Synagogen in Hessen
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- Großherzogtum Hessen 1823-1850 (Übersichtskarte mit handschriftlichen Ergänzungen) – 23. Dieburg
Ober-Klingen
- Gemeinde Otzberg, Landkreis Darmstadt-Dieburg — Von Wolfgang Fritzsche
- Basic Data ↑
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Juden belegt seit
1721
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Location
64853 Otzberg, Ortsteil Ober-Klingen, Wilhelm-Leuschner-Straße 47 | → Lage anzeigen
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preserved
nein
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Jahr des Verlusts
1978
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Art des Verlusts
Abbruch
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Gedenktafel vorhanden
nein
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Weitere Informationen zum Standort
- History ↑
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Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde Ober-Klingen ist bislang wenig bekannt geworden.
In einer Schatzungsliste aus dem Jahr 1721 wird eine jüdische Familie im Ort erwähnt.
Ein Grabstein auf dem Verbandsfriedhof in Dieburg von 1731 nennt den Thoragelehrten Löw, der ein Verwandter des in Lengfeld tätigen Rabbiner Isaak Meyer gewesen sein.1
Das Grundstück, auf dem später die Synagoge stehen sollte, war ursprünglich Bestandteil des Breuelberger Erbleihgutes, das nach dem Dreißigjährigen Krieg von den Grafen von Erbach verwaltet wurde. Diesen waren die Schutzgeld zahlenden jüdischen Viehhändler willkommene Beständer ihrer Höfe.
Im ausgehenden 18. Jahrhundert wurde Veist Oppenheimer als im Ort lebender Jude genannt. Seine Tochter Elckele war mit Moses Rothschild in Mannheim verheiratet und führte als Rechtsnachfolgerin ihres Vaters 1782 einen Prozess gegen die Grafen von Erbach. Die hatten sich um 1750 den beträchtlichen Betrag von rund 5.000 Gulden geliehen und waren mit den Rückzahlungen der Wechselschulden in Verzug geraten.2
Im 18. Jahrhundert war, ausweislich der wenigen Bestattungen auf dem Friedhof in Dieburg, die Zahl der jüdischen Einwohner gering. Ab 1800 aber stieg sie an und lag 1830 bei 30, die zu elf Familien gehörten, die allesamt die Namen Neu oder Wolf trugen. 1878 erreichte die Zahl der jüdischen Einwohner in Ober-Klingen mit 70 ihren höchsten Stand, um 1905 bei noch 44 Personen zu liegen.
Mit der Deportation der letzten zwölf Juden erlosch 1942 das jüdische Leben im Ort.
Seit 1988 befindet sich an der Otzbergschule in Lengfeld ein Mahnmal, das auch auf die Ober-Klinger Juden verweist.
- Betsaal / Synagoge ↑
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Im 18. Jahrhundert nutzten die in Ober-Klingen lebenden Juden einen Betsaal im Hauses des 1769 geborenen Benjamin Wolf, der in der heutigen Wilhelm-Leuschner-Straße 47 lebte.- Er ließ um 1800 über seinem Pferdestall einen Fachwerkbau errichten, den die Gemeinde seitdem als Synagoge nutzte. Erst sein Enkel löste die Erbleihe 1836 ab, die Hofreite samt Synagoge war nun Privateigentum. Wohl aufgrund der langjährigen Nutzung gelangte sie schließlich in den Besitz der Gemeinde. 1872 wurden Reparaturarbeiten am Gebäude durchgeführt.
Die Synagoge war über den Hof zu betreten. In den hochgelegenen Raum führte eine außen liegende Holztreppe. „Nach Erinnerungen von Zeitzeugen war der hohe Innenraum mit einer blaugrundigen gestirnten Decke überwölbt. Die Wände waren mit landschaftlichen Motiven aus dem mittelmeerichen Heimatland der Juden ausgemalt, darunter der Ölberg, Dattelpalmen, weitere südländische Pflanzen und Esel als landestypische Tiere. Der Raum war belichtet durch bleiverglaste farbige Fenster. Der Schrein für die Schriftrolle, die Thora, war in die Wand eingemauert, und zur Ausstattung gehört ein freistehendes Vorlesepult.“3
1939 verkaufte die Gemeinde das Gebäude an einen christlichen Nachbarn. Auch der Verbleib der Kultgegenstände ist nicht abschließend geklärt. Thea Altaras vermerkte dazu, die Gemeindeverwaltung habe sie sichergestellt und die Thorarollen der Gestapo Darmstadt übergeben.4 Die Akten der Israelitischen Gemeinde Dieburg enthalten dagegen den Hinweis, sie seien in die dortige Synagoge verbracht worden, gingen dort allerdings verloren oder wurden zerstört.5 Abermals andere Akten sprechen davon, dass Kultgegenstände aus Ober-Klingen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlich in die Darmstädter Synagoge in der Bleichstraße verbracht worden waren.6
1978 wurde das Synagogengebäude abgebrochen.
- Weitere Einrichtungen ↑
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Mikwe
Es bestand eine Mikwe, über die nichts bekannt geworden ist.
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Cemetery
Die Verstorbenen wurden auf dem Verbandsfriedhof in Dieburg bestattet.
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Grabstätten
- References ↑
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Weblinks
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Sources
- Hessisches Hauptstaatsarchiv Wiesbaden (HHStAW):
- HHStAW Best. 518, Nr. 1239: Entschädigungsakte Landesverband der Jüdischen Gemeinden in Hessen (enth. xxx), 1954, 1961
- HHStAW Best. 518, Nr.1409: Entschädigungsakte Jüdische Gemeinde Dieburg, 1960-1962
- HHStAW Best. 518, Nr. 1402: Entschädigungsakte Jüdische Gemeinde Darmstadt. Synagoge Bleichstraße, 1950-1962
- Hessisches Staatsarchiv Darmstadt (HStAD):
- HStAD Best. R 21, Nr. 1069: Prozess der Elckele Oppenheimer und ihres Ehemanns Moses Rothschild zu Mannheim als Rechtsnachfolger des Feist David Oppenheimer zu Ober-Klingen, dem Vater der Elckele, vor dem Hofgericht in Mannheim gegen die Grafen v. Erbach-Schönberg wegen Rückzahlung von Wechselschulden aus der Zeit ab 1751 in einer Höhe von 5.097 fl., 1782-1785
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Bibliography
- Alicke, Klaus-Dieter: Lexikon der jüdischen Gemeinden im deutschen Sprachraum. Gütersloh 2008
- Altaras, Thea: Synagogen und jüdische Rituelle Tauchbäder in Hessen – Was geschah seit 1945? 2. Auflage. Königstein im Taunus 2007, S. 290
- Arnsberg, Paul: Die jüdischen Gemeinden in Hessen. Anfang. Untergang. Neubeginn, 2 Bde. Frankfurt a.M. 1971/1972, hier: Band 2, S. 151
- Franz, Eckhart G./Wiesner, Christa: Der jüdische Friedhof in Dieburg, Wiesbaden 2009 (Schriften der Kommission für die Geschichte der Juden in Hessen 24)
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Illustration available
✓ (in Bearbeitung)
- Fußnoten ↑
- Recommended Citation ↑
- „Ober-Klingen (Landkreis Darmstadt-Dieburg)“, in: Synagogen in Hessen <https://www.lagis-hessen.de/en/purl/resolve/subject/syn/id/170> (Stand: 23.7.2022)