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Fund von Überresten eines interglazialen Waldelefanten bei Crumstadt, August 1984

Glücklicher Fund beim Saugbaggern

Bei Gewinnungsarbeiten in einer Kiesgrube bei Crumstadt, etwa zwölf Kilometer südwestlich von Darmstadt kommen fossile Überreste eines großen Tieres ans Tageslicht. Erste Kochen werden durch den Baggerführer Ernst Ruckeishausen entdeckt, der den beim Saugbaggern aus einer elf Meter tiefen Grube zu Tage geförderten Fund telefonisch bei der Geologisch-Paläontologischen Abteilung des Hessischen Landesmuseums in Darmstadt meldet.
Die Wissenschaftler des Landesmuseums identifizieren das Tier als interglazialen Waldelefanten der Spezies Palaeoloxodon antiquus. Bei dem ersten Fund handelt es sich um einen großen Unterkiefer. Weitere Teile eines Skelettes werden in den folgenden Tagen und Wochen geborgen. Der Geologe Dr. Dieter Schweiss hält sich fast täglich am Fundort auf und beobachtet den ausgebaggerten Kies. Die Bergungsarbeiten werden teilweise von einem Taucher unterstützt. Insgesamt kommen mehr als 80 Prozent des Skelettes zum Vorschein.
Erste Untersuchungen des umfangreichen Knochenmaterials zeigen, dass es sich bei dem Waldelefanten um ein etwa drei bis vier Meter großes weibliches Tier gehandelt haben muss. Anhand des Abkauungsgrades seiner Zähne schätzen die Geowissenschaftler des Landesmuseums sein Alter auf 30 bis 40 Jahre. Unter den gesicherten Stücken befindet sich auch der linke, leicht nach oben gebogene armdicke Stoßzahn des Elefanten von rund 1,20 Meter Länge.

Der Elefant als Objekt der Klimaforschung

Für die im Auftrag der Akademie der Wissenschaften zu Mainz an einem Paläoklima-Projekt arbeitenden Darmstädter Wissenschaftler kommt der außergewöhnliche Fossilienfund einschließlich zahlreicher Begleitfunde wie Blütenpollen, Hölzern und Insekten sehr gelegen, da sich anhand des aus der Kiesgrube gehobenen Materials handfeste Aussagen über die Klimaentwicklung machen lassen. So kamen die Waldelefanten in Deutschland nur in den milden Zeitabschnitten des von starken Klimaschwankungen geprägten Eiszeitalters vor. Sie ernährten sich von weichen Blättern an Bäumen und Sträuchern. Ein enger Verwandter, das Mammut, lebte hingegen während der Kaltzeiten in Hessen und war ein Grasfresser. Für die Experten zeichnet sich bald ab, dass der Crumstädter Waldelefant in einer Übergangszeit lebte und starb, die vor etwa 80.000 Jahren die letzte Warmzeit des Eiszeitalters beendete und in die letzte Kälteepoche dieses Erdzeitalters hineinführte. Die ausgebaggerten Fossilien erhalten die Wissenschaftler vom Besitzer der Kiesgrube bei Crumstadt, Rüdiger Schumann, geschenkt. Zu besichtigen sind die Überreste des prähistorischen Rüsseltiers später im Hessischen Landesmuseum Darmstadt.
(KU)

Records
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Recommended Citation
„Fund von Überresten eines interglazialen Waldelefanten bei Crumstadt, August 1984“, in: Zeitgeschichte in Hessen <https://www.lagis-hessen.de/en/subjects/idrec/sn/edb/id/4772> (Stand: 27.11.2022)
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