Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen

Historical Topographic Surveys

Description

Im Modul Historische Kartenwerke werden die Blätter älterer Kartenwerke erschlossen und präsentiert, die im Zuge von Landesaufnahmen oder Landesvermessungen für einzelne Vorgängerstaaten des heutigen Landes Hessen vorwiegend im 19. Jahrhundert entstanden sind. Im Unterschied zu historischen Altkarten, die seit dem ausgehenden Mittelalter und der frühen Neuzeit aus verschiedenen Anlässen und Motiven geografische Ausschnitte des Landes in Einzelkarten oder kleinen Serien als Karten darstellten, beruhen die Historischen Kartenwerke auf exakter Landesvermessung, so dass sie ohne größere Probleme in heutige geografische Koordinaten- und Bezugssystem eingepasst werden können. In den einzelnen Territorien bilden sie zumeist den Ausgangspunkt für die amtliche kartografische Darstellung, die später von den Vermessungs- und Katasterbehörden fortgeführt wurde und heute vom Hessischen Landesamt für Bodenmanagement und Geoinformation für das ganze Land betrieben wird.

Für die landesgeschichtliche und landeskundliche Forschung sind die Historischen Kartenwerke als früheste exakt vermessene, großflächig angelegte Aufnahmen von besonderem Quellenwert. Sie geben Informationen über den Zustand der Siedlungen und der Landschaft zu einem definierten Zeitpunkt oder einem eng begrenzten Zeitraum und erlauben damit nicht nur einen punktuellen, sondern auch einen vergleichenden Zugriff für ganze Regionen. Für die jeweiligen Bearbeitungszeiten geben die Blätter Auskunft über die Lage und Ausdehnung von Städten, Dörfern und Einzelsiedlungen, überliefern die Namen und die Lage von Mühlen, von kirchlichen Plätzen oder anderen herausgehobenen Punkten, zeigen den Verlauf und den Ausbaustand von Chausseen, Straßen und Wegen und lassen die Verteilung von Wald, Offenland und Siedlungsflächen erkennen. Die Kartenblätter überliefern Flur-, Berg- und Gewässernamen in einer frühen amtlich-kartografischen Form und helfen bei der Lokalisierung der damit bezeichneten Lagen in der Gemarkung. In einer Reihe von Fällen bezeugen sie für die Zeit der Vor- und Frühindustrialisierung des Landes gewerbliche und industrielle Anlagen wie Eisengruben, Hüttenwerke oder Eisenhämmer und verzeichnen Ziegeleien, Kalköfen oder Mineralbrunnen.

Um die bisweilen nur schwer zugänglichen Historischen Kartenwerke für einen breiten Nutzerkreis zugänglich zu machen, werden sie – in Absprache mit dem Hessischen Landesamt für Bodenmanagement und Geoinformation – in digitaler Form angeboten und stehen damit für jedermann kostenfrei zur Verfügung. Die einzelnen Blätter der Kartenwerke stehen als Vorschaubild, als Vollbild (JPEG), als PDF-Dateien und in einer Kacheltechnologie namens Zoomify bereit.

Die in den Karten enthaltenen Informationen zu Städten, Dörfern, Siedlungen, Flurnamen und sonstigen Objekten wurden nach den Grundsätzen der quellennahen Datenverarbeitung in einer Datenbank erfasst, so dass sie recherchierbar sind. Für einzelne dargestellte Objekte wurden zudem übergreifende Objektgruppen (z.B. „Kirchliche Objekte“, „Gewerbe, Industrie“) gebildet, damit sie auch bei abweichender Einzelbezeichnung gefunden werden können. Alle in der Datenbank enthaltenen Namen und Objekte können mit Hilfe einer Einfachen Suche oder einer Registersuche (in Kürze) recherchiert werden. In der Ergebnisanzeige wird auf das jeweilige Kartenblatt und das Kartensegment verwiesen, in dem das gesuchte Objekt zu finden ist. Dabei dienen Großbuchstaben als Spaltenbezeichnungen, Ziffern der Zeilenzählung (siehe das Beispiel in der nebenstehenden Abbildung). Die auf einem Kartenblatt enthaltenen Namen und Objekte sind in der Einzelkartenanzeige unter dem Kartenbild aufgelistet. Wo es möglich ist verweist ein Link auf den betreffenden Ortsartikel im Historischen Ortslexikon.

Die Karte vom Herzogtum Nassau (ca. 1819) umfasst das Gebiet des 1806 entstandenen und bis 1866 existierenden Herzogtums Nassau in seinen Grenzen nach dem Wiener Kongress von 1815. Dem Kartenwerk liegt die seit 1814 unter der Leitung des späteren preußischen Generalfeldmarschalls Karl von Müffling (1775-1851) durch preußische Offiziere und Ingenieurgeographen vorgenommene Landesaufnahme zugrunde, mit der die von napoleonischer Herrschaft befreiten Gebiete am Rhein erfasst wurden. Auch die Aufnahme der Gebiete des Herzogtums Nassau im Jahr 1819 wurde – vorwiegend aus militärischen Gründen – von preußischen Vermessern vorgenommen. Die Staatsregierung des Herzogtums erhielt 1820/21 je eine handgezeichnete Kopie der dabei entstandenen Kartenblätter, jedoch mit der ausdrücklichen Auflage, sie geheimzuhalten. Erst 1848 veröffentlichte das Herzogtum – vermutlich ohne dass Preußen zugestimmt hatte – die Karten in einem Schwarz-Weiß-Druck in 200 Exemplaren. Den hier bereitgestellten Digitalisaten liegt das nachträglich kolorierte Exemplar des Hessischen Instituts für Landesgeschichte in Marburg zugrunde.

Die Digitalisate für die Karte der Umgegend von Frankfurt (ca. 1865, Blatt Rödelheim nach 1865) wurden freundlicherweise vom Staatsarchiv Darmstadt zur Verfügung gestellt (HStAD Best. P 1 Nr. 1566). Für das Fürstentum Waldeck und Pyrmont diente die im Institut im Originaldruck vorliegende farbige Ausgabe von 1866 als Vorlage.

Neben den 32 Blättern des Großherzogtums Hessen (Hessen-Darmstadt, 1832-1850) im Maßstab 1:50.000 stehen die 112 Blätter des Kurfürstentums Hessen (Hessen-Kassel, 1840-1861, 1:25.000) mit den Exklaven Schaumburg und Schmalkalden bereit. Für den 1816 aus der Stadt Wetzlar und dem Amt Atzbach gebildeten, 1822 um die Gemeinden des aufgelösten Kreises Braunfels erweiterten Kreis Wetzlar, der bis zum 30. September 1932 als Exklave zur preußischen Rheinprovinz (Regierungsbezirk Koblenz) gehörte, wurde eine im Institut vorliegende Karte berücksichtigt. Sie entstammt der preußischen Aufnahme der Jahre 1841-1855 und setzt sich aus den Nummern 51 Wetzlar, 56 Kraftsolms und 50 Greifenstein (östlicher Teil) zusammen. Die Landgrafschaft Hessen-Homburg ist mit der Karte von dem Landgräflich Hessischen Amt Homburg (ca. 1828, 2 Blätter im Maßstab 1:20.000) vertreten.

Kontakt:

Melanie Müller-Bering
Stefan Aumann
Hessisches Institut für Landesgeschichte, Marburg