Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen

Hessian World War I Primary Sources


Contents

  1. Heftige Kämpfe westlich von Mouzon
  2. Weiteres Vorgehen in Richtung Marne

↑ Engelbach, Der Uebergang der 25. Reserve-Infanterie-Division über die Maas bei Mouzon am 28. August 1914

Abschnitt 1: Heftige Kämpfe westlich von Mouzon

[Sp. 357]
Der Uebergang der 25. Reserve-Inf.-Division über die Maas bei Mouzon am 28. August 1914.

Vom Reservisten Engelbach aus Eckelshausen1 (83. Res.-Inf.-Rgt.).

G.C.2 Nach der Schlacht bei Neufchateau3 am 22. August 1914, die für uns siegreich ausging, verfolgten wir den Feind in südwestlicher Richtung. Viele Straßen- und Waldgefechte gab es auf diesem Verfolgungsmarsch; dabei wurde häufig, besonders in Belgien, aus Häusern geschossen. Viele Häuser waren mit Schießlöchern versehen, besonders bemerkte man diese in den Dächern.

Am 27. August waren wir im Anmarsch auf Sedan4. Unterwegs kam die Meldung, daß Sedan vom Feinde geräumt sei und der Befehl, weiter südlich vorzugehn.

Am 28. August frühmorgens marschierten wir (das Res.-Inf. Rgt. 83)5 weiter und kamen ungefähr um ½ 7 Uhr in Mouzon6 an. Hier hatten unsere Pioniere in der Nacht Brücken über die Maas gebaut, denn die Franzosen hatten alle ihre Brücken gesprengt. Auch hatten die Pioniere eine gesprengte Brücke zu einer Notbrücke ausgebessert. Es vollzog sich alles lautlos und in größter Eile. Sämtliche Telephon- und Telegraphendrähte waren durchschnitten; Balken lagen auf den Straßen, hier und da sahen wir Zivilbevölkerung. Wir marschierten, wie es die Sicherheit verlangt, zwei Mann links, zwei Mann rechts der Straße durch die Stadt und kamen ohne jeglichen Vorfall durch dieselbe in die hinter Mouzon liegenden engen Waldtälchen. Auf der Hauptstraße weitermarschierend, kamen unsere Kavalleriepatrouillen zurück und meldeten: „Der Wald ist zu beiden Seiten der Straße stark besetzt!" Wir marschierten jetzt noch eiliger auf derselben Straße, dem Wald rasch näher kommend, etwa 300 m weiter, als plötzlich eine Granate, auf die gleich noch mehrere folgten, am Straßenrand einschlug. Die ersten Granaten schadeten uns nichts. Wir bogen gleich in Zügen links von der Straße ab und stürmten dem vor uns liegenden Walde zu. Das Granat- und Schrapnellfeuer verfolgte uns weiter, auch in den Wald hinein. Stellenweise war der Wald abgeholzt, der größte Teil war jedoch mit dichtem Unterholz und Schlingpflanzen bewachsen, sodaß uns das Ersteigen desselben sehr schwer und gefährlich wurde. Viele Kameraden sind in diesem Walde elend umgekommen oder vermißt worden. Nach manchen überwundenen Schwierigkeiten kamen wir ganz ermattet auf dem Gebirgskamm an. Hier trafen wir mit dem Res.-Inf.-Rgt. Nr. 1187 zusammen, das von gleichem Schicksal ereilt worden war. Ein Befehl ging durch: „Niemand darf aus dem Wald!" Alles war in höchster Spannung, uns es wohl heute noch werden sollte.

Als es etwas später war, und das feindliche Feuer zu ungeheuer wurde, kam der Befehl: „Vorgehen zum Angriff!" Da der ganze Wald, besonders aber der Waldrand, unter feindlichem Feuer standen, hatten wir bei diesem Vorgehen erhebliche Verluste; mancher Kamerad hauchte hier sein junges Leben aus. An Hilfe war für diese Leute hier nicht zu denken. Der Kampf begann mit aller Heftigkeit; alles staunte über die Treffsicherheit der feindlichen Artillerie. Alle unsere Bewegungen wurden bemerkt und wir wurden fast mit feindlichem Artilleriefeuer überschüttet. Dieses steigerte sich zum höchsten Grad, als unsere Artillerie und Maschinengewehre, die sich durch das ungeheure, gutgezielte Feuer vorerst nicht entwickeln konnten, einsetzten. Jetzt war an ein Vor- oder Zurückgehen gar nicht zu denken; ein jeder mußte auf seinem Platz aushalten. Manches Gebet stieg in diesen sehr ernsten und kritischen Stunden zum Himmel empor.


  1. Ein Vorname wird beim Abdruck nicht angegeben. Im Reservistenalter (Geburtsjahrgänge 1884-1893) waren in Eckelshausen 6 Männer mit dem Nachnamen Engelbach.
  2. Das Kürzel "G.C." steht für eine Genehmigung des Abdrucks durch die Zensurstelle des Stellvertretenden Generalkommandos in Kassel.
  3. Neufchâteau, Stadt in der belgischen Provinz Luxembourg, südwestlich Bastogne. An der zu den Grenzschlachten gehörenden Schlacht bei Neufchâteau am 22. und 23. August 1914 nahm die 25. Reserve-Infanterie-Division als Teil der 50. Reserve-Infanterie-Brigade teil.
  4. Französische Stadt an der Maas, Ort des entscheidenden Sieges der deutschen Armee im Deutsch-Französischen Krieg von 1870/71.
  5. Das Reserve-Infanterie-Regiment Nr. 83 aus Kassel.
  6. Französische Gemeinde an der Maas im Département Ardennes.
  7. Das Reserve-Infanterie-Regiment Nr. 118 war in Worms zusammengestellt worden.

Persons: Engelbach, Reservist
Places: Maas · Mouzon · Eckelshausen · Neufchâteau · Belgien · Sedan · Kassel · Bastogne · Worms
Keywords: Reservisten · 25. Reserve-Infanterie-Division · Reserve-Infanterie-Regiment Nr. 83 · Franktireurs · Pioniere · Franzosen · Brückensprengungen · Kavallerie · Granaten · Schrapnells · Reserve-Infanterie-Regiment Nr. 118 · Gefallene · Maschinengewehre · Stellvertretendes Generalkommando · 50. Reserve-Infanterie-Brigade · Deutsch-Französischer Krieg 1870-1871
Recommended Citation: „Engelbach, Der Uebergang der 25. Reserve-Infanterie-Division über die Maas bei Mouzon am 28. August 1914, Abschnitt 1: Heftige Kämpfe westlich von Mouzon“, in: Hessische Quellen zum Ersten Weltkrieg <https://www.lagis-hessen.de/en/purl/resolve/subject/qhg/id/131-1> (aufgerufen am 25.04.2024)