Zeitgeschichte in Hessen - Daten · Fakten · Hintergründe

Bericht des Regierungspräsidenten in Kassel an den Kaiser vom 25. Januar 1917 (Auszug)

Bericht des Regierungspräsidenten in Kassel über die Stimmung der Bevölkerung, August 1914

Der Regierungspräsident in Kassel, Percy Graf von Bernstorff (1858–1930), beschreibt in seinem ersten Kriegs-Zeitungsbericht an den Kaiser vom 25. Januar 1917 rückwirkend die Stimmung der Bevölkerung in seinem Bezirk bei Kriegseintritt im August 1914. Der Ausbruch des Weltkriegs habe die Bevölkerung mitten in den Sommerferien unvorbereitet getroffen. Nur die höheren, politisch geschulten Kreise hätten einen Krieg gegen drei Großmächte für möglich gehalten, nicht aber die unpolitische und uninformierte große Masse der Bevölkerung. Als aber die Mobilmachung am 1. August befohlen wurde so berichtet der Regierungspräsident, da ging ein gewaltiges Brausen durch das Volk in allen seinen Schichten, und ein Wille beherrschte alle Kreise, den ungerechten Angriff abzuschlagen, die Feinde zu besiegen und kein Opfer zu scheuen. Vornehmlich zu dieser leidenschaftlichen Aufwallung der Vaterlandsliebe trug die Überzeugung bei, daß unsere Politik stets auf die Erhaltung des Friedens gerichtet gewesen und nicht auf Eroberungen ausgegangen war. Dies gibt dem Volk auch heute noch die Kraft, Übermenschliches zu leisten und alle Opfer auf sich zu nehmen.

Unmittelbar nach Kriegsausbruch hätten sich viele alte Soldaten, vor allem Beamte der Staatsbehörden zum Heeresdienst gemeldet, in den sie bereitwillig aufgenommen worden seien, obwohl die Tätigkeit der Behörden dadurch stark beeinträchtigt worden sei. Auch Frauen und Mädchen hätten sich in großer Zahl zur Krankenpflege oder für andere Dienste und Sammlungstätigkeiten gemeldet.
(OV)