Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen

Hessische Quellen zum Ersten Weltkrieg

↑ Jakob Ebersmann, Berichte aus der Heimat in den Dieburger Feldbriefen, 1915-1917

Abschnitt 39: Kriegskochkurse, Abgabe vom Kupfergegenständen

[Nr. 39] Feldbrief vom 2. April 1916

Jetzt wirds wieder schön in der Natur. Das junge Grün sproßt überall mit Macht hervor. Das Frühobst steht in der Blüte. Aprikosen und Pfirsiche haben schon fast verblüht. In den Gärten hat die Arbeit begonnen. Die Beete werden zurecht gemacht, die ersten Samen ausgestreut. Salat und Erbsen und Karotten und Küchengrün kommen zunächst dran, damit die Hausfrau möglichst früh junges Gemüse auf den Tisch bringen kann. Für Euch solls sein. Kämpft nur recht tapfer, damit Ihrdmit den paar Engländern und Franzosen bald fertig werdet. Eure Frauen und Mütter heben Euch das Beste auf, was Feld und Garten bieten. Wie ich erfuhr, gibts doch nicht viel Gemüse auf dem Soldatentisch. Wenn Ihr wieder heim kommt, wird es Euch um so besser schmecken. —

Eine größere Anzahl von Mädchen und Frauen haben hier an Kriegskochkursen teilgenommen. Hoffentlich haben sie recht viel dabei gelernt. Bei Eurer Rückkehr werdet Ihr staunen, was für leckere Speisen Ihr zu essen bekommt. Die holde Weiblichkeit wird Euch den Beweis liefern, wie man mit geringen Mitteln etwas Pickfeines zurechtmachen kann.

Den Frauen behagt es nicht, daß Sie jetzt ihre Kupfersachen abliefern sollen. Besonders die Waschkessel sind Schmerzenskinder, denen manche Träne nachgeweint wird. Auch manch anderes schöne Stück, das immer so blitzblank an der Küchenwand hing, wird wohl in Zukunft schwer vermißt. Es wird ja ein schöner Preis dafür gezahlt. Aber mit der Einziehung verschwindet doch ein Stück Familiengeschichte. Was sich von der Großmutter auf die Mutter und Tochter ererbt hat, ist einem gewissermaßen ans Herz gewachsen und wird nur mit Wehmut geopfert. Ich habe mir die Sachen schon öfter angesehen und hätte gern einiges für ein zu gründendes Heimatmuseum erworben. Herr Geheimrat Dr. Wagner versprach mir auch, mich in meinen Bestrebungen zu unterstützen. Es ist doch jammerschade, daß manches in dem Schmelztigel oder unter die Stanzmaschine wandern soll. Wenn auch bei den wenigsten Stücken ein künstlerisches Interesse in Betracht kommt, so haben doch viele Sachen für unsere Stadt einen kulturgeschichtlichen Wert. Ich hoffe, diese noch vor dem Feuertode zu retten und die Behörden zur Barmherzigkeit bestimmen zu können.


Personen: Ebersmann, Jakob
Empfohlene Zitierweise: „Jakob Ebersmann, Berichte aus der Heimat in den Dieburger Feldbriefen, 1915-1917, Abschnitt 39: Kriegskochkurse, Abgabe vom Kupfergegenständen“, in: Hessische Quellen zum Ersten Weltkrieg <https://www.lagis-hessen.de/de/purl/resolve/subject/qhg/id/19-39> (aufgerufen am 01.05.2024)