Synagogen in Hessen
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- Großherzogtum Hessen 1823-1850 (Übersichtskarte mit handschriftlichen Ergänzungen) – 12. Schotten
Einartshausen
- Gemeinde Schotten, Vogelsbergkreis — Von Susanne Gerschlauer
- Basic Data ↑
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Juden belegt seit
Anfang 18. Jahrhundert
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Location
63679 Schotten, Ortsteil Einartshausen, Hohe Bügelstraße 1 | → Lage anzeigen
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Rabbinat
Oberhessen
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religiöse Ausrichtung
orthodox
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preserved
nein
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Jahr des Verlusts
1963
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Art des Verlusts
Abbruch
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Gedenktafel vorhanden
ja
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Weitere Informationen zum Standort
- History ↑
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Seit dem 13. Jahrhundert bestimmten die Nachfahren und Erben der Grafen von Falkenstein die Gerichtsbarkeit und Ortsherrschaft von Einartshausen. Zu Beginn des 15. Jahrhunderts war der Ort in den Besitz der Grafen von Solms-Laubach übergegangen, die ihn um die Wende des 18. Jahrhunderts im Zuge einer Umverteilung an die Grafen zu Solms-Rödelheim und Assenheim abtraten.1 Bis 1780 blieben sie die Patronatsherren der selbständigen Pfarrei Einartshausen; seit 1806 gehörte Einartshausen zum Großherzogtum Hessen. Im Jahr 1939 betrug die Gesamteinwohnerzahl 339 Personen.2
Anhand der sehr guten Quellenlage im Staatsarchiv in Darmstadt können beispielhaft die Nachweise über Zuzug, Größe und Sozialstruktur einer Synagogengemeinde des hessischen Landjudentums erbracht werden.3 Zu Beginn des 18. Jahrhunderts waren Juden in Einartshausen wohnhaft, doch ist nicht bekannt, wann eine Synagogengemeinde gegründet wurde. Nach der Anzahl religionsmündiger Männer war dies bereits Anfang des 18. Jahrhunderts möglich. 1763 war der Vorsteher der Religionsgemeinde Schmuel Levi.4 Um 1801 hatte Nathan Abraham den Vorsitz über die jüdische Gemeinde.5
Innerhalb der Jahre 1707 bis 1806 lebten ca. 30 verschiedene jüdische Familien in Einartshausen.6 Um 1830 waren es 52 und 1905 40 Juden.7 Dies entspricht einem Anteil an der Gesamtbevölkerung von etwa 12 Prozent. Die Lebensbedingungen der Einartshäuser Juden waren vergleichsweise günstig, da die Schutzgeldzahlungen niedrig blieben und sie durch die Enklavenlage des von den Solms-Rödelheim und Assenheimer Grafen bestimmten Ortes innerhalb der von Solms-Laubacher Grafen beherrschten Gemarkung eine Sonderstellung hatten. Überwiegend verdienten die in Einartshausen lebenden Juden ihren Unterhalt als Vieh-, und Häute- und Fellhändler sowie als Lumpensammler; viele lebten vom Hausierhandel. Es gab jüdische Knechte, Mägde, Metzger und Bäcker. Um 1741 ist ein „Judendoktor“8 belegt, um 1760 war Leib Wolf Kastenmeister der Religionsgemeinde.9
Durch Wegzug aufgrund politischer Repressalien nach 1933 sank die Zahl der jüdischen Einartshäuser Juden. Über das Schicksal der Verbliebenen ist bisher nichts bekannt.
- Betsaal / Synagoge ↑
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Auf dem Grundstück in der ehemaligen Hintergasse, heute Hohe Bügelstraße Nr. 1, befand sich seit Anfang des 18. Jahrhunderts der Betraum der Einartshäuser Juden.10 Über Ausstattung und Aussehen ist nichts überliefert. Der Betraum war vermutlich in einem privaten Wohnhaus eingerichtet, in dem um 1812 auch der Rabbiner der Gemeinde wohnte. Das Gebäude befand sich vermutlich seit Anfang des 18. Jahrhunderts im Besitz der jüdischen Gemeinde.11
Wahrscheinlich in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts – vielleicht in Folge der gesetzlichen Gleichstellung – ließ die jüdische Gemeinde eine Synagoge errichten. Es gibt nur wenige Hinweise auf ihr Erscheinungsbild. Bisher ist nicht bekannt, ob sich die Synagoge durch religiöse Attribute oder bauliche Besonderheiten von der umgebenden Wohnbebauung abhob. Sie war ausgestattet mit einer Empore12, besaß also vermutlich zwei Geschosse bzw. eine entsprechende Raumhöhe. Das Gotteshaus verfügte vermutlich auch über einen Raum, in dem Religionsunterricht abgehalten werden konnte. Möglicherweise waren Teile des Gebäudes für Wohnzwecke gedacht und vermietet.13
In den 1930er Jahren soll das Gebäude in schlechtem baulichem Zustand gewesen sein.14 1940 verkaufte die jüdische Gemeinde das Haus an eine Privatperson, die es 1956 wiederum verkaufte. Durch den Abriss 1963 und die Errichtung des Dorfgemeinschaftshauses 1966 verschwanden alle Spuren der ehemaligen jüdischen Gemeinde im Ort bis auf deren Friedhof. Am 11. November 1999 ließ die politische Gemeinde Schotten eine Gedenktafel zur Erinnerung an den Synagogenstandort an den als Kegelbahn genutzten Anbau des Dorfgemeinschaftshauses anbringen.
- Weitere Einrichtungen ↑
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Mikwe
Über Existenz, Lage und Aussehen ist nichts überliefert.
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Schule
Der Religionsunterricht wurde bereits vor Bestehen der neu eingerichteten Synagoge im Betraum abgehalten. Möglicherweise befand sich seit Neubau der Synagoge hierin ein eigener Raum für den Unterricht. In der Synagoge wurden vermutlich auch die Gemeindeversammlungen abgehalten.
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Cemetery
Der jüdische Friedhof Einartshausen befindet sich östlich oberhalb des Dorfes, nahe der Verbindungsstraße zur B 276 auf dem Flurstück 113/1, am Anger. Der älteste, sicher datierbare und noch vorhandene Grabstein stammt aus dem Jahr 1794, der jüngste aus dem Jahr 1936.
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Grabstätten
- References ↑
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Weblinks
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Sources
- Hessisches Hauptstaatsarchiv Wiesbaden (HHStAW):
- HHStAW Abt. 365, Nr. 154: Geburtsregister der Juden von Einartshausen, 1838–1875
- HHStAW Abt. 365, Nr. 155: Trauregister der Juden von Einartshausen, 1832–1833
- HHStAW Abt. 365, Nr. 156: Sterberegister der Juden von Einartshausen, 1833–1836
- HHStAW Abt. 365, Nr. 157: Sterberegister der Juden von Einartshausen, 1838–1875
- HHStAW Abt. 365, Nr. 158: Musterungs- und Familienregister der Juden von Einartshausen, 1748–1818
- Hessisches Staatsarchiv Darmstadt (HStAD):
- HStAD Best. R 21 J, Nr. 66: Gewährung des Judenschutzes zu Einartshausen an den Judendoktor Abraham Mayer aus Herleshausen und dessen Entweichung bei „Nacht und Nebel“ nach Schotten, 1741–1743
- HStAD Best. R 21 J, Nr. 3316: Bewilligung des Antrags der Judengemeinde zu Einartshausen zur Einrichtung einer Judenschule gegen einen jährlichen Zins von 4 fl., damit in Zukunft der Besuch der Judenschule in Schotten entfallen kann, sowie Unterhaltung dieser Schule, 1752–1766
- HStAD Best. R 21 J, Nr. 3326: Bewilligung einer Kollekte zur Bestreitung der Kosten des Judenschulbaus in Einartshausen auf Antrag der Juden Hirsch Salomon und Mayer Wolf als Deputierten der Judengemeinde daselbst, 1761–1766
- HStAD Best. R 21 J, Nr. 3074: Wahl und Einsetzung von Judenbaumeistern zu Einartshausen mit Bestätigung der Regierung Rödelheim, namentlich des Nathan Abraham 1801 sowie von Seckel Gabriel und Beer Löw 1805, 1801-1805
- Battenberg, Friedrich (Bearb.): Quellen zur Geschichte der Juden im Hessischen Staatsarchiv Darmstadt 1651-1806. Mit Nachträgen 1312-1650. Wiesbaden 2008 (Quellen zur Geschichte der Juden in hessischen Archiven 4)
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Bibliography
- 75 Jahre Freiwillige Feuerwehr Einartshausen 1931–2006. Schotten 2006
- 800 Jahre Einartshausen. 1187–1987. Festschrift zur 800-Jahrfeier Einartshausen. Schotten-Einartshausen 1987
- Arnsberg, Paul: Die jüdischen Gemeinden in Hessen. Anfang. Untergang. Neubeginn, 2 Bde. Frankfurt a.M. 1971/1972, hier: Band 1, S. 152-153
- Festwoche in Einartshausen vom 13. bis 17. August 1966. Broschüre anläßlich der Einweihung des Dorfgemeinschaftshauses Einartshausen 1966. Rüsselsheim 1966
- Einartshausen (Vogelsbergkreis, Altkreis Büdingen), Gemeinde Schotten. In: Altaras, Thea: Synagogen und jüdische Rituelle Tauchbäder in Hessen – Was geschah seit 1945? 2. Auflage. Königstein im Taunus 2007, S. 255
- K.B.: Einartshausen. Beitrag zur Geschichte von Einartshausen, o.O., o.J. [um 1930?], unveröff., masch.
- Schobert, Gernot: Bis 1939 große jüdische Gemeinde im Ort. In: Kreis-Anzeiger vom 11. November 1999
- Indices ↑
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Persons
Leib Wolf · Nathan Abraham · Schmuel Levi · Solms-Laubach, Grafen von · Solms-Rödelheim und Assenheim, Grafen von
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Sachbegriffe Geschichte
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Sachbegriffe Ausstattung
- Fußnoten ↑
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- Arnsberg, Jüdische Gemeinden 1, S. 152 ↑
- Ortsartikel Einartshausen in LAGIS, Historisches Ortslexikon (siehe Link oben) ↑
- Battenberg, Quellen ↑
- HStAD R 21 J, 3328 ↑
- HStAD R 21 J, 3074 ↑
- Inhalte der Archivalientitel im entsprechenden Zeitraum zu Einhartshausen, in: HStAD R 21 J ↑
- Arnsberg, Jüdische Gemeinden 1, S. 152 ↑
- HStAD R 21 J, 66 ↑
- HStAD R 21 J, 3688 ↑
- Plan zur Finanzierung einer neuen Synagoge, in: HStAD R 21 J, 3326 von 1761–1766 ↑
- Schobert, Jüdische Gemeinde ↑
- K.B.: Einartshausen, S. 7 ↑
- K.B.: Einartshausen, S. 7 ↑
- Schobert, Jüdische Gemeinde ↑
- Recommended Citation ↑
- „Einartshausen (Vogelsbergkreis)“, in: Synagogen in Hessen <https://www.lagis-hessen.de/en/purl/resolve/subject/syn/id/1> (Stand: 22.7.2022)