Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen

Synagogen in Hessen

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5118 Marburg
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Kurfürstentum Hessen 1840-1861 – 60. Marburg

Goßfelden Karten-Symbol

Gemeinde Lahntal, Landkreis Marburg-Biedenkopf — Von Susanne Gerschlauer
Basic Data | History | Betsaal / Synagoge | Weitere Einrichtungen | References | Indices | Recommended Citation
Basic Data

Juden belegt seit

1636

Location

35094 Lahntal Ortsteil Goßfelden, Am Bornrain 1 | → Lage anzeigen

preserved

nein

Gedenktafel vorhanden

nein

Weitere Informationen zum Standort

Historical Gazetteer

History

Seit 1273 übten die Deutschordensherren die Ortsherrschaft über den südlich der Lahn gelegenen Teil Goßfeldens aus. Ende des 15. Jahrhunderts erweiterte König Maximilian I. das bisherige Gerichtsrecht der niederen und hohen Gerichtsbarkeit der Deutschordensherren auf Galgen- und Stockgericht. Die hohe und niedere Gerichtsbarkeit Goßfeldens teilen sich im 16. Jahrhundert bis 1809 der Deutsche Orden für den südlichen Teil und die landgräflichen Schultheißen aus Marburg und Wetter für den nördlichen Teil.1 Nach 1809 ging Goßfelden in Kurhessen auf.

Bereits 1636 wird mit Simon, Jude zu Goßfelden, ein im Ort lebender Jude erwähnt. Mehr als vier jüdische Familien gleichzeitig durften nach einer Auflage des Deutschen Ordens nicht im Dorf aufgenommen werden.2 1788 lebten drei Juden und Jüdinnen in Goßfelden, 1835 waren es 18 Personen.3 1861 wohnten im Ort 25, in der Nachbargemeinde Caldern 17, im benachbarten Sterzhausen neun Juden. Um 1913 lebten in Goßfelden 15 Juden, in den beiden anderen Gemeindeteilen 26. 1932 war die Zahl der in den einzelnen Orten lebenden Juden weiter gesunken. In Goßfelden lebten noch 14, in Caldern keine und in Sterzhausen noch sechs Angehörige jüdischen Glaubens.4

Vermutlich bestand bereits um 1700 eine selbständige jüdische Gemeinde in Goßfelden.

Gemeinsam mit den Juden aus dem ca. zehn Kilometer westlich liegenden Caldern, dem etwa vier Kilometer westlich liegenden Sterzhausen und zunächst auch den Juden aus dem etwa sieben Kilometer nördlich gelegenen Wetter bildeten die Goßfeldener möglicherweise schon im 18. Jahrhundert bis um 1880 eine eigene Synagogengemeinde mit Sitz in Goßfelden. Eine um 1861 von Sterzhausener und Calderner Juden geplante Verlegung des Gemeindemittelpunktes und Synagogenstandortes nach Sterzhausen scheiterte u.a. an finanziellen Möglichkeiten.5 Um 1880 wurde der Hauptsitz der Religionsgemeinde nach Wetter verlegt, wo eine neue Synagoge errichtet worden war.6 Um 1910 separierten sich die Goßfeldener mit den Caldener und Sterzhäuser Juden zu einer eigenen Gemeinde mit Sitz in Goßfelden. Diese Religionsgemeinde bestand etwa für zehn Jahre, bevor die ihr angegliederten Jüdinnen und Juden aufgrund erheblich schwindender Mitgliederzahlen erneut der Synagogengemeinde Wetter beitraten. William Goldschmidt versah nach der Wiederzusammenlegung mit der jüdischen Gemeinde Wetter das Amt des Vorsitzenden der Goßfeldener Juden.

Wie in Dörfern ähnlicher Größe und Struktur lebten auch in Goßfelden die jüdischen Bürger überwiegend vom Handel (Vieh, Textilien, Kleinwaren).

Die formale Auflösung der Gemeinde erfolgte vermutlich Anfang der 1920er Jahre.7

Bis auf zwei jüdische Goßfeldener Familien waren um 1933 alle Juden aus dem Ort weggezogen. Dabei gelang es einigen ins Exil in die USA zu fliehen, andere verzogen innerhalb Deutschlands. Die sieben Angehörigen der noch über 1940 hinaus im Dorf verbliebenen Familie Lilienstein wurden nach ihrer Deportation in die Ghettos nach Riga und Theresienstadt bzw. direkt nach Sobibor und Stutthof gebracht. Alle wurden ermordet.8

Betsaal / Synagoge

Die Synagogengemeinde Goßfelden nutzte bereits 1718 einen Raum zur regelmäßigen Abhaltung von Gottesdiensten.9

Seit etwa 1812 nutzte die Synagogengemeinde Goßfelden zwei gemietete Räume zur Abhaltung ihrer Gottesdienste in einem ansonsten als privates Wohnhaus der Familie Liebmann genutzten Gebäude mit der Hausnummer 20. Die Eigentümer des Gebäudes waren um die Mitte des 19. Jahrhunderts die Familie Lilienstein.10 Die Gottesdienste wurden in zwei Räumen im Obergeschoss des Hauses abgehalten. Vermutlich diente ein Raum als Frauenraum, der andere für den Thoraschrein mit Vorbeterpult sowie die Männerplätze. Nach Scheitern der Verlegung von Synagoge und Gemeindemittelpunkt nach Sterzhausen 1861 wurde der Synagogengemeinde eine Erweiterung der bisher genutzten Räume durch Umbau vom zuständigen Baumeister Regenbogen zugestanden. Die hierdurch gewonnenen acht Sitzplätze für Männer brachten vermutlich nur geringe Entlastung der Räume.

Genauere Angaben zur inneren Ausstattung und Lage des Betraums liegen bisher nicht vor.

Weitere Einrichtungen

Schule

Bis sie nach Wetter zum Religionsunterricht gingen, wurden die jüdischen Kinder der Synagogengemeinde um 1861 in einem gemieteten Raum in einem ansonsten als Privathaus genutzten Gebäude in Sterzhausen unterrichtet. Der Religionslehrer wohnte in Sterzhausen.11

Cemetery

Die Verstorbenen der Synagogengemeinde Goßfelden wurden auf dem etwa 2.000 Quadratmeter großen jüdischen Friedhof in Wetter beigesetzt.12 Er diente seit Mitte des 18. Jahrhunderts für die Verstorbenen der Synagogengemeinde als Begräbnisplatz.

Wetter, Jüdischer Friedhof: Datensatz anzeigen

References

Weblinks

Sources

Bibliography

Fußnoten
  1. Ortsartikel Goßfelden in LAGIS, Historisches Ortslexikon (siehe Link oben)
  2. Freundlicher Hinweis von Herrn Dr. Langkabel, HStAM.
  3. Ortsartikel Goßfelden in LAGIS, Historisches Ortslexikon (siehe Link oben); Ortsartikel Goßfelden auf Alemannia Judaica (s. Weblink)
  4. Ortsartikel Goßfelden auf Alemannia Judaica (s. Weblink)
  5. HStAM 19, h 555
  6. Arnsberg, Jüdische Gemeinden 1, S. 363; Ortsartikel Goßfelden auf Alemannia Judaica (s. Weblink)
  7. Ortsartikel Goßfelden auf Alemannia Judaica (s. Weblink)
  8. Gedenkbuch Bundesarchiv (s. Weblink)
  9. HStAM 106 a, 47a/12
  10. Website Förderverein Synagoge Wetter(s. Weblink)
  11. HStAM 19, h 555
  12. Ortsartikel Goßfelden auf Alemannia Judaica (s. Weblink); HStAM 180 Marburg, 834
Recommended Citation
„Goßfelden (Landkreis Marburg-Biedenkopf)“, in: Synagogen in Hessen <https://www.lagis-hessen.de/en/purl/resolve/subject/syn/id/117> (Stand: 26.4.2022)