Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen

Synagogen in Hessen

Großen-Linden Karten-Symbol

Gemeinde Linden, Landkreis Gießen — Von Susanne Gerschlauer
Basic Data | History | Betsaal / Synagoge | Weitere Einrichtungen | References | Indices | Recommended Citation
Basic Data

Juden belegt seit

Anfang 17. Jahrhundert

Location

35440 Linden, Ortsteil Großen-Linden, Bahnhofstraße 1a | → Lage anzeigen

Rabbinat

Oberhessen

religiöse Ausrichtung

orthodox

preserved

nein

Jahr des Verlusts

1973

Art des Verlusts

Abbruch

Gedenktafel vorhanden

ja

Weitere Informationen zum Standort

Historical Gazetteer

History

Von 1121 bis 1264/65 waren die Grafen von Gleiberg die Ortsherren von Großen-Linden. Ihre Nachfolger, die Landgrafen von Hessen, verpfändeten den Ort je zu einem Teil an die Herren von Weitershausen und die Herren von Buseck. Von 1396 bis 1585 war Großen-Linden durch Schenkungen und Tausch in nassauischem und hessischem Besitz und kam anschließend ganz an die hessischen Landgrafen. Großen-Linden war Hauptort des Gerichts Hüttenberg und hatte seit 1605 Stadtrecht.

Juden waren seit Beginn des 17. Jahrhunderts in Großen-Linden ansässig.1 Um 1700 lebten drei Juden am Ort, 1830 waren es 40. 1861 lebten 31 jüdische Großen-Lindener und um 1905 20 dort. Rund 30 Jahre später wohnten noch 28 jüdische Menschen in Großen-Linden.

Eine jüdische Gemeinde existierte bereits im 17. Jahrhundert. Ihr gehörten ebenfalls die Juden der beiden etwa zwei bzw. drei Kilometer entfernt gelegenen Nachbarorte Hörnsheim und Hochelheim an. Um 1885 war Herz Marx der Vorsitzende der jüdischen Gemeinde. Um 1932 hatte B. Theisebach den Vorsitz.

Die jüdischen Großen-Lindener verdienten ihren Lebensunterhalt überwiegend durch Viehhandel. Es gab zudem Metzger und einen Zigarrenhändler, einen Bahnwärter, später Weichensteller. Die Mehrheit der Lindener Juden war arm.

Aufgrund erheblicher Repressalien durch die Gesetzgebung der Nazidiktatur sowie durch Teile der Bevölkerung zogen viele Juden bis 1939 aus Großen-Linden weg. 18 emigrierten in die USA und Palästina, fünf innerhalb Deutschlands. Die noch verbliebenen jüdischen Großen-Lindener wurden im September 1942 verhaftet und nach ihrer Deportation in Konzentrationslager dort ermordet.2

Betsaal / Synagoge

Eine erste Synagoge bzw. ein Betraum stand in der oberen Junkergasse Nr. 7, die am nordwestlichen Rand des ehemalige Ortskerns liegt.3 Die jüdische Gemeinde hatte anschließend ein städtisches Gebäude in der Bahnhofstr. 3 (ehem. Nr. 1 1/2) gepachtet und für gottesdienstliche Zwecke umbauen lassen. Mitten im ehemaligen Ortskern gelegen, in direkter Nachbarschaft zum Pfarrhaus und nur wenige Meter von der Kirche entfernt, hielten die jüdischen Großen-Lindener ihre Gottesdienste ab.

Die Ausbildung der Fachwerkkonstruktion lässt vermuten, dass das Haus im 18. Jahrhundert errichtet wurde. Das schmale zweigeschossige Haus mit überkniehohem Bruchsteinsockel hatte ein leicht geschweiftes Satteldach mit Biberschwanzziegeldeckung. Bisher ist unklar, seit wann das Gebäude als Gotteshaus diente.4 Ebenso ist nichts über die innere Ausstattung bekannt. Schon am 1. Mai 1935 kündigte die politische Gemeinde den Mietvertrag. Von dieser Zeit an nutzten zunächst die HJ, danach die SA das Gebäude als Unterkunft bzw. Büro. Anschließend diente es ohne besondere bauliche Unterhaltung immer wieder als behelfsmäßige Wohnung. 1973 wurde das offenbar baufällige Haus im Zuge der Altstadtsanierung abgerissen und die entstandene Fläche als kleiner Platz umgenutzt. Nach 1988 ließ die politische Gemeinde einen Stein mit einer Gedenktafel an die jüdischen Großen-Lindener dort aufstellen.5

Bis zur offiziellen Auflösung der jüdischen Gemeinde 1941 hielten die noch verbliebenen Juden, solange es ihnen möglich war, Gottesdienste in einem Betraum in der Fallstorstraße 6 ab.6

Weitere Einrichtungen

Cemetery

Vermutlich seit 1637 besteht in Großen-Linden am heutigen Friedhofsweg, außerhalb der Stadt Richtung Gießen, ein jüdischer Friedhof. Seine Grundfläche beträgt heute nur noch etwa 1.200 Quadratmeter. Hier begruben die Juden aus Großen-Linden, Garbenteich, Gießen, Heuchelheim, Kirch-Göns, Lang-Göns, Leihgestern, Pohl-Göns, Steinbach, Watzenborn-Steinberg und Wieseck ihre Verstorbenen, ehe einige dieser jüdischen Gemeinden, viele erst seit der Mitte des 19. Jahrhunderts, eigene Friedhöfe anlegten. Der älteste Grabstein stammt aus dem Jahr 1736, der jüngste aus dem Jahr 1935.

Großen-Linden, Jüdischer Friedhof: Datensatz anzeigen

Grabstätten

Großen-Linden, Jüdischer Friedhof: Grabstätten anzeigen

References

Weblinks

Sources

Bibliography

Illustrations

Indices

Persons

Theisebach, B. · Marx, Herz · Gleiberg, Grafen von · Hessen, Landgrafen von · Weitershausen, Herren von · Buseck, Herren von

Places

Garbenteich · Gießen · Heuchelheim · Hochelheim · Hörnsheim · Kirch-Göns · Leihgestern · Pohl-Göns · Steinbach · Watzenborn-Steinberg

Sachbegriffe Architektur

Biberschwänze · Bruchsteinsockel · Fachwerk · Satteldächer

Fußnoten
  1. Luh, Großen-Linden, S. 57; Battenberg, Quellen, S. 443
  2. Ortsartikel Großen-Linden auf Alemannia Judaica (s. Weblink)
  3. Ortsartikel Großen-Linden auf Alemannia Judaica (s. Weblink)
  4. Ortsartikel Großen-Linden auf Alemannia Judaica (s. Weblink)
  5. Ortsartikel Großen-Linden auf Alemannia Judaica (s. Weblink)
  6. Luh, Großen-Linden, S. 61
Recommended Citation
„Großen-Linden (Landkreis Gießen)“, in: Synagogen in Hessen <https://www.lagis-hessen.de/en/purl/resolve/subject/syn/id/3> (Stand: 11.7.2023)