Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen

Hessian World War I Primary Sources

↑ Briefwechsel des Roßdorfer Musketiers Joseph Preis mit seiner Mutter, 1914-1915

Abschnitt 7: 1.3.1915: Brief des Joseph Preis aus Gent

Gent, 1. 3. 1915

Liebe Mutter ! Will Euch ein paar Zeilen schreiben, denn viel kann ich nicht schreiben, weil ich Euch erst gestern einen Brief geschrieben habe und [...] Ich habe [...] Tage Schonung gekriegt, Ich bin schon seid drei Wochen nicht richtig in der Reih, aber ich wollte mich nicht krank melden. Vor drei Wochen kriegt ichs in die Ohren, da ging ich ins Revier und da wurde ich barsch angeredet, da fiel mir schon das Herz in die Schuh. Hier soll man überhaupt nicht krank werden und das kann doch vorkommen. Da bin ich nicht wieder hingegangen und nun höre ich auf dem linken Ohr gar nichts mehr. Nun kriegte ich vor vierzehn Tagen zwei schlimme Finger, ich getraute es nicht zu melden. Bis am Samstag war mein Arm schon rothstrifig und geschwollen und hatte Schmerzen an der rechten Seite unter dem Arm. Da ging ich gestern ins Revier, da kriegte (ich) ein Verband um den Arm gelegt, der Sanitätsunterofizier glaubte anfangs es wäre Blutvergiftung. Heute Morgen war der Stabsarzt da, er sagte, es käme von den Fingern und hat sie aufgestochen. Es wird wieder besser, tröstet Euch.

Ach liebes Mütterchen, wenn ich doch wieder Euere liebe Mutterstimme hören könnte. Ach was geht man hier so rau mit uns um. Liebe Mutter, betet, daß wir uns wiederfinden. Wenn ich doch noch ziemlich Geld hätte, daß ich niemand keine guten Worte zu geben brauchte. Liebe Mutter, wenn man krank ist und tut kein Dienst, da wird man nur bös angekukt, da kriegt man das Essen und alles vergönnt. Ich habe ja noch Geld, aber ich will mich doch nicht blank machen. Seht mal, wie Ihr mir am schnellsten und besten Geld schicken könnt. Und schickt mir, daß ichs mal eine Zeitlang abwarten kann. Wenn ich das wüsste, konntet Ihr mir mehr Geld mitgeben oder hättet Stück statt zehn Mark 30 oder 40 gegeben. Der Damm war schlauer, der hat sich gleich 50 Mark mitgenommen. Zum Schlusse seid herzlich gegrüßt von Euerem lieben Sohn Joseph.

[Am Rand:] Schickt das Geld aber nicht zusammen.


[Erhaltern ist außerdem ein Briefumschlag eines Feldpostbriefes von Joseph Preis an seine Mutter vom 2.3.1915 (Poststempel vom 5.3.1915)]


Persons: Preis, Joseph · Preis, Anna
Recommended Citation: „Briefwechsel des Roßdorfer Musketiers Joseph Preis mit seiner Mutter, 1914-1915, Abschnitt 7: 1.3.1915: Brief des Joseph Preis aus Gent“, in: Hessische Quellen zum Ersten Weltkrieg <https://www.lagis-hessen.de/en/purl/resolve/subject/qhg/id/74-7> (aufgerufen am 25.04.2024)