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Verurteilung von Anhängern der „Revolutionären Gewerkschafts-Opposition“ in Darmstadt, 12. Januar 1935

In einem Prozess gegen Mitglieder der „Revolutionären Gewerkschafts-Opposition“ (RGO) werden nach zweitägiger Verhandlung vor dem Oberlandesgericht in Darmstadt 16 Angeklagte zu Zuchthausstrafen zwischen zwei und vier Jahren sowie zu Gefängnishaft verurteilt.

Von der kommunistischen Fraktion in den Organisationen des ADGB zur eigenständigen „roten Gewerkschaft“

Die RGO entstand 1927/28 als „Antwort“ der kommunistischen Bewegung auf die sozialdemokratisch dominierten Gewerkschaften des Allgemeinen Deutschen Gewerkschaftsbundes (ADGB) in dessen Einzelgewerkschaften sie 1928 mit einer offensiven „Fraktionsarbeit“ begann. Dabei versuchte sie, eigene Streikkomitees und „rote“ Wahllisten mit eigenen Kandidaten bei Betriebsratswahlen aufzustellen. Die sozialdemokratisch geführten Freien Gewerkschaften sahen dies als Kampfansage an und entfernten zahlreiche Kommunisten aus ihren Reihen. Die RGO entwickelte sich in zunehmendem Maße zu einer eigenständigen Organisation als sie innerhalb der Freien Gewerkschaften den Druck ihrer Oppositionsarbeit noch steigerte, nachdem dort 1929 ganze kommunistisch dominierte Branchen und Ortsverbände ausgeschlossen worden waren. Vermehrt kam es zu eigenständigen Zusammenschlüssen von Ausgeschlossenen und bislang Unorganisierten, besonders in Berlin und im Ruhrgebiet. Mit ihrer fortschreitenden Herauslösung aus den ADGB-Gewerkschaften propagierte die kommunistische Bewegung die RGO ab 1930 als eigene „rote Klassengewerkschaft“. Ihr Ziel war es, jene Arbeiter zu gewinnen, die ihre Interessen durch die traditionelle freigewerkschaftliche Politik nicht mehr vertreten sahen, Gezielte Abwerbe- und Übertritts-Kampagnen der RGO hatten jedoch nur selten Erfolg. Als „rote Gewerkschaft“ organisierte sie Streiks gegen Lohnkürzungen und für bessere Arbeitsbedingungen. Daneben spielten jedoch auch stets revolutionäre Forderungen eine zentrale Rolle, die zu organisieren ab Mitte 1930 in den ADGB-Gewerkschaften nicht mehr möglich war.

Widerstand gegen den NS-Staat aus der Illegalität heraus

Nach dem Machtantritt der Nationalsozialisten 1933 ging die RGO in die Illegalität und baute in den Organisationen verschiedener Berufszweige Widerstandsgruppen auf, so insbesondere in den Bereichen Metall, Seefahrt und Bau. Eine solche Widerstandsgruppe, der „Einheitsverband der Metallarbeiter Berlins“ (EVMB), zählte in der Frühphase der NS-Herrschaft zu den bedeutendsten Zusammenschlüssen ihrer Art. Die nunmehr aus dem Verborgenen heraus und mit großem persönlichem Risiko für ihre aktiven Anhänger agierende RGO propagiert den „revolutionären Sturz“ des Naziregimes und beabsichtigt, durch Streikaktionen den NS-Staat zu destabilisieren. Wie in Darmstadt werden auch andernorts zahlreiche Sympathisanten der illegalen RGO und der von ihr gebildeten Strukturen in den Betrieben von der Gestapo festgenommen, oftmals brutalen Verhören unterzogen und zu langen Haftstrafen verurteilt.
(KU)

Belege
Weiterführende Informationen
Empfohlene Zitierweise
„Verurteilung von Anhängern der „Revolutionären Gewerkschafts-Opposition“ in Darmstadt, 12. Januar 1935“, in: Zeitgeschichte in Hessen <https://www.lagis-hessen.de/de/subjects/idrec/sn/edb/id/743> (Stand: 26.11.2022)
Ereignisse im Dezember 1934 | Januar 1935 | Februar 1935
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