Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen

Synagogen in Hessen

Einartshausen Karten-Symbol

Gemeinde Schotten, Vogelsbergkreis — Von Susanne Gerschlauer
Basic Data | History | Betsaal / Synagoge | Weitere Einrichtungen | References | Indices | Recommended Citation
Basic Data

Juden belegt seit

Anfang 18. Jahrhundert

Location

63679 Schotten, Ortsteil Einartshausen, Hohe Bügelstraße 1 | → Lage anzeigen

Rabbinat

Oberhessen

religiöse Ausrichtung

orthodox

preserved

nein

Jahr des Verlusts

1963

Art des Verlusts

Abbruch

Gedenktafel vorhanden

ja

Weitere Informationen zum Standort

Historical Gazetteer

History

Seit dem 13. Jahrhundert bestimmten die Nachfahren und Erben der Grafen von Falkenstein die Gerichtsbarkeit und Ortsherrschaft von Einartshausen. Zu Beginn des 15. Jahrhunderts war der Ort in den Besitz der Grafen von Solms-Laubach übergegangen, die ihn um die Wende des 18. Jahrhunderts im Zuge einer Umverteilung an die Grafen zu Solms-Rödelheim und Assenheim abtraten.1 Bis 1780 blieben sie die Patronatsherren der selbständigen Pfarrei Einartshausen; seit 1806 gehörte Einartshausen zum Großherzogtum Hessen. Im Jahr 1939 betrug die Gesamteinwohnerzahl 339 Personen.2

Anhand der sehr guten Quellenlage im Staatsarchiv in Darmstadt können beispielhaft die Nachweise über Zuzug, Größe und Sozialstruktur einer Synagogengemeinde des hessischen Landjudentums erbracht werden.3 Zu Beginn des 18. Jahrhunderts waren Juden in Einartshausen wohnhaft, doch ist nicht bekannt, wann eine Synagogengemeinde gegründet wurde. Nach der Anzahl religionsmündiger Männer war dies bereits Anfang des 18. Jahrhunderts möglich. 1763 war der Vorsteher der Religionsgemeinde Schmuel Levi.4 Um 1801 hatte Nathan Abraham den Vorsitz über die jüdische Gemeinde.5

Innerhalb der Jahre 1707 bis 1806 lebten ca. 30 verschiedene jüdische Familien in Einartshausen.6 Um 1830 waren es 52 und 1905 40 Juden.7 Dies entspricht einem Anteil an der Gesamtbevölkerung von etwa 12 Prozent. Die Lebensbedingungen der Einartshäuser Juden waren vergleichsweise günstig, da die Schutzgeldzahlungen niedrig blieben und sie durch die Enklavenlage des von den Solms-Rödelheim und Assenheimer Grafen bestimmten Ortes innerhalb der von Solms-Laubacher Grafen beherrschten Gemarkung eine Sonderstellung hatten. Überwiegend verdienten die in Einartshausen lebenden Juden ihren Unterhalt als Vieh-, und Häute- und Fellhändler sowie als Lumpensammler; viele lebten vom Hausierhandel. Es gab jüdische Knechte, Mägde, Metzger und Bäcker. Um 1741 ist ein „Judendoktor“8 belegt, um 1760 war Leib Wolf Kastenmeister der Religionsgemeinde.9

Durch Wegzug aufgrund politischer Repressalien nach 1933 sank die Zahl der jüdischen Einartshäuser Juden. Über das Schicksal der Verbliebenen ist bisher nichts bekannt.

Betsaal / Synagoge

Auf dem Grundstück in der ehemaligen Hintergasse, heute Hohe Bügelstraße Nr. 1, befand sich seit Anfang des 18. Jahrhunderts der Betraum der Einartshäuser Juden.10 Über Ausstattung und Aussehen ist nichts überliefert. Der Betraum war vermutlich in einem privaten Wohnhaus eingerichtet, in dem um 1812 auch der Rabbiner der Gemeinde wohnte. Das Gebäude befand sich vermutlich seit Anfang des 18. Jahrhunderts im Besitz der jüdischen Gemeinde.11

Wahrscheinlich in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts – vielleicht in Folge der gesetzlichen Gleichstellung – ließ die jüdische Gemeinde eine Synagoge errichten. Es gibt nur wenige Hinweise auf ihr Erscheinungsbild. Bisher ist nicht bekannt, ob sich die Synagoge durch religiöse Attribute oder bauliche Besonderheiten von der umgebenden Wohnbebauung abhob. Sie war ausgestattet mit einer Empore12, besaß also vermutlich zwei Geschosse bzw. eine entsprechende Raumhöhe. Das Gotteshaus verfügte vermutlich auch über einen Raum, in dem Religionsunterricht abgehalten werden konnte. Möglicherweise waren Teile des Gebäudes für Wohnzwecke gedacht und vermietet.13

In den 1930er Jahren soll das Gebäude in schlechtem baulichem Zustand gewesen sein.14 1940 verkaufte die jüdische Gemeinde das Haus an eine Privatperson, die es 1956 wiederum verkaufte. Durch den Abriss 1963 und die Errichtung des Dorfgemeinschaftshauses 1966 verschwanden alle Spuren der ehemaligen jüdischen Gemeinde im Ort bis auf deren Friedhof. Am 11. November 1999 ließ die politische Gemeinde Schotten eine Gedenktafel zur Erinnerung an den Synagogenstandort an den als Kegelbahn genutzten Anbau des Dorfgemeinschaftshauses anbringen.

Weitere Einrichtungen

Mikwe

Über Existenz, Lage und Aussehen ist nichts überliefert.

Schule

Der Religionsunterricht wurde bereits vor Bestehen der neu eingerichteten Synagoge im Betraum abgehalten. Möglicherweise befand sich seit Neubau der Synagoge hierin ein eigener Raum für den Unterricht. In der Synagoge wurden vermutlich auch die Gemeindeversammlungen abgehalten.

Cemetery

Der jüdische Friedhof Einartshausen befindet sich östlich oberhalb des Dorfes, nahe der Verbindungsstraße zur B 276 auf dem Flurstück 113/1, am Anger. Der älteste, sicher datierbare und noch vorhandene Grabstein stammt aus dem Jahr 1794, der jüngste aus dem Jahr 1936.

Einartshausen, Jüdischer Friedhof: Datensatz anzeigen

Grabstätten

Einartshausen, Jüdischer Friedhof: Grabstätten anzeigen

References

Weblinks

Sources

Bibliography

Indices

Persons

Leib Wolf · Nathan Abraham · Schmuel Levi · Solms-Laubach, Grafen von · Solms-Rödelheim und Assenheim, Grafen von

Sachbegriffe Geschichte

Schutzgelder

Sachbegriffe Ausstattung

Emporen

Fußnoten
  1. Arnsberg, Jüdische Gemeinden 1, S. 152
  2. Ortsartikel Einartshausen in LAGIS, Historisches Ortslexikon (siehe Link oben)
  3. Battenberg, Quellen
  4. HStAD R 21 J, 3328
  5. HStAD R 21 J, 3074
  6. Inhalte der Archivalientitel im entsprechenden Zeitraum zu Einhartshausen, in: HStAD R 21 J
  7. Arnsberg, Jüdische Gemeinden 1, S. 152
  8. HStAD R 21 J, 66
  9. HStAD R 21 J, 3688
  10. Plan zur Finanzierung einer neuen Synagoge, in: HStAD R 21 J, 3326 von 1761–1766
  11. Schobert, Jüdische Gemeinde
  12. K.B.: Einartshausen, S. 7
  13. K.B.: Einartshausen, S. 7
  14. Schobert, Jüdische Gemeinde
Recommended Citation
„Einartshausen (Vogelsbergkreis)“, in: Synagogen in Hessen <https://www.lagis-hessen.de/en/purl/resolve/subject/syn/id/1> (Stand: 22.7.2022)