Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen

Synagogen in Hessen

Outline map of Hessen
Ordnance Map
4725 Bad Sooden-Allendorf
Modern Maps
Kartenangebot der Landesvermessung
Historical Maps
Kurfürstentum Hessen 1840-1861 – 25. Allendorf

Frankershausen

Gemeinde Berkatal, Werra-Meißner-Kreis — Von Karl Kollmann
Basic Data | History | Betsaal / Synagoge | Weitere Einrichtungen | References | Indices | Recommended Citation
Basic Data

Juden belegt seit

um 1600

Location

Wolfteroder Straße 1, vormals: Lehmkaute

Rabbinat

Kassel

preserved

nein

Jahr des Verlusts

1940

Art des Verlusts

Abbruch

Gedenktafel vorhanden

nein

Weitere Informationen zum Standort

Historical Gazetteer

History

Das Dorf Frankershausen, heute zur Gemeinde Berkatal gehörig, wird erstmals im Jahr 876 urkundlich erwähnt. Über Jahrhunderte hinweg war es in einen landgräflich-hessischen und einen adligen von Dörnbergischen Anteil geteilt. Ende des 16. Jahrhunderts waren 51 Haushaltungen Dörnbergisch, 44 hessisch. Die Teilung des Dorfes wirkt sich auf die Quellenlage aus, da der hessische Anteil sehr gut und der dörnbergische mehr oder weniger lückenhaft dokumentiert ist.

Mit Moses, David und Salomon werden um 1600 die ersten drei namentlich bekannten Juden in Frankershausen genannt.1 1622 lebten hier 17 Juden in vier Familien; danach schweigen die Quellen. Von 1648 bis 1691 war der Jude Abraham im Dorf wohnhaft, 1660 und 1662/63 kamen weitere hinzu, von denen einer (Liebman) umgehend unter die Dörnbergischen Hintersassen zog, aber bereits 1666 zu den landgräflichen zurückkehrte.2 Dies Beispiel verweist auf die Möglichkeit, dass sich unter dem dörnbergischen Anteil des Dorfes noch weitere Juden aufhielten. Ab 1699 ist der 1739 verstorbene, aus Karnenetz-Podolsk stammende Ruben Plaut nachweisbar. Seine Familie hat sich mit mehreren Zweigen bis ins 20. Jahrhundert im Ort gehalten. Nach einer Notiz von 1693 waren die Frankershäuser Juden zu den allgemeinen Abgaben an die christliche Pfarrei mit verpflichtet.3

1744 umfasste die Gemeinde zehn Familien, die überwiegend dem im Meißnervorland heimischen Kleinhandel nachgingen.4 Im frühen 19. Jahrhundert gingen bereits mehrere Juden aus dem Dorf traditionellen Handwerksberufen wie Schneider, Schuhmacher und Weber nach. Entsprechend den örtlichen Verhältnissen mag eine Nebenerwerbslandwirtschaft hinzugekommen sein.5 Dies wird bestätigt durch eine Auflistung der jüdischen Bevölkerung aus dem Jahr 1858. Damals gingen zehn Juden ihrem Handelsgeschäft mit unterschiedlichen Waren nach; zwei von ihnen mit etwas Landwirtschaft. Ferner gab es drei Metzger, zwei Taglöhner bzw. Lumpensammler und je einen Schächter, Lehrer, Mützenmacher und Bettenmacher. In 26 Familien bzw. 17 Häusern lebten 81 Personen.6 Die Bevölkerungsentwicklung im 19. Jahrhundert entspricht der anderer kleiner Dorfgemeinden mit einer rückläufigen Tendenz zum Ende des Jahrhunderts.

1933 waren in Frankershausen noch 25 Juden wohnhaft, doch bis 1940 wanderten die meisten in andere Teile des Reiches ab, so dass noch zehn verblieben. Die letzte Abmeldung fand 1941 nach Kassel statt.7 Während des Novemberpogroms 1938 kam es zu Gewalttätigkeiten an einem 73jährigen Juden. In zwei Wohnhäusern wurden Fenster, Türen und Teile der Inneneinrichtung zerschlagen, ebenso Fenster und Interieur der Synagoge.8 Ein Jahr nach Kriegsende, am 20. April 1946, brachten Unbekannte an der Mauer des Grundstücks Berkastraße 51 einen mit Hakenkreuzen versehenen Text an: „20. April 46 Frankershausen – Wir kommen wieder.“9

Betsaal / Synagoge

Die im Jahr 1855 erbaute Frankershäuser Synagoge befand sich in der Lehmkaute (heute: Wolfteroder Straße 1) und soll 36 Männer- und 21 Frauenplätze gehabt haben.10 Nach mündlicher Überlieferung hatte sie bunte Glasfenster, eine große schöne Tür, innen einen großen Kronleuchter und wurde im Dorf allgemein als „Tempel“ bezeichnet. Nach Unterlagen der Brandversicherung (um 1880) hatte sie eine Grundfläche von 11,90 x 6,30 Metern. Als separat versicherte innere Gegenstände werden aufgeführt: Die Emporbühne mit Fußboden, Brüstung und vier eisernen Säulen, die Bänke mit Ölanstrich und der Thoraschrank.11 Die Synagoge wurde 1938 enteignet und kurz darauf abgebrochen bzw. von der Brandversicherung mit Datum vom 1.1.1940 in Abgang gestellt; an ihrer Stelle befindet sich heute ein Wohnhaus.

Weitere Einrichtungen

Mikwe

Neben der Schule stand das Badehaus (Mikwe) mit einem größeren Badebecken in Bassinform. Es wurde vermutlich bald nach dem Besitzerwechsel der Schule abgebrochen.12 Die Grundfläche betrug 6,70 x 5,70 Meter.13

Schule

Auf private Vorläufereinrichtungen erfolgte im Jahr 1830 die Gründung einer jüdischen Elementarschule. Das Gebäude war in der Grundfläche 11,30 x 6,70 Meter groß.14 Die Schule wurde 1871 von 17 Kindern besucht, 1906 nur noch von sechs. Im Januar 1922 wurde die Schule aufgehoben. Ab 1. April 1922 wurde das Gebäude an Einheimische vermietet und schließlich 1929 verkauft. Die Schule stand in der Lehmkaute (heute: Berkastraße 43). 1975 wurde das alte Fachwerkhaus abgebrochen und durch einen Neubau ersetzt.15

Cemetery

In Frankershausen gab es keinen eigenen Friedhof, sondern die Toten wurde auf dem seit 1660 bestehenden Friedhof in Abterode bestattet.

Abterode, Jüdischer Friedhof: Datensatz anzeigen

Grabstätten

Abterode, Jüdischer Friedhof: Grabstätten anzeigen

References

Weblinks

Sources

Bibliography

Illustration available

(in Bearbeitung)

Indices

Persons

Moses · David · Salomon · Abraham · Liebmann · Ruben Plaut

Places

Berkatal · Karnenetz-Podolsk · Kassel · Abterode

Sachbegriffe Geschichte

Novemberpogrome

Sachbegriffe Ausstattung

Kronleuchter · Glasfenster · Thoraschränke

Sachbegriffe Architektur

Emporbühnen · Säulen

Fußnoten
  1. HStAM 40 d, 253
  2. HStAM Rechnungen II, Eschwege 10
  3. Cohn, Juden in Hessen-Kassel, S. 21
  4. Demandt, Judenstättigkeit, 1973, S. 305
  5. Horwitz, Gleichstellung im ehemaligen Kurhessen, S. 46
  6. HStAM 18, 2634
  7. Arnsberg, Jüdische Gemeinden 1, S. 192
  8. Schenkel, Jüdische Bevölkerung Landkreis Eschwege, S. 79
  9. Arnsberg, Jüdische Gemeinden 1, S. 193
  10. Arnsberg, Jüdische Gemeinden 1, S. 193
  11. HStAM 224, Nr. 428
  12. Laukner, Frankershäuser Juden, S. 41
  13. HStAM 224, 428
  14. HStAM 224, 428
  15. Laukner, Frankershäuser Juden, S. 41. – Weitere Angaben nach freundlicher Mitteilung von Hans Isenberg, Wehretal-Langenhain. – Zur Schule vgl. HStAM 116, 3903 und 116, 3948
Recommended Citation
„Frankershausen (Werra-Meißner-Kreis)“, in: Synagogen in Hessen <https://www.lagis-hessen.de/en/purl/resolve/subject/syn/id/477> (Stand: 22.7.2022)