Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen

Synagogen in Hessen

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5722 Salmünster
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Kurfürstentum Hessen 1840-1861 – 102. Salmünster
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Salmünster Karten-Symbol

Gemeinde Bad Soden-Salmünster, Main-Kinzig-Kreis — Von Wolfgang Fritzsche
Basic Data | History | Betsaal / Synagoge | Weitere Einrichtungen | References | Indices | Recommended Citation
Basic Data

Juden belegt seit

1392

Location

63628 Bad Soden-Salmünster, Stadtteil Salmünster, Vogtgasse 15 | → Lage anzeigen

Rabbinat

Hanau

preserved

ja

Gedenktafel vorhanden

ja

Weitere Informationen zum Standort

Historical Gazetteer

History

Salmünster stand im zwölften Jahrhundert im Besitz des Klosters Fulda. Nach Einrichtung des Stiftes 1319 wurde die Siedlung 1320 zur Stadt erhoben. Nach der Säkularisation gelangte sie vorübergehend an Nassau und 1810 an das neu eingerichtete Großherzogtum Frankfurt, um nach dem Wiener Kongress an Kurhessen zu kommen.

Nach Veränderungen Anfang der 1970er Jahre wurde Salmünster am 1. Juli 1974 mit Bad Soden zu der Stadt Bad Soden-Salmünster vereint.

Erste namentliche Nennungen von aus Soden stammenden Juden sind aus der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts erhalten, nachdem Gelnhausen ab 1361 wieder Juden aufnahm. Einer der ersten war 1362 Moresch von Soden, dem 1364 Symon aus Soden folgte.1 Wenige Jahre später, 1384 und 1390, beurkundete der Abt von Fulda, dass er den Rittern von Hutten Burg Stolzenberg, Soden und die Stadt Salmünster mit Gericht, Zoll und den Juden verkauft habe.2 In der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts, 1655, wird Jakob als Grundbesitzer in Salmünster angeführt, in den frühen 1680er Jahren Jakob, Jonas und Seligmann. Sie waren Mitglied der jüdischen Gemeinde in Gelnhausen und bestatteten dort ihre Verstorbenen. Auch für das 18. Jahrhundert liegen nur sporadisch Nachrichten vor. 1738 wurde Hirtz in Salmünster namentlich genannt und 1765 erhielt Judith, die Witwe von Süßkind aus Eckardroth 1765 Schutz in Soden und in Salmünster. 1770 ist einmal von Nathan die Rede.3 Zu Beginn des 19. Jahrhunderts, 1811, lebten in Salmünster nur zwei Großfamilien, die sich nun feststehende Familiennamen geben mussten. Maier nahm den Namen Maier Jakob und Simon den Namen Simon Stern an.4

Zu dieser Zeit gehörten die Familien der Gemeinde in Eckardroth an. 1840 baten sie darum, Gottesdienst in Salmünster abhalten zu dürfen, weil der Fußmarsch zur Synagoge eine Stunde betrüge und der Weg bei schlechtem Wetter kaum begehbar sei. Es war aber fraglich, ob tatsächlich zehn erwachsene Männer zusammenkämen. Zudem sollte keine eigene Synagogengemeinde gegründet werden. An den Hauptfeiertagen wollte man nach wie vor nach Eckardroth gehen. Der Provinzialrabbiner befürwortete das Ansuchen unter der Maßgabe, dass dafür ein finanzieller Ausgleich für entgangene Mizwotgelder zu leisten sei, man sich nicht von Hauptgemeinde lossagte und alle notwendigen Einrichtungen und Gegenstände auf eigene Kosten anzuschaffen seien. In der Folge wurde dem Gesuch stattgegeben. 1841 wollten dann auch die in Aufenau wohnenden Juden am Gottesdienst in Salmünster teilnehmen, was ebenfalls gestattet wurde.

1847 bat der Gemeindeälteste darum, den Beschluss rückgängig zu machen und die Bewohner beider Orte wieder in die Gemeinde Eckardroth einzugliedern, da zu wenige Personen in Salmünster und Aufenau lebten. Dagegen verwahrte sich der Älteste aus Salmünster und beantragte sogar die Bildung einer eigenen Synagogengemeinde, dem auch der Kreisrabbiner Schwarzschild aus Schlüchtern zustimmte, weil „den Israeliten zu Salmünster die Ritual-Gesetze es sogar verbieten an Sabbat und Festtagen den Weg nach Eckardroth zurück zu legen.“ Tatsächlich muss es zu dieser Zeit zu einer auch formalen Ablösung gekommen, denn 1855 werden als Mitglieder der Gemeinde Salmünster namentlich genannt: Abraham Stern, Samuel Stern, Benjamin May, Lazarus May und Abraham Jacobs Witwe. Die Gemeindemitglieder baten sogar um die Genehmigung einer Kollekte zur Einrichtung einer Synagoge, da es weder eine solche noch ein gemeindliches Badehaus gab. Gottesdienst wurde bislang in einem angemieteten Privatzimmer gehalten. Als Synagoge wollten sie ein bald zum Verkauf stehendes Wohnhaus erwerben, die Kosten sollten bei 800 Gulden liegen. Die Kollekte wurde unter anderem abgelehnt, weil vier der Antragsteller über ausreichende Mittel verfügten, die Gemeinde bei der Anschaffung zu unterstützen.5

Tatsächlich erwarb die Gemeinde 1865 den neben dem Mühlbach gelegenen städtischen Schafstall und richtete ihn als Gemeindezentrum ein.6 Der Synagogenraum diente gleichzeitig als Schulzimmer.

1853 lebten in Salmünster 30 Juden, 1861 waren es 33. Diese Zahl stieg bis 1895 auf 42 und erreichte 1910 mit 58 ihren Höhepunkt.7 Sie waren überwiegend als Händler und Kaufleute tätig.

1933 lebten 40 Juden in der Stadt. Antisemitische Ausschreitungen und zunehmende Repressalien veranlassten viele der jüdischen Einwohner auszuwandern. Mehrfach wurden die Scheiben der Synagoge, aber auch von Privathäusern und Geschäften eingeworfen. Bereits 1937 verließ der letzte Jude Salmünster. Es kann davon ausgegangen werden, dass zu dieser Zeit die Gemeinde formal bereits aufgelöst war.

Betsaal / Synagoge

1865 erwarb die wenig zuvor gegründete Gemeinde den vormals städtischen Schafstall, der um 1740 errichtet worden war.

Das Gebäude hat eine Grundfläche von 90 Quadratmetern. Es handelt sich um ein zweigeschossiges Fachwerkhaus, das traufständig unter Krüppelwalmdach zur Vogtgasse steht. An der rückwärtigen, zum Bach weisenden Traufwand befand sich am Obergeschoss ein Erker, der heute fehlt. Im nördlichen Gebäudeteil sollen sich das Ritualbad und darüber eine Wohnung befunden haben.8

Das Synagogengebäude wurde bereits am 13. Oktober 1937 für 2.300 Reichsmark weit unter Schätzpreis „an den Blockwart August Weisbecker“ verkauft. Daher blieb es in der Pogromnacht verschont. Die Kultgegenstände waren zuvor nach Schlüchtern verbracht worden, wo sie in der Pogromnacht zerstört wurden. Dazu gehörten sechs Thorarollen, eine antike Thorakrone aus schwerem Silber, zwei Paar silberne Thoraaufsätze mit Schellen, zwei silberne Thoraschilde, zwei silberne Lesefinger, vier Lesefinger aus Holz, 30 gold- und silberbestickte Thoramäntel, 150 von Hand bemalte oder bestickte Wimpel, sechs goldbestickte Thoraschreinvorhänge aus Plüsch, Samt oder Seide, sechs mit Gold bestickte Decken für das Vorbeterpult, sechs goldbestickte Decken für das Vorlesepult, sechs goldbestickte Decken für das Predigerpult, eine Ewige Lampe aus Messing, zwei siebenarmige Leuchter, ebenfalls aus Messing, ein silberner Channukahleuchter, ein silberner Weinbecher, ein silberner Pokal, eine silberne Hawdallahgarnitur, zwei auf Pergament geschriebene Megilloth mit Mantel, zwei Schofarhörner, 30 Gebetsmäntel, ein antikes Gebetbuch für den Vorbeter, 30 Paar Gebetriemen, 30 Gebetbücher, zehn Trauergebetbücher, 25 Sätze Festgebetbücher, 30 Bände Pentateuch, ein Priesterwaschbecken aus Messing mit Kanne, eine silberne Etrogbüchse und drei Almosenbüchsen. Der Gesamtwert wurde mit 89.600 DM beziffert.9

Weisbecker baute das Gebäude zu einem Wohnhaus um, das 1992 von der politischen Gemeinde erworben wurde. Die anschließende Renovierung begleitete unter anderem Thea Altaras. Der ehemalige Synagogensaal war nun zum Sitzungszimmer geworden. Er wird von zwei hölzernen Tonnengewölben überdeckt und hat damit seinen Charakter als Versammlungsraum wiedererlangt.10

Weitere Einrichtungen

Mikwe

Bis zur Einrichtung der Synagoge bestand bis 1865 keine Mikwe in Salmünster.

Das Ritualbad in der im Jahr 1865 erworbenen Synagoge wurde von dem Mühlbach mit Wasser versorgt.

Schule

Mit Einrichtung der Synagoge entstand auch eine Schule, die bis 1931 existierte. Die Lehrer versorgten die Schüler teilweise von Eckardroth aus mit, zeitweise bestand ein Schulverband mit Wächtersbach.

Cemetery

Zunächst wurden die Verstorbenen aus Salmünster in Gelnhausen, später in Eckardroth bestattet. 1923 richtete sich die Gemeinde am Roten Rain einen eigenen Friedhof ein. Von den ursprünglich sieben Gräbern haben sich zwei Grabsteine erhalten.

1966 ließ die politische Gemeinde ein Ehrenmal in Form eines Grabsteines errichten.

Gelnhausen, Jüdischer Friedhof: Datensatz anzeigen
Eckardroth, Jüdischer Friedhof: Datensatz anzeigen
Salmünster, Jüdischer Friedhof: Datensatz anzeigen

Grabstätten

Gelnhausen, Jüdischer Friedhof: Grabstätten anzeigen
Eckardroth, Jüdischer Friedhof: Grabstätten anzeigen

References

Weblinks

Sources

Bibliography

Illustrations

Indices

Persons

Moresch · Symon · Hutten, Ritter von · Jakob · Jonas · Seligmann · Hirtz · Judith, Witwe des Süßkind · Süßkind · Nathan · Maier · Jakob, Maier · Simon · Stern, Simon · Schwarzschild, Rabbiner · Stern, Abraham · Stern, Samuel · May, Benjamin · May, Lazarus · Jakob, Abraham, Witwe des · Weisbecker, August · Altaras, Thea

Places

Fulda, Kloster · Bad Soden · Bad Soden-Salmünster · Gelnhausen · Fulda · Stolzenberg, Burg · Eckardroth · Aufenau · Schlüchtern

Sachbegriffe Geschichte

Nassau, Herzogtum · Frankfurt, Großherzogtum · Wiener Kongress · Hessen, Kurfürstentum · Pogromnacht

Sachbegriffe Ausstattung

Thorarollen · Thorakronen · Thoraaufsätze · Schellen · Thoraschilde · Lesefinger · Thoramäntel · Wimpel · Thoravorhänge · Decken · Vorbeterpulte · Vorlesepulte · Predigerpulte · Ewige Lampen · Leuchter · Chanukkaleuchter · Weinbecher · Pokale · Hawdalah-Garnituren · Megillot · Schofarot · Gebetmäntel · Gebetbücher · Gebetriemen · Trauergebetbücher · Festgebetbücher · Pentateuch · Priesterwaschbecken · Kannen · Etrogbüchsen · Almosenbüchsen

Sachbegriffe Architektur

Fachwerkbauten · Krüppelwalmdächer · Erker · Tonnengewölbe

Fußnoten
  1. Hanna, Geschichte, S. 39
  2. HStAM Urk. 75, 580 und 633
  3. HStAM 94, 2367
  4. HStAM 100, 7685
  5. HStAM 82 c, 997
  6. Hanna, Geschichte, S. 42
  7. Hanna, Geschichte, S. 42
  8. Altaras, Synagogen, S. 341
  9. HHStAW 518, 1175
  10. Kinzigtal-Nachrichten vom 5. August 1996, S. 12
Recommended Citation
„Salmünster (Main-Kinzig-Kreis)“, in: Synagogen in Hessen <https://www.lagis-hessen.de/en/purl/resolve/subject/syn/id/200> (Stand: 25.8.2022)