Hessische Quellen zum Ersten Weltkrieg

Inhalt

Abbildungen

Chronik der Pfarrei Heilig-Geist in Fulda, S. 26-27

Chronik der Pfarrei Heilig-Geist in Fulda, S. 28-29

Chronik der Pfarrei Heilig-Geist in Fulda, S. 30-31

↑ Chronik der Pfarrei Heilig-Geist in Fulda, 1914-1919

Abschnitt 4: Kriegswaisen, Glockenbeschlagnahme, Brest-Litowsk

◀ [23-31] [S. 26]

Auf Anordnung des Hochw. Herrn Bischofs¹ wurden am 15.3.1917 die Kriegswaisen in der Pfarrei gezählt und dem Dioec. Char.-Secretariat gemeldet. Es waren:

1. We. Webmeister Jos. R. Schmieke mit einem Kinde, Rob. Joseph, geb. 1916
2. We. Schlosser Theod. Helmke mit 4 Kindern Wilhelm, Richard, Stephanie, Theresia 10-2 Jahre
3. im Waisenhaus zwei Kinder der We. Rübsam (wohnhaft Sebastianstr., Dompfarrei) Anton 12 Jahre, Auguste 10 Jahre alt.

Gelegentlich der Beschlagnahme 1917 aller Glocken in Deutschland für Kriegszwecke verlangte der Herr Oberpräsident eine genauere Beschreibung aller Glocken zur Aufnahme in das Bezirks-Verzeichnis des Hess. Bezirks-Conservators in Cassel (Altes Museum Fridericianum, Friedrichsplatz). […]

[S. 28]

Gegen Ende des Jahres fiel auf dem Felde der Ehre unser Pfarrkind Rudolf Staudt, für dessen Seelenruhe ein Amt² gehalten wurde. Am Sonntag nach Weihnachten wurde unter guter Beteiligung wieder eine Friedens-Kommunion der Kinder im Pfarrhochamt um 8 Uhr mit Ansprache gehalten. […]

[S. 29]

Der Advent des Jahres 1917 ließ die ersten Strahlen eines Morgenrots des Friedens in dem entsetzlichen Völkerringen erscheinen: ex oriente lux!³ Es begann ein Waffenstillstand mit Rußland und die Verhandlung über den Frieden mit dem östlichen Feinde in Brest-Litowsk. Die voraussichtlich länger dauernden Friedensverhandlungen führen hoffentlich im Januar 1918 zu erfreulichen Erfolgen. Quod Deus bene vertat !⁴ […]

[S. 31]

1918. Der Anfang des neuen Jahres brachte uns nach aufregenden Verhandlungen in Brest-Litowsk⁵ endlich den ersehnten Frieden mit dem Osten: Rußland und Rumänien, so daß ein großer Teil des dort stehenden Heeres nach dem bedrohten Westen geworfen werden konnte. Am 21. März begann hier unsere Offensive, die nach großartigen Anfängen doch leider zum gewünschten Erfolgen im Nordwesten und Südosten nicht führen sollte. Gestärkt durch das amerikanische Heer ergriffen sodann Engl. und Frankreich die Offensive, die uns überall auf die alten Hindenburg-Stellung im August und September 1918 zurückdrängte, wobei die Engländer besonders in Palaestina bis Damascus siegreich vordrangen, und Bulgarien zu Waffenstillstandsverhandlungen⁶ zu bewegen wußten. Der Czar von Bulgarien⁷ legte heute den 5. October⁸ seine Krone nieder! So drohen denn im Osten die Feinde den Frieden von Brest rückgängig zu machen, die Türkei schachmatt zu setzen, Constantinopel auch von der Landseite zu bedrängen, Rumänien zum Kriege zu hetzen, während [S. 32] Deutschland und Oesterreich sich anschicken, durch neue Truppensendungen auf dem Balkan die Sache zu retten. Es sind schmerzliche düstere Tage, die wir jetzt erleben!
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1. Joseph Damian Schmitt, 1907-1939 Bischof von Fulda. ↑
2. D.h. ein Seelenamt, eine Seelenmesse. ↑
3. Aus dem Osten (kommt) das Licht. ↑
4. Was Gott zum Gutem wenden möge. ↑
5. Der Friedensvertrag zwischen Sowjetrussland und den Mittelmächten wurde am 3.3.1918 in Brest-Litowsk geschlossen. ↑
6. Bulgarien schloss am 29.9.1918 einen Waffenstillstand mit der Entente. ↑
7. Zar Ferdinand I. (1908-1918). ↑
8. Die Abdankung erfolgte tatsächlich am 3. Oktober 1918. ↑