Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen

Hessian World War I Primary Sources

↑ Karl Spieß, Die Mobilmachung in Biedenkopf und die Kriegsmonate bis März 1916

Abschnitt 13: Abschnitt 13

[Sp. 247-248]
Und bald darauf treffen für manche unserer Mitbürger ernstem traurige Nachrichten ein. Feindliches Geschoß hat Söhne unserer Stadt leicht und schwer verwundet. Draußen im Lazarett liegen sie und warten mit Ungeduld auf ihre Genesung, auf den Tag, der sie in die Reihen der Kameraden zurückführt. Andere unserer lieben Vaterlandsverteidiger aber haben die Kugeln des Feindes tödlich getroffen. Was anfangs flüsternd von Haus zu Haus getragen wurde, wird allmählich zur tiefernsten Wahrheit. Lehrer Wolle, aus dem benachbarten Wolfgruben, ein auch hier wohlbekannter und gern gesehener Mann, reich an musikalischer Befähigung, ist der erste, dessen Heldentod gemeldet wird. Er fiel als Unteroffizier im Reserve-Infanterie-Regiment 83 am 28. August im Gefechte bei Yoncq. Schon kurz zuvor, am 22. August, hatte Georg Gilbert, Infanterist im Regiment 87, den Sohn einer angesehenen Biedenköpfer Familie, in den Gefechten bei Ochamps, Matton pp. ein Schuß durchs Herz dahingestreckt, an demselben Tage, an dem auch Vizefeldwebel der Res. im Infanterie-Regiment 168 Oberlehrer Wild zu Offenbach (Main), der Sohn des verstorbenen, hochachtbaren Buchhalters der Karlshütte Gustav Adolf Wild, den Heldentod fürs Vaterland erlitt. Ihnen folgte a 3. September der pflichttreue Briefträger Julius Kaufmann, Unteroffizier im Res.-Inf.-Reg. 83. Zwei angesehene Beamte des hiesigen Amtsgerichts fielen an einem und demselben Tage, am 15. September: der Reserveleutnant im Res.-Inf.-Regiment 83, Gerichtsassessor Carl Eschmann, der seit dem Jahre 1909 hier tätig war und sich allgemeiner Beliebtheit erfreute und der im Jahre 1911 hierher berufene Vizefeldwebel der Res. im gleichen Regiment Gerichtsaktuar Fritz Wagner, de rnoch wenige Tage vor seinem Ausrücken mit der Tochter des Metzgermeisters Zimmermann die Ehe eingegangen war. Wenige Tage später fielen auf dem Felde der Ehre der Bierbrauer Karl Schäfer, Jäger im 11. Jägerbataillon, und sein Bruder, Vizefeldwebel im Leibgarderegiment 115, Diplom-Ingenieur Otto Schäfer, beide Söhne des Bierbrauereibesitzers Adolf Schäfer. Wir betrauern die Toten aufrichtig, sie fielen fürs Vaterland und ihre Namen werden unvergessen sein. Doch darf das Leid, das uns erfüllt, uns nicht aufhalten in der Erfüllung der pflichten, die wir, als die Zurückgebliebenen, dem Vaterlande schulden.

Unser Schützenverein unterzieht sich der dankbaren Aufgabe, die zum Militärdienst ausgehobenen und in den nächsten Tagen einrückenden Mannschaften mit der Handhabung des Militärgewehres vertraut zu machen. Die Bemühungen des Vereins sind von sichtbarem Erfolg gekrönt. Aber nicht nur um die in diesen Tagen in den Heeresdienst tretenden Rekruten handelt es sich, auch die jüngere Jugend soll militärisch ausgebildet [Sp. 248] werden, soweit es ohne Waffenführung möglich ist, eine zweckmäßige und wohlverständliche Anordnung von hoher Stelle. Der Aufruf, der zu diesem Zwecke erlassen wird, verhallt nicht. Es finden sich junge Leute in genügender Zahl zusammen und ebensowenig mangelt es an geeigneten Führern, die sich die Ausbildung der „Kriegsjugendwehr“ angelegen sein lassen. Herr Oberförster Leyendecker übernimmt das Oberkommando und leitet die Mittwochs und Sonntags stattfindenden Uebungen. Außer ihm erwirbt sich besonders Verdienst im die Ausbildung der Schützen und der Jugendwehr Kreisassistent Simon.


Recommended Citation: „Karl Spieß, Die Mobilmachung in Biedenkopf und die Kriegsmonate bis März 1916, Abschnitt 13: Abschnitt 13“, in: Hessische Quellen zum Ersten Weltkrieg <https://www.lagis-hessen.de/en/purl/resolve/subject/qhg/id/1-13> (aufgerufen am 06.05.2024)