Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen

Synagogen in Hessen

Ettingshausen

Gemeinde Reiskirchen, Landkreis Gießen — Von Susanne Gerschlauer
Basic Data | History | Betsaal / Synagoge | Weitere Einrichtungen | References | Indices | Recommended Citation
Basic Data

Juden belegt seit

1798

Rabbinat

Oberhessen

religiöse Ausrichtung

liberal

preserved

nein

Gedenktafel vorhanden

nein

Weitere Informationen zum Standort

Historical Gazetteer

History

Die Ortsherrschaft von Ettingshausen lag seit der Mitte des 14. Jahrhunderts bei der Solms-Münzenberger, später der Solms-Rödelheimer Linie des Grafenhauses von Solms. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts ging der Ort an die Landgrafschaft Hessen-Darmstadt über.

Erste Nachweise von jüdischen Einwohnern in Ettingshausen finden sich in Archivalien aus dem Jahr 1798 im Zusammenhang mit einem Prozess wegen Unterhaltsverpflichtungen.1 Bis zur Nutzung eines eigenen Betraumes und der vermutlich damit einhergehenden Eigenständigkeit der jüdischen Gemeinde besuchten die Ettingshäuser Juden die Gottesdienste in Reiskirchen, zu deren Synagogengemeinde sie zählten. Wann genau eine eigene Synagogemeinde in Ettingshausen gegründet wurde, ist bisher nicht bekannt. Vermutlich liegt der Zeitpunkt im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts.

Im Jahr 1830 lebten 18 Juden (Gesamtbevölkerung ca. 616 Personen), 1895 34 (1885: 578) und 1905 12 Juden (568) im Ort; der Anteil an der Gesamtbevölkerung lag in der höchsten Phase im Jahr 1895 bei etwa 6 Prozent.2 1924 wohnten noch 13 jüdische Bürger in Ettingshausen.3 Die Ettingshäuser Juden lebten überwiegend vom Viehhandel und als Krämer.

Im März 1908 stimmte die Kreisregierung in Gießen dem Antrag auf Auflösung der Synagogengemeinde zu, wahrscheinlich aufgrund der geringen Personenzahl.4 Die Ettingshäuser Juden besuchten anschließend wieder den Gottesdienst im etwa 10 Kilometer entfernt gelegenen Reiskirchen.5 Über das Schicksal der nach der Auflösung der jüdischen Gemeinde weiterhin in Ettingshausen lebenden Juden ist bisher nicht viel bekannt. Im Dezember 1935 sind Clothilde (geb. Oppenheimer) und Albert Kaufmann mit einem Kind sowie Settchen Kaufmann (77 Jahre alt) nach Nordamerika ausgewandert.6

Betsaal / Synagoge

Vermutlich gab es bereits vor 1900 einen Betraum in einem Gebäude der Synagogengemeinde, das gleichzeitig für Wohnzwecke genutzt wurde und dessen Wohnung vermietet war.7

Am 7. September 1905 wurde der Verkauf des Gemeindehauses der jüdischen Gemeinde Ettingshausen eingeleitet. Der Erlös des Verkaufs von 1.800,00 Mark8 sollte nach einem Entscheid des Gießener Kreisamtes vom Juli 1908 im Abstand von drei Jahresraten zu je 600,00 Mark vom Käufer an arme Synagogengemeinden in Oberhessen abbezahlt werden.9 Über die Ortslage und das Erscheinungsbild des Gebäudes ist bisher nichts Näheres bekannt.

Weitere Einrichtungen

Cemetery

Aufgrund vertraglicher Regelung wurden die verstorbenen jüdischen Ettingshäuser auf dem jüdischen Friedhof in Lich bestattet, an dem die Ettingshäuser jüdische Gemeinde Teileigentümerin war. Die Erweiterung des Licher Friedhofes 1920 erforderte eine Neufassung dieses Vertrages, um den die Licher Synagogengemeinde acht Jahre später beim Bürgermeister von Ettingshausen nachsuchte.10

Lich, Jüdischer Friedhof: Datensatz anzeigen

Grabstätten

Lich, Jüdischer Friedhof: Grabstätten anzeigen

References

Weblinks

Sources

Bibliography

Indices

Persons

Solms-Münzenberg, Grafen von · Solms-Rödelheim, Grafen von · Kaufmann, Clothilde, geb. Oppenheimer · Kaufmann, Albert · Kaufmann, Settchen

Places

Reiskirchen · Gießen · Lich

Fußnoten
  1. HStAD R 21, 3197
  2. Ruppin, Juden, S. 73 sowie Ortsartikel Ettingshausen in LAGIS, Historisches Ortslexikon (siehe Link oben)
  3. Ortsartikel Reiskirchen (mit Ettingshausen) auf Alemannia Judaica (s. Weblink)
  4. Archivalien zum Ortsteil Ettingshausen: Gemeindearchiv Reiskirchen, OT Ettingshausen
  5. Ortsartikel Reiskirchen (mit Ettingshausen) auf Alemannia Judaica (s. Weblink)
  6. HStAD R 21 B, 1935
  7. Anzahl der jüdischen Ettingshäuser gegen Ende des 19. Jh.
  8. Dies würde heute etwa einem Wert von 9.000,00 Euro entsprechen und scheint damit in der mittleren Preiskategorie im Immobilienverkauf gelegen zu haben. Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Goldmark
  9. Verkauf des Gemeindehauses der israelitischen Gemeinde ab 1905, in: Gemeindearchiv Reiskirchen, OT Ettingshausen
  10. Schreiben von Max Chambre I. vom 23.01.1918, in: Gemeindearchiv Reiskirchen, OT Ettingshausen
Recommended Citation
„Ettingshausen (Landkreis Gießen)“, in: Synagogen in Hessen <https://www.lagis-hessen.de/en/purl/resolve/subject/syn/id/110> (Stand: 24.4.2022)