Synagogen in Hessen
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- Großherzogtum Hessen 1823-1850 (Übersichtskarte mit handschriftlichen Ergänzungen) – 22. Darmstadt
Nauheim
- Gemeinde Nauheim, Landkreis Groß-Gerau — Von Wolfgang Fritzsche
- Basic Data ↑
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Juden belegt seit
1563
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Location
64569 Nauheim, Hintergasse 25 | → Lage anzeigen
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Rabbinat
Darmstadt II
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religiöse Ausrichtung
orthodox
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preserved
ja
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Gedenktafel vorhanden
nein
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Weitere Informationen zum Standort
- History ↑
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Der wohl älteste Hinweis auf einen jüdischen Einwohner Nauheims findet sich in einer Bürgermeistereirechnung aus dem Jahre 1563, als Abraham einen Malter Korn zur Entlohnung für Arbeiten am Brunnen im Pfarrhof erhielt. Nur drei Jahre später, 1566, erscheint der Name abermals, als besagter Abraham der Gemeinde Korn abkaufte. 1608 wurde Nathan genannt, und 1626 erwarben „Abraham Judt Zue Nauheim sampt seinen Consorten” einen Garten aus dem Besitz des Zehntgrafen in Groß-Gerau, um dort einen Friedhof einzurichten.1 1631 erscheint dann abermals Abraham als jüdischer Einwohner des Dorfes, dem Christoph von Straßburg unter König Gustav Adolf von Schweden freies Geleit zugesagte.2 Ungeklärt ist, ob es sich um die gleiche Person handelt. Mangels Nachweisen lässt sich auch kein dauerhafter Aufenthalt bis in das 18. Jahrhundert belegen. Einzig ein Hinweis aus dem Jahr 1697 deutet darauf hin, dass ein Jude im Ort lebte.3 1730 wurde der Name Feist erwähnt, ab 1764 die ersten, noch wenigen Geburten verzeichnet. Dabei werden immer wieder nur drei Familien genannt. Nach Annahme feste Familiennamen finden sich die Familien Marx, Marxsohn, Goldschmidt und Oppenheimer.4 Die Wahl der Familiennamen entspricht der im benachbarten Königstädten und könnte auf eine große soziale, vielleicht sogar familiäre Nähe dorthin verweisen.
Bereits in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts war die Zahl jüdischer Einwohner rückläufig. Sie hatte im Jahr 1900 mit 28 Personen ihren höchsten Stand erreicht und lag 1905 und 1933 bei 19.5 1912 teilte der Vorstand der Gemeinde Simon Marx mit, er habe alle Unterlagen und Dokumente der sich auflösenden Gemeinde Königstädten zur Aufbewahrung erhalten.6
Im Haus Hintergasse 2 richtete Witwe Marx einen Laden für Manufaktur- und Kurzwaren ein. In der Hintergasse 13 betrieb die Familie Ludwig Strauß Viehhandel, in der Waldstraße 10 Familie Siegfried Marx einen Textilhandel. Bernhard Marx handelte in der Vorderstraße 30 mit Vieh und Getreide.
In der Pogromnacht wurde die Familie von Ludwig Strauß misshandelt. 12 Personen kamen im Holocaust ums Leben.
Anfang der 1990er Jahre fand man bei Sanierungsarbeiten am Haus Vorderstraße 30, hier wohnte die Familie Marx, in einem Nebenbau Reste einer Laubhütte.
- Betsaal / Synagoge ↑
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Im 19. Jahrhundert zählten die jüdischen Bewohner zur Gemeinde Groß-Gerau. Ende dieses Jahrhunderts konstituierte sich eine eigene Gemeinde, die im Wohnhaus von Elias Marx, heute Hintergasse 2, eine Betstube einrichtete. Nach dem Tod von Elias Marx meldete dessen Witwe im Oktober 1906 Eigenbedarf an und kündigte den Raum auf. Wenige Tage später bot der Vorsteher der Gemeinde, Levi Hass, an, im Obergeschoss seines Hauses Hintergasse 25, eine Betstube einzurichten. Die Umbaukosten beliefen sich auf 225 Mark.7 Im Laufe der 1930er Jahre nahm die Zahl der jüdischen Einwohner ab, der Betsaal wurde schon um 1935 praktisch nicht mehr genutzt. Nach dem Tod von Levi Haas ging das Haus an eine Erbengemeinschaft über, die es 1937 an einen christlichen Besitzer verkaufte. Später schrieb ein Sohn der Familie, dass es gerade in den letzten Jahren schwierig war, „den jüdischen Gottesdienst zu halten. Es waren 10 erwachsene Männer dazu notwendig und die waren in Nauheim nicht mehr vorhanden. Meine Eltern luden dazu polnische Juden aus Mainz ein. Sie übernachteten in unserem Haus oder später bei Anna in einem Gasthaus (Zum Hirsch) in der Nähe der Bürgermeisterei und meine Eltern übernahmen die Kosten dafür.”8
Weil es nicht mehr als Betstube genutzt wurde, blieb das Haus in der Pogromnacht verschont.
- Weitere Einrichtungen ↑
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Schule
Zur Unterrichtung der Kinder und Besorgung religiöser Aufgaben war zeitweise ein eigener Lehrer angestellt.
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Cemetery
1626 erwarben „Abraham Judt Zue Nauheim sampt seinen Consorten” einen Garten aus dem Besitz des Zehntgrafen in Groß-Gerau, um dort einen Friedhof einzurichten.9 Dieses Vorhaben wurde aber nicht realisiert, sondern die Verstorbenen in Groß-Gerau bestattet.
- References ↑
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Weblinks
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Sources
- Hessisches Hauptstaatsarchiv Wiesbaden (HHStAW):
- HHStAW Best. 365, Nr. 523: Geburtsregister der Juden von Königstädten, enth. Auszug aus dem Kirchenbuch des evangelischen Pfarramtes in Nauheim 1943, 1750–1943
- HHStAW Best. 365, Nr. 524: Geburts-, Trau- und Sterberegister der Juden von Königstädten, enth. Auszug aus dem Kirchenbuch des evangelischen Pfarramtes in Nauheim 1943, 1780–1943
- HHStAW Best. 365, Nr. 598: Geburts-, Trau- und Sterberegister der Juden von Nauheim, 1764–1808
- HHStAW Best. 518, Nr. 1476: Entschädigungsakte Jüdische Gemeinde Groß-Gerau, 1950-1962 (enth. Aufstellung der aus der Synagoge Nauheim ausgelagerten Kultgegenstände)
- Hessisches Staatsarchiv Darmstadt (HStAD):
- HStAD Best. E 8 A, in Nr. 75/9: Thomas Dreßler, Leutnant von Wolfskehlen, an die Schultheißen zu Wolfskehlen, Goddelau, Crumstadt, Stockstadt und Erfelden [...] Erschienen seien bereits Aron mit seinem Tochtermann zu Berkach, Schmolch zu Gerau und Abraham zu Nauheim, Dornberg 1631 November 22
- HStAD Best. G 15 Groß-Gerau, Nr. L 26: Bau und Bauunterhaltung der Synagoge zu Königstädten, 1856–1912
- HStAD Best. G 15 Groß-Gerau, Nr. L 27: Gesuch um Herstellungsgenehmigung für die Synagoge der israelitischen Gemeinde Nauheim, 1906
- HStAD Best. O 61 Müller Adolf, Nr. 5: Rechnung der [landgräflichen] Kammer zu Darmstadt: Einnahme des Judenzolls in Höhe von 2 1/2 Batzen von je einem Juden zu Alsbach, Crumstadt, Eberstadt, Egelsbach, Eschollbrücken, Gerau, Ginnheim, Gundernhausen, Hähnlein, Hahn, Nauheim, Reinheim, Roßdorf, Trebur, Wallerstädten, Wolfskehlen und Worfelden, 1619
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Bibliography
- Alicke, Klaus-Dieter: Lexikon der jüdischen Gemeinden im deutschen Sprachraum. Gütersloh 2008
- Altaras, Thea: Synagogen und jüdische Rituelle Tauchbäder in Hessen – Was geschah seit 1945? Königstein im Taunus 2007, S. 304
- Arnsberg, Paul: Die jüdischen Gemeinden in Hessen. Anfang. Untergang. Neubeginn, 2 Bde. Frankfurt a.M. 1971/1972, hier: Band 2, S.111-112
- Hock, Harald: Juden in Nauheim (vor 1900). In: Hock, Harald (Hrsg.): Aus der Nauheimer Chronik I. Dokumentationen zur Dorfgeschichte. Im Auftrag des Gemeindevorstandes der Gemeinde Nauheim. Groß-Gerau 2001, S. 392– 396
- Pilz, Karl-Heinz: Das Schicksal der jüdischen Nauheimer zwischen 1933 und 1945. Hrsg. von der Gemeinde Nauheim. Nauheim 2008
- Schleindl, Angelika/Salomon, Hanna: Der jüdische Friedhof Groß-Gerau. Ein Beitrag zur Geschichte der Landjuden in Südhessen. Darmstadt 1993
- Schleindl, Angelika: Verschwundene Nachbarn. Jüdische Gemeinden und Synagogen im Kreis Groß-Gerau. Groß-Gerau 1990
- Vorndran, Hans-Georg/Ziegler, Jürgen: Juden in Groß-Gerau. Eine lokale Spurensuche. Hrsg. vom Evangelischen Dekanat Groß-Gerau. 2., erw. Auflage Groß-Gerau 1989
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Illustrations
- Nauheim: Hintergasse 25 (2015) (48-FM-30)
- Nauheim: Hintergasse 25 (1989) (48-FM-50)
- Nauheim: Hintergasse 25 (2015) (48-FM-70)
- Fußnoten ↑
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- Hock, Juden in Nauheim, S. 392 ↑
- HStAD E 8 A, in 75/9 ↑
- Hock, Juden in Nauheim, S. 393 ↑
- Schleindl, Verschwundene Nachbarn, S. 211 ↑
- Schleindl, Verschwundene Nachbarn, S. 211 ↑
- HStAD G 15 Groß-Gerau, L 26 ↑
- HStAD G 15 Groß-Gerau, L 27 ↑
- Pilz, Schicksal der jüdischen Nauheimer, S. 37 ↑
- Hock, Juden in Nauheim, S. 392 ↑
- Recommended Citation ↑
- „Nauheim (Landkreis Groß-Gerau)“, in: Synagogen in Hessen <https://www.lagis-hessen.de/en/purl/resolve/subject/syn/id/48> (Stand: 23.7.2022)