Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen

Synagogen in Hessen

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5916 Hochheim (Main)
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Herzogtum Nassau 1819 – 45. Hochheim
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Hofheim am Taunus Karten-Symbol

Gemeinde Hofheim am Taunus, Main-Taunus-Kreis — Von Carina Schmidt
Basic Data | History | Betsaal / Synagoge | Weitere Einrichtungen | References | Indices | Recommended Citation
Basic Data

Juden belegt seit

1399

Location

65719 Hofheim, Burggrabenstraße 14 | → Lage anzeigen

preserved

ja

Gedenktafel vorhanden

ja

Weitere Informationen zum Standort

Historical Gazetteer

History

Die Region um Hofheim war schon in der Steinzeit und der Römerzeit besiedelt. Urkundlich erwähnt wird „Hoveheim“ erstmals 1263, als der Ort zum Territorium der Herren von Falkenstein gehörte. 1366 gelangte Hofheim in den Besitz von Kurmainz. Im 15. Jahrhundert wurde die Gemeinde an die Herren von Kronberg verpfändet und erst 1559 wieder ausgelöst. 1803 ging Hofheim an die Fürsten von Nassau-Usingen bzw. 1806 an das Herzogtum Nassau und 1866 an Preußen. Heute ist Hofheim am Taunus die Kreisstadt des Main-Taunus-Kreises in Hessen.

Juden waren in Hofheim bereits im ausgehenden 14. Jahrhundert ansässig. Die früheste Erwähnung stammt von 1399 und bezieht sich auf den Juden Manden, bis 1450 werden im Hofheimer Gerichtsbuch 19 weitere jüdische Einwohner verzeichnet. Danach ging die Zahl der Juden offenbar zurück, denn es gibt nur noch vereinzelt Hinweise auf jüdische Ortsansässige. Erst 1656 sind wieder Juden nachweisbar. Bis ins 18. Jahrhundert lebten konstant drei bis fünf jüdische Familien in Hofheim. Waren es 1729 sechs Schutzjuden mit Angehörigen, so sank deren Zahl bis 1799 auf 16. Da der Kultusgemeinde Hofheim aber die benachbarten Orte Kriftel und Marxheim angeschlossen waren, fehlte es nur selten an der für den Gottesdienst benötigten Zahl religionsmündiger Männer.1

Ihre Gottesdienste feierte die Kultusgemeinde seit etwa 1650 in einem Haus in der Judengasse, das sie 1779 jedoch abgeben musste, weil sie es ohne Konsens der Landesregierung gekauft hatte.2 Aus diesem Grund gingen die Hofheimer Juden vorübergehend in die Synagoge nach Hattersheim. Doch sie konnten bald eine neue Synagoge im Büttelturm in der Burggrabenstraße einrichten und erhielten 1788 die Erlaubnis, ihre Gottesdienste wieder in Hofheim zu feiern. Allerdings führte dies dazu, dass in beiden Gemeinden nur acht religionsmündige Männer waren, so dass sie, um einen Minjan bilden zu können, je zwei Juden aus anderen Ortschaften dazugewinnen mussten. Zeitweise gingen deshalb Juden von Diedenbergen nach Hofheim, diejenigen von Okriftel besuchten den Gottesdienst in Hattersheim. 1795 scheint die Zahl der jüdischen Männer wieder knapp geworden zu sein, denn zwischen beiden Gemeinden entbrannte ein Streit um die Zugehörigkeit des Krifteler Juden Wolf und seines Knechts, der seitens des Oberamts Höchst geschlichtet wurde: Fortan mussten die Krifteler Juden abwechselnd nach Hattersheim bzw. Hofheim gehen.3

Im 19. Jahrhundert wuchs die Gemeinde von 21 Mitgliedern 1825 auf 45 im Jahr 1843 an. Um 1900 ging die Zahl jüdischer Einwohner in Hofheim leicht zurück, 1925 erreichte sie jedoch einen Höhepunkt, als die Kultusgemeinde 70 Mitglieder zählte und damit größer war als je zuvor. Die Kultusgemeinde bestand nach 1933 weiter, auch wenn die Zahl der ansässigen Juden in Hofheim auf rund 35 zurückging.4 Die Synagoge wurde bis 1938 genutzt, bis sie bei den nationalsozialistischen Ausschreitungen in der Reichspogromnacht verwüstet und die Inneneinrichtung zerschlagen wurde; von einer Inbrandsetzung des Gebäudes wurde nur aus Rücksicht auf die eng stehenden Nachbarhäuser abgesehen. 1939 lebten noch 12 Juden in Hofheim, doch nur wenige von ihnen konnten fliehen, die meisten wurden 1942 deportiert.5

Ebenso wie das Gotteshaus wurden jüdische Wohnhäuser und das seit 1909 bestehende Ettlinger’sche Kindererholungsheim in der Kapellenstraße 12 verwüstet. Die von Friederike Heller aus Halberstadt geführte Einrichtung bot Platz für 26 jüdische Kinder, die aus ganz Deutschland zur Erholung nach Hofheim kamen. 1938 wurde die Inneneinrichtung zertrümmert, die Vorratsschränke geplündert. Wenig später musste die Ettlinger’sche Stiftung das Haus zwangsweise verkaufen.6

Betsaal / Synagoge

Die Synagoge in Hofheim befand sich zuletzt in einem ehemaligen Wachtturm der Stadtmauer, genannt Büttelturm, in der Burggrabenstraße 14. Angeblich sei dieses Gebäude schon seit 1590 im Besitz der jüdischen Gemeinde gewesen, tatsächlich hat die Gemeinde das Haus aber erst Ende des 18. Jahrhunderts erworben. Zuvor befand sich die seit etwa 1650 bestehende Synagoge in Hofheim in einem ausgebauten Stall in der Judengasse (heutige Webergasse). Sie bildete rund 130 Jahre das Zentrum des jüdischen Kultus. 1778 wurde das Gebäude von Ephraim Isaac für 103 Gulden an Herz Isaac verkauft, wobei die weitere Nutzung als Kultstätte im Kaufvertrag festgehalten wurde. Allerdings versäumten die beiden Handelspartner es, den landesherrlichen Konsens zu diesem Geschäft einzuholen. Dies nahm Franz Heilmann, der neben dem Bethaus wohnte, zum Anlass, um das Abtriebsrecht dafür einzuklagen. 1780 musste die jüdische Gemeinde daraufhin ihren Betraum räumen, den Heilmann umgehend abreißen ließ.7

In den folgenden Jahren besuchten die Hofheimer Juden in Ermangelung einer Synagoge den Gottesdienst in Hattersheim. 1788 gelang es ihnen, ein anderes Haus zu erwerben und dort eine neue Synagoge einzurichten.8 Unklar ist allerdings, ob es sich bei diesem Gebäude bereits um den Büttelturm handelte oder ob zwischenzeitlich ein anderes, nicht näher benanntes Wohnhaus als Betraum diente. Den um 1400 erbauten Büttelturm, den die Stadtgemeinde wegen seiner Baufälligkeit versteigerte, erwarb noch 1787 für 215 Gulden der Hofheimer Bürger Anton Grimmel (Krimmel).9 Wann der Turm in den Besitz der jüdischen Gemeinde gelangte, lässt sich nur ungefähr auf den Zeitraum zwischen 1788 und 1816 – in diesem Jahr ist der Büttelturm bereits als Judenschule im Brandkataster verzeichnet – eingrenzen. Es handelte sich dabei um ein zweistöckiges Fachwerkgebäude mit einem mit Ziegeln gedeckten Spitzdach und einem Unterbau aus Bruchsteinen. Die Grundfläche betrug rund 100 Quadratmeter, der bauliche Zustand wird im Brandkataster als mittelmäßig eingestuft.10 Auf der Spitze des Turms prangte ein Davidstern, doch 1938 zwangen Nationalsozialisten einen jüdischen Schmied den Stern abzumontieren, ein Hakenkreuz zu schmieden und dieses auf dem Dach der Synagoge zu befestigen.11

Dem Inventar der Kultusgemeinde von 1843 zufolge hatte die Synagoge im Büttelturm samt reicher Innenausstattung einen Wert von rund 1.050 Gulden. Zur Einrichtung des Bethauses gehörten u.a. ein Altar, zehn Stühle, fünf Sessel und fünf Bänke sowie ein Schrank zur Aufbewahrung der Gesetzesrollen. Auch zwei in Leder eingebundene Bücher, mehrere Leuchter aus Messing und Blech, seidene Vorhänge für den Thoraschrein, eine Posaune und eine „silberne Hand“ zum Vorlesen der Gesetzesrollen zählten zur Ausstattung der Hofheimer Synagoge.12

1925/26 wurde die baufällig gewordene Synagoge umfassend renoviert, u.a. ließ die Gemeinde Maurer-, Schreiner- und Schlosserarbeiten vornehmen. Zudem erhielt das Gebäude einen neuen Anstrich. Finanziert werden konnte die mit einem Kostenaufwand von 8.000 Mark veranschlagte Sanierung nur durch zahlreiche Spenden, auch von nichtjüdischer Seite, und Darlehen. Die Leitung der Bauarbeiten übernahm ehrenamtlich der Kreisbaumeister Astheimer aus Höchst. Am 5. März 1926 fand die feierliche Einweihung der Synagoge, die nun über 20 Männer- und 10 Frauenplätze verfügte, statt. Doch bereits 12 Jahre später wurde die Synagoge in der Reichspogromnacht schwer verwüstet. Daraufhin übereignete die Kultusgemeinde das Gotteshaus der Ortsgemeinde. 1983 wurde der historische Wachtturm instand gesetzt, genutzt wird er heute als Gaststätte. Seit 1976 erinnert eine Gedenktafel am Büttelturm an die jüdische Gemeinde in Hofheim. Zudem wurden seit 2008 auch in Hofheim Stolpersteine zur Erinnerung an frühere jüdische Einwohner verlegt.13

Weitere Einrichtungen

Schule

Die jüdische Gemeinde Hofheim bestellte in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts zumeist einen eigenen Religionslehrer. 1837 ernannte der Vorstand Joseph Walle aus Wellmers bei Sachsen-Meiningen zum Nachfolger von Lehrer Jacob Monsbach. 1851-1852 unterrichtete Lehrer Henoch aus dem Amt Runkel in Hofheim. Schließlich schloss die Kultusgemeinde sich dem Schulverband von Hattersheim und Okriftel an.14 In allen drei Gemeinden war Emanuel Mannheimer seit den 1850er Jahren über 50 Jahre lang als Religionslehrer tätig.15 1896 gab es nur drei schulpflichtige Kinder in Hofheim, dennoch fand der Unterricht in der Synagoge vor Ort statt. Da letztere aber nicht eigens für die Schulstunden beheizt wurde, musste der Unterricht im Winter häufig in den Privathäusern der Eltern abgehalten werden; auch Vorsteher Strahlheim stellte zeitweise sein Wohnhaus zur Verfügung. Nach Mannheimers Tod übernahm Josua Thalheimer aus Falkenstein den Unterricht, ihm folgte Kallmann Levi, der auch in Hattersheim und Okriftel tätig war.16

Cemetery

Die Hofheimer Juden wurden ursprünglich auf dem alten jüdischen Sammelfriedhof in Niederhofheim beerdigt. Schon 1619 bemühte sich die jüdische Gemeinde Hofheim gemeinsam mit denjenigen zu Kelkheim und Münster um die Anlegung einer separaten Grablege in Münster, dieses Vorhaben blieb aber erfolglos. Erst als der Niederhofheimer Friedhof wegen anhaltender Streitigkeiten zwischen der Kultusgemeinde und der Zivilgemeinde Niederhofheim 1872 geschlossen wurde, konnten die Hofheimer sich aus dem Beerdingungsverband lösen.17 Sie legten zusammen mit den Juden von Soden, Hattersheim, Höchst und Okriftel einen neuen Friedhof in Soden an der Niederhofheimer Straße an. Das 2.220 Quadratmeter große Gelände wurde mit einer Ziegelsteinmauer eingefasst und „Totenhof auf der Schanz“ genannt. Darauf stand eine Leichenhalle, die 1938 von Nationalsozialisten verwüstet und später abgerissen wurde. Bis zur Schließung des Friedhofs 1942 fanden dort 288 Menschen ihre letzte Ruhestätte.18

Bad Soden am Taunus, Jüdischer Friedhof: Datensatz anzeigen
Niederhofheim, Alter Jüdischer Friedhof: Datensatz anzeigen

Grabstätten

Bad Soden am Taunus, Jüdischer Friedhof: Grabstätten anzeigen

References

Weblinks

Sources

Bibliography

Illustrations

Fußnoten
  1. Artikel „Hofheim am Taunus – Jüdische Geschichte/Synagoge“, Absatz 1 im Abschnitt „Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde“, auf http://www.alemannia-judaica.de/hofheim_taunus_synagoge.htm; Juden in Hofheim, S. 13–15, 34; Erfassung der Juden in der Kellerei Hofheim und im Amt Höchst und Erhebung des Judenschutzgeldes, 1729–1807, in: HHStAW 106, 141; Arnsberg: Jüdische Gemeinden, Bd. 1, S. 382–383
  2. Häusererwerb der Juden und Übergang dieser Häuser in nichtjüdischen Besitz in den Ämtern Höchst und Hofheim, 1773–1780, in: HHStAW 106, 1507; Streitigkeiten wegen des Besuchs der Synagogen zu Hattersheim und Hofheim, 1788, 1795, in: HHStAW 106, 201
  3. Arnsberg: Jüdische Gemeinden, Bd. 1, S. 338, 383; Schmidt: Hofheim 1933–1945, S. 67–68; Streitigkeiten wegen des Besuchs der Synagogen zu Hattersheim und Hofheim, 1788, 1795, in: HHStAW 106, 201; Streitigkeiten zwischen den jüdischen Gemeinden Hattersheim und Hofheim, 1795, in: HHStAW 106, 145
  4. Alicke: Jüdische Gemeinden, Bd. 2, Sp. 1930
  5. Schmidt: Hofheim 1933–1945, S. 78, 81, 87–90; Alicke: Jüdische Gemeinden, Bd. 2, Sp. 1930; Arnsberg: Jüdische Gemeinden, Bd. 1, S. 383
  6. Schmidt: Hofheim 1933–1945, S. 77, 81
  7. Arnsberg: Jüdische Gemeinden, Bd. 1, S. 383; Schmidt: Hofheim 1933–1945, S. 68; Becht: Hofheim und seine Geschichte, Bd. 1, S. 79–80; Häusererwerb der Juden und Übergang dieser Häuser in nichtjüdischen Besitz, 1773–1780, in: HHStAW 106, 1507; Streitigkeiten um den Besuch der Judenschulen in Hattersheim und Hofheim, 1788–1795, in: HHStAW 106, 201
  8. Becht: Hofheim und seine Geschichte, Bd. 1, S. 80; Streitigkeiten um den Besuch der Judenschulen in Hattersheim und Hofheim, 1788–1795, in: HHStAW 106, 201
  9. Versteigerung des Büttelturms zu Hofheim, 1787, in: HHStAW 106, 870; Altaras: Synagogen, S. 353
  10. Brandkataster der Gemeinde Hofheim, 1816, in: HHStAW 228, 1272; Becht: Hofheim und seine Geschichte, Bd. 1, S. 80; Altaras: Synagogen, S. 352–353
  11. Becht: Hofheim und seine Geschichte, Bd. 1, S. 156
  12. Inventarium für die jüdische Gemeinde Hofheim, 1843, in: HHStAW 228, 404
  13. Rechnungswesen und Synagogenrenovierung der Kultusgemeinde Hofheim, 1913–1938, in: HHStAW 425, 893; Organisation und Rechtsstellung der Juden und der jüdischen Gemeinden im Preußischen Landratsamt des Main-Taunus-Kreises, Bd. 5, 1914–1938, in: HHStAW 425, 882; Altaras: Synagogen, S. 353; Abschnitte „Zur Geschichte der Synagoge“ und „Erinnerungsarbeit vor Ort“ im Artikel „Hofheim am Taunus – Jüdische Geschichte/Synagoge“ auf http://www.alemannia-judaica.de/hofheim_taunus_synagoge.htm
  14. Anstellung von Religionslehrern durch die jüdischen Gemeinden in Hattersheim, Okriftel und Hofheim, 1833–1841, in: HHStAW 211, 11485, Bd. 1; Anstellung von jüdischen Religionslehrern bei der Kultusgemeinde Hofheim, 1849–1859, in: HHStAW 228, 303
  15. Arnsberg: Jüdische Gemeinden, Bd. 1, S. 339, 383
  16. Aufsicht über die Anstellung und Tätigkeit jüdischer Religionslehrer im Landratsamt Höchst a.M., 1888–1914, in: HHStAW 425, 257; Arnsberg: Jüdische Gemeinden, Bd. 1, S. 339
  17. Heinemann: Juden in Niederhofheim, S. 43–44; Erweiterung bzw. Schließung des alten Sammelfriedhofes in Niederhofheim, 1857–1873, in: HHStAW 228, 405; Plan zur Anlage eines jüdischen Friedhofs in Münster, 1619, in: HHStAW 106, 784
  18. Arnsberg: Jüdische Gemeinden, Bd. 2, S.259; Kromer: Leben aus den Quellen, S. 345; Vetter/Wagner: Der jüdische Friedhof in Bad Soden, S. 146; Schließung des Friedhofs, 1942, in: HHStAW 425, 432; Verzeichnis der Grabsteine, 1943, in: HHStAW 365, 968
Recommended Citation
„Hofheim am Taunus (Main-Taunus-Kreis)“, in: Synagogen in Hessen <https://www.lagis-hessen.de/en/purl/resolve/subject/syn/id/62> (Stand: 22.7.2022)