Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen

Synagogen in Hessen

Outline map of Hessen
Ordnance Map
5414 Mengerskirchen
Modern Maps
Kartenangebot der Landesvermessung
Historical Maps
Herzogtum Nassau 1819 – 13. Seck
  • Vorschaubild
  • Vorschaubild
  • Vorschaubild

Frickhofen Karten-Symbol

Gemeinde Dornburg, Landkreis Limburg-Weilburg — Von Wolfgang Fritzsche
Basic Data | History | Betsaal / Synagoge | Weitere Einrichtungen | References | Indices | Recommended Citation
Basic Data

Juden belegt seit

1. Hälfte 18. Jahrhundert

Location

65599 Dornburg, Ortsteil Frickhofen, Egenolfstraße 17 | → Lage anzeigen

Rabbinat

Weilburg

preserved

ja

Gedenktafel vorhanden

nein

Weitere Informationen zum Standort

Historical Gazetteer

History

Das urkundlich 809 erstmals erwähnte Frickhofen kam 1337 zunächst an Nassau, um anschließend zu den Territorien unterschiedlicher Häuser zu gehören. Ab 1717 stand es abermals im Besitz des Hauses Nassau und war Bestandteil des 1790 gebildeten Amts Ellar. Nach 1866 gehörte es zu Preußen. Zum 1. Februar 1971 schlossen sich Frickhofen, Dorndorf und Wilsenroth zu der Gemeinde Dornburg zusammen.

Wann genau die ersten Juden nach Frickhofen kamen, ist noch ungeklärt. Aus der Zeit des Dreißigjährigen Krieges finden sich vereinzelt Nachweise, so beispielsweise 1641, als Moses aus Frickhofen bei seiner Herrschaft mit der Bitte um Verlegung seines Wohnsitzes einkam. Seine Wohnung war mehrfach von der Soldateska geplündert worden und er war bereits nach Hadamar umgezogen. Zudem bemerkte er, dass sich auf den Dörfern wegen des Krieges keine Juden mehr aufhielten. Der temporäre Umzug wurde ihm gestattet, allerdings mit der Auflage, spätestens nach einem Jahr, oder sobald die Kriegswirren nachgelassen hätten, seinen eigentlichen Wohnsitz wieder zu beziehen.1

Erst aus der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts liegen gesicherte Nachrichten vor. Nach 1717 hatte sich auch formal in Ellar eine Synagogengemeinde gebildet, zu der die jüdischen Bewohner Frickhofens zählten. 1723 lebt sechs jüdische Familien im Amt Ellar, je zwei zu Ellar, Frickhofen und Langendernbach.2 1746 besaßen allerdings bereits vier Personen einen Schutzbrief: Salomon Katz, Moses Katz, Süssel und Falck. Sie alle verfügten über Schutzbriefe, die in diesem Jahr verlängert wurden.3 Das heißt, sie müssen bereits in den 1730er Jahren oder vorher zugezogen sein.

1816 lebten in Frickhofen die Witwe des Nathan samt ihrer beiden Söhne Salomon und Heyum, Lazarus Nathan, Salomon Benjamin und Süßkind Heilbronn.4 In diesem Jahr richtete man sich im Haus des Lazarus Nathan einen eigenen Betsaal ein und stellte seitdem immer wieder Anträge zur Genehmigung dieser Winkelsynagoge und seit 1896 sogar Abtrennung von der Muttergemeinde. Die Genehmigung zur Bildung einer eigenen Gemeinde wurde wohl erst 1913 erteilt, 1932/33 wurde sie als zur Gemeinde Langendernbach gehörend bezeichnet.5

Die Zahl der in Frickhofen lebenden Juden lag 1843 bei 47. 1895 erreichte sie mit 55 Personen ihren höchsten Stand, was etwa 3,7 Prozent der Gesamtbevölkerung ausmachte.

Sechs jüdische Soldaten aus Frickhofen nahmen am Ersten Weltkrieg teil. Die Namen der beiden Gefallenen sind auf dem Kriegerdenkmal festgehalten.

1936 lebten noch 36 jüdische Menschen im Ort. Am 9. November 1938 versammelten sich SA-Leute aus Langendernbach in einer örtlichen Gaststätte in Frickhofen, um anschließend die Synagoge zu zerstören. Zudem überfiel man auch die Wohnungen der jüdischen Einwohner und nahm die Männer in sogenannte Schutzhaft.6

2003 wurde eine Gedenktafel am Rathaus angebracht.

Betsaal / Synagoge

Besuchten die jüdischen Bewohner von Frickhofen zunächst die Synagoge in Ellar, begannen schon im frühen 19. Jahrhundert Bestrebungen, sich von der Muttergemeinde zu lösen. Bereits um 1816 richtete man in Frickhofen einen Betraum ein, eine Winkelsynagoge, ohne diese offiziell genehmigen zu lassen und erwarb dafür auch eine Thora. Der dafür notwendige Antrag wurde 1821 erstmals gestellt und anschließend mehrfach abgelehnt, bis der Betraum 1834 endgültig verboten wurde. Er befand sich seit etwa 1816 im Obergeschosses des Hauses von Lazarus Nathan, der weiter ausführte, die Erlaubnis zur Einrichtung einer Betstube für Winkelgottesdienste sei ihm vom Vorsteher der Gemeinde in Ellar erteilt worden, weil man die Gemeindebeiträge weiterhin dorthin entrichtete. Trotz wiederholter Verbote bestand der Betraum weiter. Um Minjan zu erreichen, bezahlte man zeitweise auswärtige Teilnehmer für ihren Besuch. Als Begründung für die Verselbstständigung wurden immer wieder der weite Weg nach Ellar und der schlechte Zustand der dortigen Synagoge angeführt.7

Mitte des 19. Jahrhunderts beschäftigte diese Auseinandersetzung abermals die Beamten der Regierung und des Amtes, die auch den Bezirksrabbiner Wormser einschalteten. Man hatte die Synagoge in Ellar besichtigt und war einhellig zu dem Schluss gekommen, dass sie keinesfalls für alle Mitglieder des Synagogenbezirks ausreiche. Es wurde dringend empfohlen, einen Neubau anzuordnen und gleichzeitig den in Frickhofen und Langendernbach lebenden Juden zu gestatten, „sich noch außerdem eine Privat-Synagoge an einem der genannten Orte, auf eigene Kosten herzurichten, ohne jedoch in irgend einer Beziehung von ihren Verpflichtungen gegen die Mutter-Gemeinde und Synagoge entbunden zu werden.“8

Über das Aussehen der Synagoge liegen unterschiedliche Nachrichten vor: Laut Entschädigungsakte handelte es sich um einen massiven Backsteinbau, der 1891 erworben worden und 1909/10 innen und außen umfassend saniert worden war. 1938 soll sie sich in gutem Zustand befunden haben und Platz für 21 Männer und 12 Frauen geboten haben. Zu ihrer Ausstattung zählten eine Garderobenvorrichtung für 35 Einheiten, ein Thoraschrein mit Altaraufbau (holzgeschnitzt), ein Vorleserpult mit Wickelbank und zwei silberne Leuchter, eine 2 x 2 Meter große Gedenktafel aus Marmor, ein Kronleuchter, vier Leuchter am Thoraschrein, vier gute Teppichbrücken und ein Schrank für Kultgeräte. Diese bestanden aus drei Thorarollen, drei Thorakronen, sechs silbernen Thoraschildern mit Inschriften für die verschiedenen Feste, zwei silbernen und zwei ledernen Lesefingern. Zudem lagerten dort 20 goldbestickte Thoramäntel, 70 handbemalte Wimpel, zwei Thoraschreinvorhänge aus rotem und weißen Samt mit Goldstickerei, sieben Decken für das Vorlesepult, 33 Decken für die Sitzplätze aus weißer Seide, eine vergoldete Ewige Lampe, eine silberner siebenarmiger Leuchter, ein Chanukkaleuchter aus versilbertem Nickel, zwei kleine Jahrzeitleuchter, zwei Weinbecher aus getriebenem Silber mit Monogramm, eine Hawdallahgarnitur aus Silber, eine Megillah mit Mantel, zwei Schofarhörner, 15 Gebetsmäntel, zehn Paar Gebetsriemen, 100 Gebetbücher, 20 Sätze Festgebetbücher, 20 Pentateuche, 15 Bände Talmud, ein Satz Aufrufplatten sowie eine silberne Etrogbüchse.

Einige der entwendeten Bücher, ausschließlich solche in hebräischer Schrift, wurden bei der Gemeindeverwaltung „sichergestellt“ und 1951 an Feodor Rosenthal in Haifa übergeben.9

Laut Auskunft des Bürgermeisters und einer 1961 vernommenen Zeugin handelte es sich dagegen um einen alten Fachwerkbau in schlechtem Zustand, der schon seit 1933 nicht mehr genutzt worden sei. Stattdessen hätten die jüdischen Bewohner die Synagoge in Langendernbach besucht. Im Inneren des Gebäudes soll sich eine Holztreppe befunden haben, die auf die Empore führte. „Der Altar bestand aus einem schrankartigen Gestell, ohne jede Schnitzerei und Zierrat. Eine Petroleumlampe, wie man sie von alters her kennt, war die Lichtquelle. Die Synagoge war weder an das Lichtnetz noch an die Wasserleitung angeschlossen. Außer der erwähnten Lampe waren noch zwei dreiarmige Metallleuchter für Kerzen vorhanden. […] Das ganze Innere bot ein Bild der Armut.“10

In der Pogromnacht wurde die Inneneinrichtung der Synagoge zerstört und auf der Straße verbrannt. Nur aufgrund der dichten Nachbarbebauung entging das Gebäude der Brandschatzung.

Nach der Pogromnacht erwarb ein Nachbar das Gebäude vom Finanzamt und baute es zu einem Wohnhaus um. Dieser Umbau zerstörte jeden Hinweis auf die vormalige Nutzung.

Weitere Einrichtungen

Mikwe

1837 befand sich in Frickhofen eine Mikwe in „einem durchaus gesundheitswidrigen Zustande“11. Es wurde angeordnet, diese mit sofortiger Wirkung zu schließen und die Gemeinden anzuhalten, „Badezimmer, welche gewärmt und auch mit Leichtigkeit gereinigt werden können, anzulegen“. In Hadamar gab es zu diesem Zeitpunkt bereits eine derartige moderne Einrichtung. Leider ist nicht bekannt geworden, wo sich die Mikwe befunden hat. Spätestens ab 1839 benutzten „die Judenweiber [...] besondere Badebütten, welche sie in vorgewärmte Zimmer stellen können“12.

Schule

Besuchten die Kinder zunächst die Schule in Ellar, stellten ihre Eltern um 1816 einen eigenen Lehrer ein, der nunmehr Unterricht in Frickhofen erteilte. Dieser Unterricht wird entweder in der Lehrerwohnung oder im Haus von Lazarus Nathan stattgefunden haben, wo sich zu dieser Zeit auch die Winkelsynagoge befand. 1811, im Zuge der Auseinandersetzungen wegen Einrichtung der Winkelsynagogen erging die Auflage, dass die jüdischen Kinder die Elementarschule ihrer Wohnorte zu besuchen hatten. Für den Religions- und Hebräischunterricht durfte ein Privatlehrer eingestellt werden. Die besagten Auseinandersetzungen führten schließlich dazu, dass der Bezirksrabbiner Wormser im Mai 1865 einen Nutzungsplan entwarf: Demnach sollte im Wintersemester sonntags ganztägig Unterricht in Bergebersbach stattfinden, montags ganztägig in Ellar, mittwochs ganztägig in Lahr, donnerstags ganztägig in Frickhofen und Freitag vormittags in Hausen. Im Sommersemester fand Unterricht sonntags ganztägig in Ellar statt, montagvormittags in Frickhofen, nachmittags in Langendernbach, mittwochs ganztägig in Ellar, Donnerstag vormittags in Lahr und nachmittags in Hausen und Freitag vormittags wieder in Ellar.13

Von 1913 bis 1938 besuchten die Kinder den Religionsunterricht in Hadamar.

Cemetery

Zunächst wurden die in Frickhofen verstorbenen auf dem Friedhof in Ellar bestattet. Nach Einrichtung der Filialgemeinde entstand um 1917 ein neuer Friedhof zwischen Frickhofen und Langendernbach. Die erste Bestattung war für Sally Michel, der 1917 verstarb. 1938 wurden einige Grabmale umgeworfen, die bis 1949 wieder aufrichtet waren. Insgesamt finden sich dort 22 Bestattungen aus Frickhofen und Langendernbach. Um 1970 wurde der Friedhof unter aktiver Mitwirkung von Walter Heilbrunn und Fedor Rosenthal neu gestaltet: Sämtliche Grabsteine wurden beiseite geräumt, die Friedhofsfläche auf etwa ein Drittel verkleinert, ein zentraler Weg angelegt, die Grabflächen mit Marmorplatten eingefasst und die Gräber mit neuen Namensplatten ebenfalls aus Marmor versehen.14 Wenige Jahre später wurden die außen verbliebenen alten Grabsteine auf das Gelände verbracht.

Ellar, Jüdischer Friedhof: Datensatz anzeigen
Frickhofen, Jüdischer Friedhof: Datensatz anzeigen

Grabstätten

Ellar, Jüdischer Friedhof: Grabstätten anzeigen

References

Weblinks

Sources

Bibliography

Illustrations

Fußnoten
  1. HHStAW 171, J 679
  2. Rudersdorf, Im Schatten der Burg, S. 317
  3. HHStAW 171, J 679
  4. HHStAW 225, 7
  5. HHStAW 503, 7363
  6. Hecker, 1200 Jahre Frickhofen, S. 18
  7. HHStAW 225, 9
  8. HHStAW 225, 9
  9. HHStAW 518, 1236
  10. HHStAW 518, 1236
  11. HHStAW 225, 7
  12. HHStAW 225, 7
  13. Rudersdorf: Im Schatten der Burg. S. 323
  14. Hecker, 1200 Jahre Frickhofen. S. 23
Recommended Citation
„Frickhofen (Landkreis Limburg-Weilburg)“, in: Synagogen in Hessen <https://www.lagis-hessen.de/en/purl/resolve/subject/syn/id/195> (Stand: 22.7.2022)