Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen

Synagogen in Hessen

Schönberg Karten-Symbol

Gemeinde Bensheim, Landkreis Bergstraße — Von Wolfgang Fritzsche
Basic Data | History | Betsaal / Synagoge | Weitere Einrichtungen | References | Indices | Recommended Citation
Basic Data

Juden belegt seit

1697

Location

64625 Bensheim-Schönberg, Nibelungenstraße 156 | → Lage anzeigen

preserved

nein

Gedenktafel vorhanden

nein

Weitere Informationen zum Standort

Historical Gazetteer

History

Schönberg war Residenz und Mittelpunkt der Herrschaft Erbach-Schönberg, die 1803 an Hessen überging und dort das Amt Schönberg bildete. Dazu gehörten außer Schönberg selbst die Orte Reichenbach, Elmshausen und Zell.

Das Haus Erbach verhinderte über lange Zeit die Ansiedlung von Juden. Diese restriktive Ansiedlungspolitik änderte sich erst Mitte des 17. Jahrhunderts nach den großen Bevölkerungsverlusten im Dreißigjährigen Krieg, betraf aber zunächst nicht das Amt Schönberg. Zudem hatten sich die Grafen während des Pfälzer Erbfolgekriegs unter anderem bei dem Frankfurter Juden Elkan Moses hoch verschuldet.1 Um diese Schulden abzutragen, verpfändeten sie das Amt um 1700 an den Brandenburg-Bayreuthischen Rat Konrad Valentin Reineck. Dieser sorgte dafür, dass das Niederlassungsverbot aufgehoben wurde. Dass damit aber nur ein geregelter Zuzug gemeint war, zeigt der Zusatz, dass der Zuzug „zu der Untertanen Konservation so viel immer möglich, menagirt und restringirt bleiben“2 sollte.

Erstmals 1697 wird der Jude Benjamin in Schönberg namentlich genannt. Es wird der gleiche Benjamin ben Noah sein, der auch 1699 in einem Rechnungsband Erwähnung fand. Er hatte einige Jahre zuvor eine unweit des Ortes gelegene Ölmühle erworben, die er am 28. Mai 1697 an Gabriel Göhrisch aus Reichenbach verkaufte. Da er in der Urkunde als „hiesiger Schutzjude“ bezeichnet wurde und der Ankauf bereits „etliche Jahre zuvor“3 stattgefunden hatte, wird er spätestens seit Mitte der 1690er Jahre in Schönberg gewohnt haben. Gleichwohl ist nicht davon auszugehen, dass er die Mühle auch betrieben hat.

1714 zahlten Löw, Gerson und David Judenbeisassengeld.4

Als die Gemeinde 1731 die Genehmigung erhielt, eine neue Synagoge zu erbauen, hatte sie im Gegenzug jährlich sieben Gulden an die Herrschaft zu entrichten. Sollte durch Krieg oder Rückgang der Gemeindemitglieder die notwendige Zahl der Männer nicht erreicht werden, so reduzierte sich dieser Betrag auf vier Gulden. Zudem sollte jeder verheiratete Gottesdienstbesucher zu Weihnachten entweder 300 Stück Jagdfedern oder 15 Kreuzer entrichten. Für jeden Familienvater war es Pflicht, regelmäßig den Gottesdienst und an jüdischen Feiertagen die Synagoge zu besuchen. Anderweitig drohte ihm eine Strafe von fünf Gulden.5

Die Zahl der im Ort lebenden Juden war niedrig. So lebte dort Jessel von 1759 bis 1773, Hirsch von 1762 bis 1777, Koppel von 1767 bis 1789, Jakob Zodick von 1768 bis 1782, Mordeachei von 1769 bis 1800, Baruch Schmul (Borig) von 1779 bis 1800, Israel Meyer von 1790 bis 1827, Jesel Meyer von 1799 bis 1847 und Jöckuf von 1799 bis 1800 im Ort. 1821 waren es insgesamt 21 Personen.6

1787 kam es in Schönberg zu einem Vorgang, dessen Erledigung ein Schlaglicht auf die Organisation des jüdischen Gemeindelebens wirft. Bis zu diesem Zeitpunkt wurde Löw Moses als Rabbiner bezeichnet, war aber zurückgetreten. Sein Nachfolger war Feidel Lazarus aus Rimbach, dessen Aufgaben als Vorsteher und Rabbiner genau definiert wurden. Hierbei bleibt unklar, ob es sich bei den Bezeichnungen „Rabbiner“ und „Vorsteher“ um das gleiche Amt handelt. Es entsteht aber der Eindruck, als würde in den Akten des ausgehenden 18. Jahrhunderts der Begriff Rabbiner nicht zwangsläufig ausschließlich im jüdisch-religiösen Verständnis verwendet.

Die besagte Ordnung wurde 1787 aufgestellt, weil „Unordnungen und Irregularitaeten sowohl in der Schule, als in ihrem übrigen Betragen der Judenschaft im Amt“7 Anlass zur Klage gegeben hatten. Dem neu bestellten Rabbiner respektive Vorsteher oblag es nun, mit geordnetem Lebenswandel als gutes Beispiel zu dienen. Auch durfte er durch sein Handeln keinem anderen Schaden zufügen. Er hatte Aufsicht zu führen über die einheimischen, aber auch über die eintreffenden ausländischen Juden, damit auch diese Zucht und Ordnung im Amt einhielten. Vor allem um einen Überblick über die ausländischen Juden zu bekommen, hatten sich diese bei ihm an- und abzumelden, auch, damit er Aufsicht über deren Handel führen konnte. Sollte dies nicht geschehen, drohte ein Reichstaler Strafe. Auch hatte er dafür zu sorgen, dass alle Juden die in den Schutzbriefen fixierten Pflichten einhielten. Auf der einen Seite musste er den Lehrer überwachen, damit der Unterricht der Kinder pflicht- und ordnungsgemäß stattfand, auf der anderen Seite hatte er aber auch dafür zu sorgen, dass der dafür zugesagte Lohn ausgezahlt wurde. Für die Almosenpflege gab es einen Geldkasten, der im Hause des Almosenpflegers aufbewahrt wurde. Allerdings verwahrte der Vorsteher den dazugehörigen Schlüssel. Zudem sollte er das Recht haben „wie ein jedesmaliger Rabbiner bey einem jüdischen Bann zu verbieten, besonders soferne es zu Beybringung gestohlener Sachen erforderlich wäre, in dessen Übertretung er die Straf eines begangenen Meyneides gesetzt, und an dem Übertretter vollzogen werden soll.“8 Daneben hatte er auch Sozietäts-, Ehe- und Kaufverträge gegenzuzeichnen, Entscheidungen bei „jüdischen Streitigkeiten“ zu fällen, Inventare zu erfassen, Eide abzunehmen, den Rabbiner für Hochzeiten einzusetzen und die Vormundschaftsrechnungen zu kontrollieren. Für seine Aufwendungen erhielt er ein festgeschriebenes Entgelt.

Aus dem Jahr 1822 liegt ein Verzeichnis der jüdischen Einwohner vor. Insgesamt handelte sich um drei Familien. Jacob Schönberger war 1803 in den Schutz aufgenommen worden, galt aber als armer Kleinhändler mit fünf Kindern. Israel Mayer wurde 1807, vermutlich erneut, in den Schutz aufgenommen. Er wurde als 62-jähriger kränklicher Greis bezeichnet, der von der Unterstützung seines Sohnes lebte. Der dritte Schutzjude war Moses Elias Salomon, über den nichts bekannt wurde.9 Zudem waren David und Löb Homburger geduldet.

Nicht nur im Ort, sondern auch im Amt Schönberg wurden Erhebungen durchgeführt, welche Schutzjuden zu welchem Zeitpunkt in den Schutz aufgenommen wurden. In Elmshausen waren dies Simon Oppenheimer und Mayer Marx. In Zell Abraham Oppenheimer, aufgenommen 1792, Abraham Wachenheimer, aufgenommen 1777, Mordchen Wachenheimer, aufgenommen 1787, Süskind Schwanheimer, aufgenommen 1797 und Joel Menka, aufgenommen 1806. In Gadernheim und Raidelbach lebten keine Juden. Woher die in der Gemarkung Raidelbach liegenden Flurstücke mit den Bezeichnungen Unterste- und Oberste Judenwiese, beziehungsweise Judenacker ihre Namen haben, konnte nicht geklärt werden.

Die Angaben für Reichenbach und Rimbach finden sich bei den dortigen Beiträgen.

Bereits im frühen 19. Jahrhundert ging die Zahl jüdischer Einwohner in Schönberg zurück, so dass 1843 noch acht Personen dort lebten. Um 1860 verließen die letzten Juden Schönberg.

Gleichzeitig entwickelte sich Reichenbach zum Mittelpunkt jüdischen Lebens.

Betsaal / Synagoge

Aus dem Jahr 1731 liegt die älteste bekannte Synagogenordnung vor, die Auskunft über die Judenschaft im Amt gibt. Demnach umfasste der Geltungsbereich Schönberg, Zell, Gronau, Elmshausen, Wilmshausen und Reichenbach, Ortschaften, in denen Juden lebten. Sie hatten die Synagoge in Schönberg zu besuchen und erhielten mit der Ordnung die Genehmigung, eine neue bauen zu dürfen. Den Platz dafür und das Werkholz erhielten sie von der Herrschaft.

Die neue Synagoge wurde auf der Hofreite des Mändel erbaut, heute Nibelungenstraße 156.

Über Aussehen, Betrieb und Unterhalt der Synagoge ist heute nichts mehr bekannt. Auch wie lange sie genutzt wurde, entzieht sich heutiger Kenntnis. Noch 1836 wurden die Juden aus Zell aufgefordert, wieder den Gottesdienst und die Versammlungen in Schönberg zu benutzen. Trotzdem wurde das Gebäude um 1840 an ein christliches Ehepaar verkauft. Ob es anschließend noch als Synagoge genutzt wurde, ist nicht bekannt.10 Spätestens nach dem Bau der Synagoge 1851 in Reichelsheim werden die wenigen im Ort lebenden Juden dort den Gottesdienst besucht haben.

Weitere Einrichtungen

Schule

Spätestens mit dem Bau der neuen Synagoge, in der auch eine Wohnung für den Lehrer eingerichtet worden war, fand dort auch Unterricht statt. Die Wohnung war mietfrei zu vergeben, auch war der Lehrer von Schutzgeldzahlungen befreit.

Cemetery

Die Verstorbenen wurden in Alsbach bestattet. Dort finden sich heute lediglich elf Grabstätten vormals Schönberger Einwohner der Zeit zwischen 1708 und 1860.11

Alsbach, Jüdischer Friedhof: Datensatz anzeigen

Grabstätten

Alsbach, Jüdischer Friedhof: Grabstätten anzeigen

References

Sources

Bibliography

Fußnoten
  1. HStAD R 21 J, 1264
  2. Zitiert nach Kunz: Reichenbacher Juden, S. 283
  3. HStAD E 9, 1962
  4. Schaarschmidt/Lehsten: 700 Jahre Schönberg, S. 192
  5. Kunz: Reichenbacher Juden, S. 285
  6. Schaarschmidt/Lehsten: 700 Jahre Schönberg, S. 195
  7. HStAD E 5 D, 1
  8. HStAD E 5 D, 1
  9. HStAD G 15 Heppenheim, L 50
  10. Schaarschmidt/Lehsten: 700 Jahre Schönberg, S. 195
  11. Heinemann/Wiesner: Der jüdische Friedhof in Alsbach, S. 88
Recommended Citation
„Schönberg (Landkreis Bergstraße)“, in: Synagogen in Hessen <https://www.lagis-hessen.de/en/purl/resolve/subject/syn/id/58> (Stand: 21.7.2022)