals sichtbare, schwarz gestrichene Rollwerktafel trägt die auf das Isaak-Opfer bezogene Bibelstelle (G), deren Buchstaben in goldener Farbe ausgemalt sind, alle übrigen Texte ungefasst. Darüber steht eine verhältnismäßig große Caritas an der Stelle eines unvollständig erscheinenden Giebelaufsatzes; eine Figur steht allerdings auch auf dem Greifschen Epitaph (Kat.-Nr. 240).

Das Denkmal weist Farbspuren vornehmlich in der figürlich-plastischen Ausgestaltung auf, vor allem bei der Isaak-Szene, während Putten und Wappen in grauer Farbe vor rötlichem Hintergrund gefasst sind. Als Trenner dienen Dreiecke und Quadrangel, nicht immer genau auf halber Zeilenhöhe.

Geschlecht, Alter, Familienstand:

männliche Person(en) · weibliche Person(en) · Ehepaar

Enthaltene Wappen:

Zorn6)

Reiffenstein7)

Gewend8)

Fauerbach9)

Rosenberg10)

Beusler von Orb11)

Hahnbach12)

Geipel13)


  1. Zwei aus einem Dreiberg hervorwachsende Zweige mit verschränkten und gesenkten Stengeln, Hz.: ein achtstrahliger Stern, kaum kenntlich in Bock, Chronik Eisenberger 46.
  2. Zwei einander zugewandte steigende Böcke über einem Steinhaufen, Hz. dasselbe.
  3. Ein schräggelegter Bootshaken, begleitet von je einem Stern oben und unten, Hz.: zwei gespreizte Haken.
  4. Über Schildfuß ein geschwänzter, feuerspeiender Drache, Hz.: dasselbe.
  5. Von Rot und Silber 5mal gespalten und einmal in wechselnden Farben geteilt; Hz.: ein roter und ein silberner Schwanenhals, Rose fehlt, vgl. Wolfert, Aschaffenburger Wappenbuch, Taf. 21, I 1.
  6. Über Schildfuß eine barhäuptige Männerbüste, Hz.: dasselbe zweimal auf den Schwingen des offenen Fluges; vgl. Bock, Chronik Eisenberger 91 Abb. 43, dort Büste behaart.
  7. Ein rechtsgewendeter Hahn über einem stilisierten Bach, Hz.: dasselbe. Ein Zusammenhang mit Hannbach (Oberpfalz, Lkr. Amberg-Sulzbach), vgl. Siebmacher u. a., Wappenbuch Bd. I, 4. Abt. 1.Teil (Städtewappen 1) 20 m. Taf. 38, ist nicht nachzuvollziehen.
  8. Drei Hämmer (Schlägel) (2:1), Hz.: dasselbe auf den Schwingen des offenen Fluges.

Dargestellte Personen:

Zorn, zu dessen Herkunft und Familie keine näheren Informationen vorliegen, war als Forstmeister in Eppstein sowie Amtmann und Burgsass in Oberursel ein hoher Beamter der kurmainzischen Verwaltung.16) Immerhin gehörte ein Ahn (Rosenberg) zum regionalen Adel (Kat.-Nrr. 250, 278f.). Ursula Reiffenstein entstammte dem Frankfurter Patriziergeschlecht; ihre Ahnenwappen sind dort zu verorten. Ein ständischer Ehrgeiz kommt auch in den Epitheta zum Ausdruck, die die Vereinnahmung adliger Epitheta im 17. Jahrhundert widerspiegeln, und auch in der Einheirat des Sohnes Hans in die Frankfurter Familie Kellner (Kat.-Nr. 114), die zur Ganerbenschaft Alten-Limpurg gehörte.17) Ursula war Zorns erste Gattin; seine zweite Ehe schloss er am 17. November 1629 mit der „honestissima matrona“ Gertrud, Witwe des „clarissimi et doctissimi viri“, des nassau-saarbrückischen Präfekten zu Neuweilnau, Jakob Diefenbach.18) Zorns Todesdatum wurde auffälligerweise nicht im Kirchenbuch vermerkt; der Sohn aus erster Ehe, Valentin Philipp (Kat.-Nr. 159), ist ebenfalls in Eppstein bestattet.


  1. Vgl. Härter, Policey 286f.
  2. Vgl. Körner, Frankfurter Patrizier 151; Körner/Hansert, Frankfurter Patrizier 258.
  3. Ev. KiBu Eppstein fol. 152v (neue Zählung fol. 147v) Nr. 119; zu Diefenbach vgl. Kat.-Nr. 228.

Sonstiges:

Die Fraktur besitzt unterschiedlich starke Einschlagtiefen. Ihre Merkmale sind nicht in besonderer Weise ausgeprägt; bei fast allen Buchstaben, vor allem aber bei A, b, e und rundem s, gelegentlich auch bei o, machen sich Einflüsse einer humanistischen Minuskel bemerkbar. Auffällig ist auch das u mit spitz abknickendem Bogen. Angesichts einer gewissen Varianz bei den Ziffern bietet die Lesung der Altersangabe eine lösbare Schwierigkeit. Die Einerziffer kann allerdings sicher als 7 gelesen werden, weil nur so das realistische Heiratsalter 19 zustande kommt, während bei einer Lesung 52 eine Eheschließung mit unglaubwürdigen 14 Jahren erfolgt wäre. Diese Überlegung ist keine rein akademische Übung, sondern gehört zu der verwirrenden Beobachtung, dass eine Ziffer, die aussieht wie eine um 180° gedrehte 2, also wie eine spitze 2 aus Deckbalken und nach rechts offenem Bogen, auch als 7 gelesen werden kann.14)

Das handwerklich ausgeführte Grabdenkmal bietet durch die Darstellung der Opferung Isaaks durch Abraham und die darauf Bezug nehmende, wohl von lutherischem Lied- oder Predigtgut15) beeinflusste Inschrift (E) einen Hinweis auf die eigene Auferstehungshoffnung des Ehepaares. Das Epitaph wurde von dem überlebenden Ehemann, der erst 1633 verstarb, wohl in zeitlicher Nähe zum Tod der Ehefrau in Auftrag gegeben; der Nachtrag seiner Sterbedaten unterblieb jedoch.


  1. Das Phänomen ist in einem weitgehend jüngeren Bestand, vgl. DI 87 (Werra-Meißner-Kreis I, Altkreis Witzenhausen) Einleitung Kap. 5.7, angerissen. Ausgangspunkt zur Beschäftigung damit waren fehldatierte Glockeninschriften im Werk des lothringischen Wandergießers Johann Breutelt/Bertelt, dessen Wirken man von Rheinhessen (1613) bis an den litauischen Königshof (1650er) verfolgen kann. Vgl. dazu den kurzen Abriss zu Breutelt/Bertelt bei Susanne Kern: Von Lothringen nach Litauen. Der Wandergießer Johann Bertelt und seine 1617 gegossene Glocke für St. Stephan. In: Mainz – Vierteljahreshefte für Kultur, Politik, Wirtschaft, Geschichte 2016/1, S. 70–73.
  2. Mögliches Vorbild: Luthers Genesisvorlesung, vgl. Asendorf, Lectura 133f., oder das Hamburger Melodeyen Gesangbuch von 1604, worin ähnliche Motive verarbeitet werden. Insgesamt ist das Motiv des Todes als Schlaf der Gerechten ein altes Thema, siehe auch Anm. 2.
Inschrift

Umschrift:

A A(nn)oa) · 1625 · de(n) · 29 · (novem)brisb) · ist · in Gott v(er)schiede(n) / die

Edelvieltug(en)tsam fraw vrsula Zorni(n) / g(e)borne · vo(n) Reifenstein, alters ·

57 · iahr so / de(n) 5 · (decem)brisc) alhie begrabe(n) ·

B A(nn)oa) <– – –>d) / folgt nach ihr lieber herr vnd Ehgat, der Edel Ehrvest /

Joh(ann) Diethrich Zorn Chur=Mentz(ischer) Ambtsv(er)weser vnd / Forst-

meister zu Epstein · habe(n) friedlich beisamene) / gelehtf) · 38 · iahr 5 · monat ·

3 · tag Gott / wölle sämptlichen gnedig / sein // Ame(n)

C CHRISTE TIBI VIVO · CHRISTE TIBI MORIOR1)

D MORS PIO=//[RVM] EST / SOMNVS . ET AD // [MELIORE(M)] VITA(M)

/ PROFECTIO2) · // [IOB XXX] 23g)

E† SEPVLCHRVM EST DEPVTATA DOMVS VIVENTIVM3)

F I(ESVS) N(AZARENVS) R(EX) I(VDEORVM)4)

G ABARHAMh) HAT GOT / GEGLAVBET · VND DAS / IST IHME ZVR

GERECHTIG=/KEIT ­GERECHNET ·i) ROM. / 4 CAP5) ·

W ZORN REIFENSTEIN

GEWEND FAVRBACH

ROSENBERG BEVSLER V(ON) ORB

H͜AN͜BACH GEIPEL


  1. o klein und hochgestellt.
  2. Befund 9bris.
  3. Befund Xbris.
  4. Freigelassen ca. 15 cm. Anonymus überliefert trotzdem an dieser Stelle 1632, Dieffenbach 1633.
  5. Buchstaben gegen Ende kleiner.
  6. Sic, Lies: gelebt wie Anonymus; das h deutlich vom b der humanistischen Minuskel unterscheidbar.
  7. Anonymus gibt an „Job xxx, 32“; vgl. dazu bei Anm. 3.
  8. Sic für Abraham.
  9. Eine schleifenartige Vignette trennt die Bibelstellenangabe ab.
  1. Nach Röm 14,8, vgl. auch DI 33 (Stadt Jena) Nrr. 209 (1620), 258 (verkürzt), außerdem DI 90/I (Nürnberg, Friedhöfe 3) Nr. 3283 (1614); ähnlich, aber in anderem Vers (und öfter in Varianten) und auch als Grundlage für barocke Vertonung: „Christe tibi vivo, morior tibi Christe tuusque / Mortuus esse volo, vivus esse volo“ in der Grabinschrift des sächsischen Kanzlers David Peifer († 1602), vgl. Johann Martin Schamelius, Historische Beschreibung des alten (…) Benediktiner-Closters Gosegk. Naumburg/Zeitz 1732, 93.
  2. Wohl nach Luther, vgl. Asendorf, Lectura, Luthers Genesisvorlesung 133f.; zur deutschen Entsprechung „Der Tod ist ein Schlaf frommer Christen“ vgl. Sprichwörter-Lexikon IV, Sp. 1229, Nr. 107. In der Formulierung „mors enim piorum somnus est“ geht der Gedanke auf Albertus Magnus zurück, vgl. De mysterio missae tract. 3, cap. 16,1 (ed. August Borgnet, Bd. 38, Paris 1899), hier 132b.
  3. In der Zusammenfassung der Inschriften (D) und (E) spiegeln sich Sichtweisen vom Grab als dem Übergangsstadium zur Auferstehung. In (E) geschieht das merkwürdigerweise in Anlehnung an jüdische Vorstellungen vom Grab als Haus des Lebens, vgl. Ridder, Haus des Lebens 45; dort auch die Grundlage Ijob 30,23, wie nach (D) vermerkt; vgl. auch unten Anm. 15.
  4. Joh 19,19.
  5. Röm 4,3.

Übersetzung:

(C) Christus, dir lebe ich – Christus dir sterbe ich. – (D) Der Tod der Frommen ist ein Schlaf und ein Aufbruch zum besseren Leben. – (E) Das Grab wird als Haus der Lebenden angesehen.

Kommentar:

Nach Anonymus (E), nach Anonymus ergänzt (D).

Ein Pentameter (C).

Schrift:

Fraktur mit starken Elementen der Humanistischen Minuskel (A, B), Kapitalis (C–W)

Nachweise

Literatur:

Wappen:

Zorn · Reiffenstein · Gewend · Fauerbach · Rosenberg · Beusler von Orb · Hahnbach · Geipel

Bearbeitung:

Die Inschriften des Hochtaunus- und des Main-Taunus-Kreises. Gesammelt und bearbeitet von Yvonne Monsees und Rüdiger Fuchs (Die Deutschen Inschriften 97). 2019, Nr. 221.

Zitierweise
„Johann Dietrich Zorn und seiner Ehefrau Ursula, geb. Reiffenstein 1625, Eppstein“, in: Grabdenkmäler <https://www.lagis-hessen.de/de/subjects/idrec/sn/gdm/id/2499> (Stand: 20.3.2023)