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Synagogen in Hessen

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5315 Herborn
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Herzogtum Nassau 1819 – 3. Herborn

Herborn Karten-Symbol

Gemeinde Herborn, Lahn-Dill-Kreis — Von Wolfgang Fritzsche
Basic Data | History | Betsaal / Synagoge | Weitere Einrichtungen | References | Indices | Recommended Citation
Basic Data

Juden belegt seit

1377

Location

35745 Herborn, Johann-Steubing-Weg | → Lage anzeigen

Rabbinat

Ems-Weilburg

preserved

nein

Jahr des Verlusts

1969

Art des Verlusts

Abbruch

Gedenktafel vorhanden

ja

Weitere Informationen zum Standort

Historical Gazetteer

History

Herborn wurde urkundlich erstmals 1048 erwähnt, 1251 erhielten die Grafen Otto und Walram von Nassau als Herren die Stadtrechte. Die 1584 durch Johann VI. von Nassau-Katzenelnbogen gegründete Hohe Schule wurde bald eine der wichtigsten Schulen der Reformierten in Europa. Im 19. Jahrhundert gehörte die Stadt zum Herzogtum Nassau und kam 1866 an Preußen. Heute ist sie Bestandteil des hessischen Lahn-Dill-Kreises.

Bereits im Mittelalter gab es in Herborn eine jüdische Gemeinde, die vermutlich 1349 im Zuge der Judenpogrome unterging. Sie unterhielt in einem heute nicht mehr bekannten Haus eine Judenschule, also eine Synagoge.

Erst nach dem Dreißigjährigen Krieg, um 1660, ließen sich abermals Juden in der Stadt nieder, nachdem 1646 der Zuzug des Moses aus Gladenbach noch abgelehnt worden war. In einer Liste der Beisassengelder aus dem Jahr 1698 werden namentlich Ezechiel, Salomon, Hirz, Jessof, Abraham und Veist genannt. Sie hatten, außer Veist, zwei Gulden Beisassengeld zu zahlen. Die Abgabe von Veist war, weil er als „arm, lahm und alt“ galt, auf die Hälfte reduziert.1

Die Herborner Juden erhielten schon früh die Möglichkeit, Grundbesitz und Häuser zu erwerben. Diese finden sich in der Neugasse, auf dem Kornmarkt, in der Obergasse, in der Mühlgasse und unweit des Hexenturms. Gleichwohl lebten die meisten jüdischen Einwohner Herborns in vergleichsweise bescheidenen Verhältnissen von Handel und Geldverleih. Es gab außerdem mindestens einen Metzger, einige Juden waren Hoffaktoren am Hofe des letzten Fürsten von Nassau-Dillenburg. Da dieser aber praktisch als bankrott galt, verarmten auch die bei ihm beschäftigten jüdischen Familien.2

Zu Beginn des 19. Jahrhunderts lebten im Nassauischen Amt Herborn ausschließlich in den beiden Orten Herborn und Beilstein Juden, die zumindest zeitweise die Gemeinde Herborn bildeten. Im frühen 19. Jahrhundert beschäftigten zwei Familien Salomon Herxheimer als Privatlehrer, der vom Theologischen Seminar, der weiterbestehenden katholischen Fakultät der Hohen Schule, gefördert wurde.3 1825 war der Lehrer Jakob Friedmann als Gemeindelehrer in Herborn tätig. Zu dieser Zeit gehörten die Familien von sechs Schutzjuden der Gemeinde an, in denen sechs schulpflichtige Kinder lebten.

In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts verarmten die Gemeindemitglieder zusehends. 1840 lebten im gesamten Amt Herborn nur zehn jüdische Familien, die eine gemeinsame Gemeinde bildeten. Davon wohnten sieben in Herborn selbst, die übrigen drei in Beilstein. Sie beschäftigte einen Schächter, der 48 Gulden Jahresgehalt erhielt und Kost und Logis der Reihe nach bei den Mitgliedern bezog.4 Gleichzeitig gab es Tendenzen, vor allem aus Beilstein, die Gemeinde zu trennen.

Als die Familien 1841 feste Namen annahmen, wählten die Herborner Schlehsinger, Boppard, Schweitzer, Lucas und Seligmann, die Beilsteiner Moses und Wolf. Unter ihnen befanden sich die drei Witwen von Lemle Schweitzer und Herz Lucas in Herborn und Israel Moses in Beilstein.5

Das Gemeindeleben war zu dieser Zeit weitgehend zum Erliegen gekommen. Der frühere Vorsteher Mayer Boppard berichtete, die Herborner Familien seien unvermögend und könnten kaum den eigenen Lebensunterhalt erwirtschaften. In Beilstein dagegen lebten vermögendere Juden, wobei Löb Wolf als sehr vermögend galt. Daher würden nur wenige Mittel aus Herborn auf den Kultus verwendet und es schien nicht ausführbar, die beiden Gemeinden voneinander zu trennen. Weil Beilstein zwei Stunden beschwerlichen Fußweg von Herborn entfernt lag, hatte Löb Wolf in seiner Wohnung eine Synagoge eingerichtet. Er selbst fungierte als Vorbeter, einen Religionslehrer gab es nicht. Der Schächter in Herborn dagegen war zugleich Lehrer und Vorbeter. Befand er sich außerhalb oder war niemand dafür angestellt, übernahm Mayer Boppard bis 1835 selbst dieses Amt.

Daher schlug der Amtmann vor, die Aufsicht über den Kultus der Gemeinde Herborn dem Lehrer in Westerburg zu übertragen. Dieser Ort lag zwar sieben Stunden entfernt, aber innerhalb einer kürzen Distanz konnte keine ausreichend qualifizierte Person gefunden werden. Da dieser Vorschlag nicht praktikabel war, wurde Mayer Boppard als Gemeindevorstand der Gemeinde in Herborn mit Beilstein eingesetzt. Dagegen opponierten aber Löb Wolf, Israel Moses und Hirsch Moses aus Beilstein, weil sie eine eigene Schule unterhielten. Weiter heißt es: „Eine Gemeinschaft mit den Herborner Juden wollen wir gar nicht haben [...]. Überdies widerstreitet dieses auch unsere Religionsgesetze, da Herborn und Beilstein über 2 Stunden voneinander entfernt sind, in welchem Falle unsere Gesetze eine gemeinschaftliche Schule nicht gestatten.“6

Wenig später versuchte Hirsch Moses aus Beilstein abermals die Verhältnisse zu klären. In seinem Schreiben vom 5. Mai 1842 berichtete er, bis 1825 hätten in Beilstein drei jüdische Familien gelebt, die sich mit herrschaftlicher Erlaubnis im Haus des Löb Wolf „eine vollständige, nach mosaischen Gesetzen genau einzurichtende Synagoge erbaut“ hätten. Weiter schrieb er: „Eine umständliche Beschreibung dieses Gotteshauses mit seinen Appartimenten zu machen halte ich für überflüssig. Glücklich fühlte sich indessen die hiesige Judengemeinde, als sie zum ersten Mal ihre Andacht in ihrem eigenen Wohnorte verrichten konnte.“7 Diese Gemeinde wurde 1833 durch den Amtmann sogar formal bestätigt. Sie bestand aus vier Familien mit 17 Personen. Als Vorsteher fungierte Hirsch Moses und dieser musste nun, 1841, erfahren, dass seine Gemeinde von Amts wegen mit der Herborner zusammengelegt werden sollte. Diese, so führte er aus, besaß nicht einmal eine Synagoge, sondern hatte nur einen Betraum angemietet und eingerichtet. Moses vermutete weiter, die Zusammenlegung sei einzig aus dem Grund erfolgt, dass Beilstein die Kosten für Herborn übernehmen sollte, da bei ihm die wohlhabenderen Leute wohnten. Zudem unterstellte er dem Mayer Boppard Eigennutz im Amt als Obervorsteher, weil dieser bereits versucht hatte, die Synagoge in Beilstein schließen zu lassen. Abschließend bat er eindringlich darum, seine Gemeinde nicht mit der Herborner zu vereinigen.

Dazu nahm der Amtmann abermals Stellung und führte aus, in Herborn hätten früher wohlhabende Juden gelebt, die eine eigene Synagoge unterhielten. Bei feierlichen Anlässen sei diese dann auch von den Juden aus Beilstein besucht worden. Im Laufe der Zeit habe sich aber das Verhältnis umgedreht. Er konnte sich tatsächlich daran erinnern, dass Löb Wolf auf eigene Kosten eine Privatsynagoge habe bauen lassen. Daher erging am 9. Juni 1842 an ihn die Order, die Trennung der beiden Gemeinden zuzulassen.

Wie unbemittelt die Gemeinde Herborn war, zeigen die vielen Anträge an den Nassauischen Zentralkultusfonds zur Unterstützung ihrer Gemeindearbeit, die auch oft gewährt wurde. Zu dieser Zeit bestand das Gemeindekapital einzig in einem Friedhof, dessen Zuweg seit mehr als 30 Jahren nicht mehr genutzt worden war und daher für 40 Gulden verkauft wurde.8

1846 bestand die Gemeinde Beilstein nur noch aus zwei Personen, die teilweise den Gottesdienst und die Schule in Herborn, teilweise aber auch in Mengerskirchen besuchten. Der zwischenzeitlich neu eingesetzte Amtmann schlug daher die erneute Vereinigung beider Gemeinde vor, die 12. Dezember 1846 auch angeordnet wurde.

Bis 1852 waren die Verhältnisse in Herborn so schlecht geworden, dass keine regelmäßigen Gottesdienste mehr stattfanden. Einzig an den hohen Feiertagen traf man sich in der Synagoge, wobei die Anzahl der Männer bis dahin auf fünf gesunken war.

Auch bis 1865 waren keine nennenswerten Änderungen eingetreten. In Herborn lebten sechs, in Beilstein eine Familie. Alle sechs schulpflichtigen Kinder stammten aus Herborn, einen eigenen Lehrer konnte man allerdings nicht beschäftigen. Weiter hieß es, der Synagogenbezirk Beilstein habe schon vor Jahren aufgehört zu existieren und nun sah man auch dem Niedergang der Herborner Gemeinde entgegen. Nach wie vor fand kein regelmäßiger Gottesdienst statt.9

Wohl um zumindest diesem Missstand zu begegnen gab die Gemeinde wenig später den angemieteten Raum auf und richtete sich am heutigen Johann-Steubing-Weg eine Synagoge ein. Diese war ein schlichter Fachwerkbau älteren Baujahres mit nur einem Raum10, der mehr einem Lagerhaus ähnelte, als einer Synagoge.

Ab etwa 1870 verbesserte sich die wirtschaftliche Situation vor allem durch Zuzug. In diesem Jahr lebten bereits 13 steuerpflichtige Familien in der Stadt.11

Neben ihrem Leben innerhalb der eigenen Gemeinde engagierten sich viele Juden auch innerhalb der politischen Gemeinde. Viele wurden Mitglied in Vereinen. Aaron Lucas war zudem Mitbegründer der Freiwilligen Feuerwehr und ein Mitglied der Familie Löwenstein zählte zu den ersten Fußballern des SV 1920 Herborn.

Auch begann sich die wirtschaftliche Situation zu verbessern. Zwischen 1877 und 1925 bauten sich jüdische Metzger und Vieh- und Getreidehändler teilweise stattliche Geschäftshäuser unter anderem in der heutigen Walter-Rathenau-Straße, der Kaiserstraße, der Augusta- und der Austraße.

Mehrere jüdische Männer nahmen am Ersten Weltkrieg teil. Einige erhielten das Eiserne Kreuz. Albert Rosenberg und Julius Weinberg sind gefallen.12

Nach der Machtübergabe an die Nationalsozialisten begann auch in Herborn eine Zeit der Repressalien und Ausgrenzungen. Viele jüdische Einwohner entschlossen sich schon früh zur Auswanderung. Lebten 1933 noch 92 Juden in der Stadt, waren es im November 1938 nur noch 50.13 Weitere konnten später noch flüchten. Im Juni und August 1942 wurden die in Herborn verbliebenen Juden deportiert. Zu ihnen zählten auch Patientinnen und Patienten der Heil- und Pflegeanstalt. Die überwiegende Mehrzahl fand in Theresienstadt oder in Minsk den Tod.

Nachdem 2009 Stolpersteine verlegt worden waren, wurde am 7. November 2013 am Eisernen Steg ein Mahnmal zur Erinnerung an die ermordeten Juden eingeweiht.

Betsaal / Synagoge

Der älteste Hinweis auf eine Synagoge stammt aus dem Jahr 1377, als ein Grundzins für ein in einer ungenannten Gasse liegendes Haus, das als „judin schule“ bezeichnet wurde, Erwähnung fand. Da die jüdischen Bewohner der Stadt aber vermutlich bereits 1349 vertrieben worden waren, wird dies als Erinnerung an die seinerzeit bestehende Synagoge in Form eines Hausnamens gewertet.14

Nach abermaligem Zuzug jüdischer Bewohner in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts unterhielt die Gemeinde ab 1680 in der südlichen Hälfte des Hauses Kornmarkt 22 eine Synagoge.15 In diesem Haus, einem in Firstrichtung geteilten, mehrstöckigen Fachwerkgebäude von 1609, lebten von etwa 1670 bis um 1800 Juden und Christen unter einem Dach. Die Betstube befand sich in einem großen Raum im dritten Stock. Bei Umbauarbeiten wohl in der Zeit um 1935 fand man nach Abnahme einer Putzschicht einen gemalten Fries.16 Hier bestanden zudem Schulräume für den Unterricht und im Keller eine Mikwe. Ab 1805 stand das Haus vollständig in jüdischem Besitz und wurde 1835 verkauft. Gleichwohl fand hier, wenn auch nur unregelmäßig, bis zur Einrichtung der neuen Synagoge Gottesdienst statt.

Am 5. Februar 1869 weihte die Gemeinde ihren neuen Betraum am Johann-Steubing-Weg hinter dem Amtsgericht ein. In der Chronik des Herborner Geschichtsvereins heißt es dazu: „Mittags 1 Uhr erfolgte die Einweihung der neuen jüdischen Synagoge unter Beteiligung der Behörde, des Rabbiners von Weilburg, des hiesigen Männergesang-Vereins und vieler hiesiger Bewohner. Abends war Festball im Ritter“.17 Den Gottesdienst leitete zunächst Salomon Schweitzer. Von Anfang an war bekannt, dass die Synagoge nicht in allen Punkten den religiösen Vorschriften entsprach.18 Daher bat die Gemeinde 1880 um die Genehmigung einer Kollekte, um einen Neubau finanzieren zu können. In der Stellungnahme des Amtmanns hieß es dazu: „Der jetzt zur Synagoge bestimmte Raum entspricht eher einem Lagerhäuschen, denn einem Gotteshaus, ist in hohem Maße baufällig, reicht bezüglich seiner Größe bei Weitem für die Cultusgemeinde nicht aus, liegt vor der Stadt auf einem in fremden Besitz befindlichen Bierkeller, ist hierdurch ungesund, und darf vertragsmäßig nicht neu errichtet werden, wie auch der Zugang zu demselben vermittelst eines schmalen Fußwegs meistens sehr beschwerlich und wenig dem Zwecke des Besuchs angemessen ist.“19 Die finanziellen Verhältnisse der Gemeinde wurden als dürftig eingestuft, zudem hatte sie immer noch Schulden wegen der Anlage des neuen Friedhofs. „Dabei sind die Gemeindemitglieder in der bei Weitem größten Zahl vermögenslos, vielfach arm, und wirklich vermögende Mitglieder sind nicht vorhanden.“20 Allein der Neubau sollte 7.300 Mark kosten. Die Kollekte erbrachte aber nur 515 Mark und 10 Pfennige, so dass von dem Vorhaben abgesehen wurde. Auch eine wenig später genehmigte zweite Sammlung konnte daran nichts ändern.

1928 wurde der Plan erneut aufgegriffen, da sich das Gebäude in schlechtem Zustand befand. Als Baugrund sollte auf städtisches Gelände zurückgegriffen werden. Der 1929 durch den Architekten Krauss aus Herborn vorgelegte Entwurf wurde als mangelhaft eingestuft und ein neuer, mit 64 Männer- und 48 Frauenplätzen, eingereicht.21 Noch im Februar 1932 sagte der Magistrat der Stadt Herborn die Übernahme eines Teiles des Kaufpreises für das ins Auge gefasste Grundstück Ecke Mühlgasse/Schulhofstraße gegenüber der Hohen Schule zu. Dieser Plan aber konnte nach der Machtübergabe nicht mehr realisiert werden.

In der Pogromnacht wurde die Inneneinrichtung auf die Straße getragen und zerstört. Zudem schlug der Mob die Fenster ein, riss den Fußboden auf und zerstörte die Gasbeleuchtung.

Die Inneneinrichtung bestand aus 36 Sitzplätzen für Männer, 24 für Frauen, einer Garderobeneinrichtung für 60 Einheiten, einem Thoraschrein mit Altaraufbau, einem Almemor mit Vorlesepult und Wickelbank, einem Vorbeterpult, vier Hängelampen, sechs Seitenleuchtern, zwei Kandelabern aus Silber, zehn Metern Läufer, einem Schrank für Kultgeräte, einer Wanduhr, zwei großen Gasöfen, Decken und Beerdigungsausrüstung. An Kultgegenständen waren vorhanden vier Thorarollen, ein silberner Lesefinger, acht goldbestickte Thoramäntel, 30 bestickte Wimpel, zwei goldbestickte Thoraschreinvorhänge, vier Decken für das Vorleserpult, eine Ewige Lampe, ein siebenarmiger Leuchter, ein Channukahleuchter aus Messing, ein Jahrzeitleuchter, ein silberner Weinbecher, eine silberne Hawdallahgarnitur, ein pergamentbeschriebenes Megillah mit Holzkapsel, zwei Schofarhörner, zwölf Gebetmäntel, fünf Paar Phylakterien, 20 Gebetbücher, 20 Sätze Festtagsgebetbücher, 20 Bände Pentateuche, ein Satz Aufrufplatte und eine silberne Ethrogbüchse. Der Gesamtwert wurde auf 33.725 DM taxiert.22

Vier Gebetsrollen und sieben Gebetsbücher sollen während des Krieges an das Museum in Herborn übergeben worden sein, von wo sie 1950 an die JRSO übereignet wurden.23

Von der Ausstattung blieb eine 45 x 42 Zentimeter große mit Gold und Silber bestickte Samtdecke erhalten, die wohl für den Hawdala, den Unterscheidungssegen, bestimmt war. Sie war ein Geschenk eines Herrn Hecht.24 Leopold Hecht war lange Zeit Vorsteher der jüdischen Gemeinde in Herborn. Die Decke zeigt in ihrem Mittelpunkt einen großen Becher, über dem einer der Verse aus dem Psalm 116,13 gestickt ist. Seitlich befindet sich der Weinsegen.25 Die Decke befindet sich heute im Museum.

1969 wurde das Synagogengebäude abgerissen und an seiner Stelle ein Neubau errichtet.

Weitere Einrichtungen

Mikwe

In der südlichen Hälfte des Hauses Kornmarkt 22 befindet sich eine Mikwe, die 1983/84 ausgegraben und wieder zugänglich gemacht wurde.

Die Anlage besteht aus zwei Teilen, wobei ein 2,10 x 1,40 Meter großer Raum das Tauchbecken fasst. Sie ist vermutlich älter als das 1609 darüber errichtete Haus und könnte ursprünglich noch aus der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts stammen. Nach Thea Altaras könnte sie sich zu dieser Zeit in einem separaten Gebäude befunden haben, das 1609 in das Haus integriert wurde. Im 15. Jahrhundert wurde sie nicht mehr genutzt und um 1677 neu eingerichtet. Ob sie bereits zu diesem Zeitpunkt oder erst im Verlauf des 18. Jahrhunderts ihre Ausmauerung mit Backsteinen erhielt, ist ungeklärt. Vermutlich wurde sie als Folge der sich ändernden hygienischen Bestimmungen in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts erneuert.26

Schule

Im 19. Jahrhundert war die Zahl der jüdischen Schulkinder gering. Sie erhielten zumeist Unterricht von temporär angestellten Lehrern in Privaträumen.

1869, im gleichen Jahr, in dem die Synagoge eröffnet wurde, richtete sich die Gemeinde auch eine eigene Religionsschule ein. Wo diese lag konnte nicht geklärt werden. Allerdings war das Gehalt des Lehrers noch abhängig von Zuschüssen aus dem Nassauischen Zentralkultusfonds.

Cemetery

Seit Anfang des 18. Jahrhunderts unterhielt die Gemeinde einen eigenen kleinen Friedhof zwischen Stadtmauer und Stadtgraben unweit des Hexenturms.27 Er wurde später aufgegeben und wenig weiter nördlich ein neuer angelegt. Bis in die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts war auch dieser Friedhof belegt und sollte zunächst erweitert werden. Dagegen sprach sich allerdings die bürgerliche Gemeinde aus. Hintergrund war, dass die Besitzer der Nachbargrundstücke dagegen protestiert hatten, da die hygienischen Vorstellungen einen Friedhof in unmittelbarer Nähe bewohnten Gebiets nicht mehr zuließen. So sollte auch der unweit gelegene christliche Friedhof nicht mehr erweitert, sondern verlegt werden.

Folglich erwarb die jüdische Gemeinde 1874 von dem Gerbereibesitzer Friedrich Stuhl „ein außerhalb der Stadt in östlicher Richtung liegendes Stück Land um solches zu unserem Friedhofe zu benutzen.“28 Gegen diesen Ankauf protestierte abermals die politische Gemeinde, „weil es den hiesigen Bürgern beim sonntäglichen Spaziergange anstößig sei“. Das Grundstück, so entgegnete die jüdische Gemeinde, wäre sehr gut geeignet, weil es dicht bei der Eisenbahn lag und an drei Seiten mit einer Hecke eingehegt war. Der entsprechende Schriftverkehr endet ohne Ergebnis, weist aber darauf hin, dass 1874/75 der neue Friedhof eingerichtet wurde. Der dafür aufgenommene Kredit in Höhe von 1.200 Mark belastete die Gemeinde noch lange.

Der jüdische Friedhof liegt heute südlich des Stadtkerns an der Austraße. Insgesamt haben sich 53 Grabsteine erhalten. Hier befindet sich auch eine Gedenkstätte für die jüdischen Opfer des Holocaust.

Herborn, Jüdischer Friedhof: Datensatz anzeigen

References

Weblinks

Sources

Bibliography

Illustration available

(in Bearbeitung)

Indices

Persons

Nassau, Graf Otto von · Nassau, Graf Walram von · Nassau-Katzenelnbogen, Graf Johann VI. von · Moses · Salomon · Hirz · Jessof · Abraham · Veist · Nassau-Dillenburg, Fürsten von · Herxheimer, Salomon · Friedmann, Jakob · Schlehsinger, Familie · Boppard, Familie · Schweitzer, Familie · Lucas, Familie · Seligmann, Familie · Moses, Familie · Wolf, Familie · Schweitzer, Lemle, Witwe · Lucas, Herz, Witwe · Moses, Israel, Witwe · Boppard, Mayer · Wolf, Löb · Moses, Israel · Moses, Hirsch · Lucas, Aaron · Löwenstein, Familie · Rosenberg, Albert · Weinberg, Julius · Schweitzer, Salomon · Krauss, Architekt · Hecht, Leopold · Stuhl, Friedrich

Places

Gladenbach · Beilstein · Westerburg · Mengerskirchen · Minsk · Weilburg

Sachbegriffe Geschichte

Herborn, Hohe Schule · Nassau, Herzogtum · Preußen · Judenpogrome · Dreißigjähriger Krieg · Beisassengelder · Nassauischer Zentralkultusfonds · Erster Weltkrieg · Herborn, Heil- und Pflegeanstalt · Theresienstadt, Ghetto · Stolpersteine · Herborn, Männergesangsverein · Pogromnacht · Herborn, Museum · Jewish Restitution Successor Organisation

Sachbegriffe Ausstattung

Thoraschreine · Altaraufbauten · Almemore · Vorlesepulte · Wickelbänke · Vorbeterpulte · Hängelampen · Seitenleuchter · Kandelaber · Läufer · Schränke · Wanduhren · Gasöfen · Decken · Beerdigungsausrüstungen · Thorarollen · Lesefinger · Thoramäntel · Wimpel · Thoravorhänge · Ewige Lampen · Leuchter · Chanukkaleuchter · Jahrzeitleuchter · Weinbecher · Hawdalah-Garnituren · Megillot · Schofarot · Gebetmäntel · Phylakterien · Gebetbücher · Festgebetbücher · Pentateuch · Aufrufplatten · Etrogbüchsen

Sachbegriffe Architektur

Fachwerkbauten · Friese

Fußnoten
  1. Störkel, 1989, S. 41
  2. Störckel, 1981
  3. Faber, 2001
  4. HHStAW 211, 11536
  5. HHStAW 211, 11536
  6. HHStAW 211, 11536
  7. HHStAW 211, 11536
  8. HHStAW 211, 11536
  9. HHStAW 211, 11536
  10. HHStAW 518, 1193
  11. HHStAW 405, 1564
  12. Haering, 1991, S. 159
  13. Haering, 1991, S. 159
  14. Störkel, 1989, S. 10
  15. Störkel, 1981
  16. Schumann 1982 nach Störkel, 1989, S. 15
  17. nach Störkel, 1989, S. 27
  18. HHStAW 405, 1564
  19. HHStAW 405, 1564
  20. HHStAW 405, 1564
  21. Altaras, 2007, S. 217
  22. HHStAW 518, 1193
  23. Herborner Tagblatt vom 13. Juli 1985
  24. Herborner Geschichtsblätter, Nr. 1, 1906
  25. Störkel, 1989, S. 17
  26. Altaras, 2007, S. 221
  27. Störkel, 1989, S. 25
  28. HHStAW 405, 1564
Recommended Citation
„Herborn (Lahn-Dill-Kreis)“, in: Synagogen in Hessen <https://www.lagis-hessen.de/en/purl/resolve/subject/syn/id/494> (Stand: 22.7.2022)