Synagogen in Hessen
Bischhausen
- Gemeinde Witzenhausen, Werra-Meißner-Kreis — Von Karl Kollmann
- Basic Data ↑
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Juden belegt seit
1654
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Location
37284 Waldkappel, Ortsteil Bischhausen, Am Graben 29 | → Lage anzeigen
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preserved
ja
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Gedenktafel vorhanden
nein
- History ↑
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Erste Nachrichten über Juden in Bischhausen finden sich in Schriftquellen aus der Mitte des 17. Jahrhunderts. Die früheste landgräfliche Amtsrechnung aus dem Jahr 1654 nennt „Rudolff Judt“ unter den herrschaftlichen und „Meyer Judt“ unter den boyneburgischen Untertanen.1 Beide hatten ihrer Herrschaft ein Schutzgeld zu entrichten. Zehn Jahre später, in der Huldigungsliste von 1664, werden drei weitere jüdische Bewohner aufgeführt.2 Von diesen wenigen Familien stammen die in verschiedenen Schriftquellen des 18. und frühen 19. Jahrhunderts fassbaren Bischhäuser Juden ab. Die dokumentierten Zu- und Abzüge lassen eine hohe Mobilität der jüdischen Bevölkerung in den dörflichen Gemeinden erkennen.
Die sogenannte „Judenstättigkeit“ von 1744 nennt zwei Familien mit Schutzbriefen; zwei weitere sollen das Land verlassen.3 Nur einer tut dies aber wirklich; der andere bleibt und hat wohl nachträglich einen Schutzbrief erhalten. Als Berufe sind sowohl Vieh- als auch Kleinhandel festzustellen. Eine Liste aus dem Jahr 1786 berichtet von drei jüdischen Krämern im Ort, einem Viehhändler und dem Händler Wolf Menke, der als wohlhabend bezeichnet wird.4 Im 19. Jahrhundert erreichte die Anzahl der Juden schließlich eine Höhe, welche die Gründung einer eigenen Gemeinde rechtfertigte; vorher hatte man zur jüdischen Synagogengemeinde im nicht weit entfernten Reichensachsen gehört. 1903 wohnten noch sechs Familien im Dorf; 1925 starb das letzte hier verbliebene alte Ehepaar. Zwischen 1860 und 1920 sind fast alle Familien aus Bischhausen fortgezogen, zum Teil in die nähere Umgebung wie Reichensachsen und Eschwege, aber meist in weiter entfernte urbane Zentren. Zur Zeit des Nationalsozialismus wohnten keine Juden mehr in Bischhausen. Es sind aber mehr als 20 in Bischhausen Geborene Opfer des Holocaust geworden.
- Betsaal / Synagoge ↑
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Am 19.2.1858 schenkte Wolf Goldschmidt der Synagogengemeinde Bischhausen das Haus Nr. 66 ½ in der Lehmkaute (heute: Lehmkaute 13).5 Das laut Bauinschrift 1787 errichtete Gebäude war ein Wohnhaus und ist offensichtlich zwar als Bethaus genutzt, aber nicht wesentlich umgebaut worden; es ist heute Kulturdenkmal. 1868 wurde das Gebäude an einen nichtjüdischen Bewohner veräußert. Nach mündlicher Überlieferung hat sich dann in dem Haus des Wolf Menke (Am Graben 29) die „Judenschule“ befunden. Dieses wurde laut Bauinschrift vom jüdischen Vorbesitzer im Jahr 1775 erbaut und ist heute ebenfalls Kulturdenkmal. Die Bauinschrift unterscheidet sich nicht wesentlich von den anderen, von Christen bewohnten Häusern des Dorfes: GOTT BEWARE DIESES HAUS UND ALLE DIE DA GEHN EIN UND AUS / WAS FREUNDE SEIN GEHT HEREIN ZU MIR / FEINTE ABER WEICHET VON HIER / BAUHERR WOLF MENKE UND DESSEN EHEFRAU RESGEN / DEN 4 IULI ANNO 1775 Z M W VL.6
- Weitere Einrichtungen ↑
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Schule
Eine Schule für die jüdischen Kinder des Dorfes bestand seit den 1850er Jahren, wurde aber 1870 wegen des Fehlens einer Lehrkraft geschlossen. Bis 1879 wurden die Kinder in der allgemeinen Schule unterrichtet. 1879 kam mit Nathan Werthan wieder ein Lehrer ins Dorf und der Unterricht wurde in einem gemieteten Raum in einem Haus in der Wehrgasse (heute: Mühlenstraße 6; Kulturdenkmal) aufgenommen. Die Zahl der Schüler ging allerdings laufend zurück, und nach 1905 unterrichtete der Lehrer nur noch seine eigenen Kinder. Die Schule wurde Ende 1909 geschlossen. Bis 1918 wurde durch auswärtige Kräfte noch Religionsunterricht erteilt.7
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Cemetery
1857 erwarb die neu gegründete Synagogengemeinde Bischhausen ein Grundstück im Rittershagen zur Anlage eines Friedhofes.8 Auf dem Friedhof, abgelegen vom Dorf am Waldrand gelegen, finden sich heute 17 Grabsteine aus dem Zeitraum zwischen 1863 und 1905. Weitere Bestattungen sind zwar vorhanden, aber nicht mehr erkennbar. Nach mündlicher Überlieferung wurden während der NS-Zeit die meisten Grabsteine umgeworfen oder beschädigt, doch mussten die dingfest gemachten Übeltäter diese nach 1945 wieder selbst aufrichten helfen.
- References ↑
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Weblinks
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Sources
- Hessisches Hauptstaatsarchiv Wiesbaden (HHStAW):
- HHStAW Best. 365, Nr. 718: Geburts-, Trau- und Sterberegister der Juden von Reichensachsen (enth. auch Bischhausen), (1823) 1825-1836
- HHStAW Best. 365, Nr. 719: Geburts-, Trau- und Sterberegister der Juden von Reichensachsen (enth. auch Bischhausen), 1837-1938
- HHStAW Best. 365, Nr. 720: Abschrift des Geburtsregisters der Juden von Reichensachsen (enth. auch Bischhausen), 1825-1836 (1937)
- HHStAW Best. 365, Nr. 721: Abschrift des Trauregisters der Juden von Reichensachsen (enth. auch Bischhausen), 1825-1836 (1937)
- HHStAW Best. 365, Nr. 722: Abschrift des Sterberegisters der Juden von Reichensachsen (enth. auch Bischhausen), 1825-1836 (1937)
- Hessisches Staatsarchiv Marburg (HStAM)
- HStAM Best. Rechnungen II, Nr. Bischhausen 4: Amtsrechnung (Rentereirechnung) mit Reichensachsen, 1654-1769
- HStAM Best. Rechnungen II, Nr. Bischhausen 7: Amtsrechnung junkerischen Anteils (Junkerrechnung), 1654-1689
- HStAM Best. 17 I, Nr. 2379: Zu Kassel 1663 und 1664 eingenommene Huldigung (darin: Liste sämtlicher hessischer Juden, 1664), 1664
- HStAM Best. 17 e, Nr. Bischhausen Krs. Eschwege 102: Aufstellung einer Tabelle über sämtliche Krämereien im Amt Bischhausen, 1787
- HStAM Best. 180 Eschwege, Nr. 1459: Rechnungswesen der israelitischen Gemeinde zu Bischhausen, 1903-1930
- Gemeindearchiv Bischhausen:
- Triplicat-Steuer-Kataster der Gemeinde Bischhausen, 1855-1870
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Bibliography
- Demandt, Karl Ernst: Die hessische Judenstättigkeit von 1744. In: Hessisches Jahrbuch für Landesgeschichte. Bd. 23 (1973), S. 292-332
- Kollmann, Karl / Wiegand, Thomas: Spuren einer Minderheit. Jüdische Friedhöfe und Synagogen im Werra-Meißner-Kreis, Kassel 1996
- 1200 Jahre Bischhausen 786 bis 1986. Ein hessisches Dorf und seine Geschichte, Bischhausen 1986
- Indices ↑
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Persons
Rudolff · Meyer · Wolf Menke · Menke, Wolf · Goldschmidt, Wolf · Werthan, Nathan
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Places
- Fußnoten ↑
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- HStAM, Rechnungen II, Bischhausen 4 (herrschaftlich) und 7 (boyneburgisch) ↑
- HStAM, 17 I, 2379 ↑
- Demandt, Judenstättigkeit, S. 304 ↑
- HStAM, 17 e, Bischhausen Krs. Eschwege 102 ↑
- GemA Bischhausen, Triplicat-Steuer-Kataster, 1855-1870 ↑
- Der Schluss ist zu lesen: Zimmermeister Wilhelm Volland ↑
- HStAM, 180 Eschwege, Nr. 1459 ↑
- GemA Bischhausen, Triplicat-Steuer-Kataster, 1855-1870 ↑
- Recommended Citation ↑
- „Bischhausen (Werra-Meißner-Kreis)“, in: Synagogen in Hessen <https://www.lagis-hessen.de/en/purl/resolve/subject/syn/id/473> (Stand: 3.5.2022)