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Hans Motz 1594, Witzenhausen

Witzenhausen · Gem. Witzenhausen · Werra-Meißner-Kreis | Historisches Ortslexikon
Standort | Merkmale | Beschreibung | Inschrift | Nachweise | Zitierweise
Standort

Standort:

Witzenhausen

Gebäude / Areal:

Witzenhausen, Liebfrauenkirche

Angaben zum Standort:

an der Westwand des südlichen Seitenschiffs

Merkmale

Datierung:

1594

Typ:

Epitaph

Material:

Holz

Erhaltung:

erhalten

Größe:

230 x 500 cm (B x H)

Größe der Buchstaben:

(A) ca. 4, (B) ca. 5, (C) ca. 8, (E, F) ca. 8, (G) ca. 5 cm

Beschreibung

Beschreibung:

Epitaph des Hans Motz. Das große, zweigeschossige Epitaph hängt an der Westwand des südlichen Seitenschiffs. Es ist aus Holz, farbig gefasst und enthält Gemälde in architektonischer Rahmung. Das Hängeepitaph ist um eine Ädikula gebaut. In der zentralen, von Säulen gerahmten Bildnische ein Tafelbild mit der Grablegung Christi mit Kreuzabnahme im Hintergrund, darüber die Inschrift C. Den Giebel bildet eine eigene kleine, von Säulen gerahmte Ädikula mit dem Bild der Auferstehung Christi, der Inschrift B im Fries darüber und einem Giebel mit dem Tetragrammaton (A).

Das Gemälde im Hauptgeschoss flankieren die im Seitenhang angebrachten, beschlagwerkartig konturierten Schleierbretter mit je zwei Medaillons in Grisaille-Technik, links oben eine Szene in Gethsemane, darunter die Geißelung Jesu, rechts oben Jesus im Richthaus, darunter Jesus am Kreuz.1) Die obere Ädukula flankieren außen neben jeder Säule vollplastische Figuren, nackt auf einem Totenschädel sitzend, die linke mit einem Stundenglas, die rechte mit einem Spiegel, die Vanitassymbole darstellen. Hinter ihnen Schleierbretter.

Im Sockel, auf den Postamenten der Säulen, zwei Vollwappen. Im Feld dazwischen ein querrechteckiges Gemälde mit Darstellung der Familie Motz. Links der Vater mit 5 Söhnen, rechts, durch einen schmalen Freiraum getrennt, die Mutter mit 6 Töchtern. Den Personen waren nach Eckhardt Altersangaben beigefügt (Inschriften D1-D10), den Verstorbenen rote Kreuzchen auf der Brust; diese sind noch vorhanden. Auch von den Altersangaben, die in situ nicht mehr zu erkennen waren, lässt die Fotodokumentation stellenweise gut lesbare Reste, im Übrigen deutliche Spuren erkennen. Abgebildet sind von links nach rechts Johannes Motz (D1), Justus Motz (D2), drei weitere als verstorben gekennzeichnete Söhne, deren Namen nicht bekannt sind (D3-D5), Hans Motz (D6), Elisabeth Motz (D7), Margarethe Motz (D8), Anna Motz (D9, verstorben), die Witwe Gele Motz geb. Bernicke (D10). Auf der Frauenseite im Vordergrund und kleiner dargestellt 3 vermutlich früh verstorbene Töchter ohne Altersangabe, die jüngste weiß gewandet mit zwei schwarzen Kreuzen auf Brust und Haube.2)

Im Seitenhang des Sockels – unterhalb des nach rechts und links ausladenden oberen Sockelgesimses und außen neben den Postamenten – befinden sich auf Schleierbrettern in viertelkreisförmigen, mit Beschlagwerk gerahmten Kartuschen die Inschriften E und F. Im Unterhang zwischen Konsolen eine annähernd ovale, mit Beschlagwerk gerahmte Kartusche, darin in zentrierten Zeilen eine Inschrift neueren Datums (G), die auf die Restaurierung des Epitaphs Ende des 19. Jahrhunderts Bezug nimmt. Sprachstand, Orthographie und Schrift lassen vermuten, dass die Inschriften nicht im Original erhalten sind. Man wird sie aber als Kopien ansehen dürfen, die die vorgefundenen Texte in allenfalls leicht veränderter Form wiedergeben. 2005 wurde das Epitaph erneut restauriert. Inschriften aufgemalt, A, D heute in dunkler Farbe, B, C, E-G in Gold.


  1. So deutet Credé 204 die auch nach der Restaurierung von 2005 nur schwer erkennbaren Darstellungen.
  2. Die Identität der Personen hat Eckhardt aus den Altersangaben erschlossen, s. Familien 130/1911.

Geschlecht, Alter, Familienstand:

männliche Person(en)

Enthaltene Wappen:

Motz7)

Bernicke8)


  1. Wappen Motz (2 gekreuzte Doppelhaken). Erst Jost führte dieses Wappen. Hans Motz hatte eine Hausmarke (Hakenkreuz im Wappenschild), s. Credé 199.
  2. Wappen Bernicke (liegender Stamm mit 2 Eichenblättern und 3 Eicheln).

Dargestellte Personen:

Das Epitaph ist nicht datiert, denn es teilt das Sterbedatum des Hans Motz nicht mit. Dieses ist auch nicht bekannt, doch steht 1593 als Todesjahr fest. Denn am 21. März 1593 lebte er noch, während am 11. November 1593 von seiner Witwe gesprochen wurde.9) Das Entstehungsjahr des Epitaphs ergibt sich genauer aus den inschriftlich erhaltenen Altersangaben (D1-D10) und der naheliegenden Annahme, dass lebenden Angehörigen das Alter beigegeben ist, dass sie zum Zeitpunkt der Anfertigung des Epitaphs erreicht hatten. Sein Alter von 28 Jahren hatte der Sohn Johannes Motz, der 1611 45-jährig verstarb, dann im Jahre 1594.

Das Epitaph ist also, wie zu erwarten war, bald nach Hans Motz’ Tod geschaffen worden.

Hans Motz wurde, so muss man durch Rückrechnen erschließen, 1521 geboren. Sein Vater war Kurt Motz, Schmied und Bürgermeister zu Witzenhausen. Von Hans Motz ist ein Amtsbuch erhalten, das überschrieben ist: „Witzenhausen. Exercitia im ambt daselbst, waß sich bei meinem Schultheißen ambt zugetragen.“ Es beginnt im Jahr 1570, das also vermutlich sein erstes Amtsjahr war. Verheiratet war er mit Gele Bernicke, einer Tochter des Hans Bernicke aus Witzenhausen. Von den elf Kindern des Ehepaares überlebten die Söhne Justus und Johannes und die Töchter Elisabeth und Margarethe die Eltern.10)

Dieses Epitaph weist Parallelen auf zu dem des Bodo von Adelebsen in St. Martini zu Adelebsen: Beide zeigen ein Gemälde mit der Familie unterhalb anderer Gemälde biblischen Inhalts, und bei beiden ist der Gesamtaufbau ähnlich.11)


  1. s. Stadtbuch 181 (Nr. 652) und HStAM Bestand Urk. 87 Nr. 2425. Credé 201 schreibt, ohne Belege zu nennen, mit Bezug auf Hans Motz: „Er wird am 1. Februar 1593 als ‚alter Schultheiß‘ bezeichnet und war am 19. November des gleichen Jahres schon verstorben.“
  2. Über Hans Motz und die weiteren Mitglieder dieser bedeutenden Witzenhäuser Familie schreibt ausführlicher Eckhardt, Familien, 130 (1911); 135 (1911); 165 (1911) und ferner Credé, der das Epitaph miteinbezieht. Mitglieder der Familie Motz werden erwähnt in den Inschriften der Kat. Nrr. 49, 60, 64, 77, 94, 126, 131, 136, 137.
  3. s. DI 66 (Lkr. Göttingen) Nr. 196. Ähnlich ist auch das Epitaph des Bürgermeisters Bodo Meier in St. Blasii zu Hann. Münden, das nicht nur ein Gemälde mit der Kreuzigung ins Zentrum setzt, sondern auch als oberste Inschrift ein Tetragramm aufweist, s. DI 66 (Lkr. Göttingen) Nr. 218. Ob die Beziehungen zwischen diesen Werken allein aus der allgemeinen Tradition zu erklären und nicht vielleicht doch enger sind, muss offen bleiben.

Sonstiges:

Die Schriften des Epitaphs sind alle modern, aber wahrscheinlich den Vorlagen angeglichen.

Die Kapitalis (E, F) stimmt genau zur modernen Gedenkinschrift (G), die Frakturen weisen im Fehlen der Schwellzüge etwa beim langen s typische Erscheinungen der modernen Druckfraktur auf.

Inschrift

Umschrift:

Aa) ‫י ְהו ָה‬

B Ich bin die Auferstehung und das Leben, wer an mich gleubet der wird leben

/ ob er gleich stürbe und wer da lebet und gleubet an mich der wird nimmer

sterben.3)

Christus ist mein Leben, sterben ist mein gewin(n).4)

D1 [A⌣Et(ATIS) 28]

D2 A⌣Et(ATIS) [4]2 ·

D3 [A⌣Et(ATIS) 21t(ATIS) 30]

D4 A⌣Et(ATIS) 21

D5 [A⌣Et(ATIS) 1]7

D6 [A⌣Et(ATIS)] 72 ·

D7 A⌣Et(ATIS) 31 ·

D8 A⌣Et(ATIS) 47 ·

D9 A⌣Et(ATIS) 22 ·

D10 A⌣Et(ATIS)73 ·

E MEMEN/TO MO/RI.

F RESPI/CE FI/NEM5)

G VON DER FAMILIE VON MOTZb) / ist dieses Kirchenbild und Andenken

an ihre Voreltern, / welche dasselbe um das Jahr 1590 der Kirche zu / Witzen-

hausen in frommer Gesinnung gewidmet haben / erneuert im Jahre 1892. /

Ephes(er) 6. 2.6)


  1. Der Gottesname ist nicht professionell geschrieben, auch nicht in Quadratschrift, sondern mit stark geschwungenen Linien, die Form ist also Teil der Restaurierung. Darüber hinaus ist das vokalisierte Tetragramm mit über der Zeile gesetztem Šwa versehen, die beiden He sind geschlossen wie Kheth, das Waw zu breit, s. das zweite Motz-Epitaph von 1611 (Kat.-Nr. 136).
  2. Bis hierher Kapitalis, danach Fraktur, alles modern.
  1. Joh 11,25 f.
  2. Phil 1,21.
  3. s. DI 71/I (Trier II/1) Nr. 542 von 1587: Rückübersetzung aus Sir 7,40: „Was du auch tust, bedenke das Ende“; Vulgata: „In omnibus operibus tuis memorare novissima tua“. Explizit Luther-Zitat und Rückübersetzung in Hochdorf a. d. E., vgl. DI 25 (Ludwigsburg) Nr. 394. Die griffige lateinische Formel geht wohl auf den in den zahlreichen Handschriften der Gesta Romanorum cap. 103, hg. von Hermann Oesterley. Berlin 1872, 431, überlieferten und daher weit verbreiteten Hexameter „Quidquid agis, prudenter agas et respice finem“ zurück.
  4. Die Stelle lautet (Vers 3 in Klammern ergänzt): „Ehre Vater und Mutter“, das ist das erste Gebot, das eine Verheißung hat, („auf daß dir’s wohl gehe und du lange lebest auf Erden“).

Übersetzung:

(E) Bedenke, dass du sterben musst.

(F) Denke an das Ende.

Kommentar:

Ergänzungen nach Eckhardt (D1-D10).

Schrift:

Hebräische Schrift (A), Kapitalis (E, F), Moderne Fraktur (B, C), mit Kapitalis (G)

Nachweise

Wappen:

Motz · Bernicke

Bearbeitung:

Die Inschriften des Werra-Meißner-Kreises I : Altkreis Witzenhausen. Gesammelt und bearbeitet von Edgar Siedschlag unter Mitarbeit von Rüdiger Fuchs (Die Deutschen Inschriften 87). 2017, Nr. 94.

Zitierweise
„Hans Motz 1594, Witzenhausen“, in: Grabdenkmäler <https://www.lagis-hessen.de/de/subjects/idrec/sn/gdm/id/2326> (Stand: 20.3.2023)