Zeitgeschichte in Hessen - Daten · Fakten · Hintergründe

Aufruf an die Frauen durch den Vaterländischen Frauenverein, 8. August 1914

In den Kriegsjahren kristallisiert sich verstärkt eine Differenz unter der weiblichen Bevölkerung heraus. Es gab Frauen, die der Arbeiterschicht zuzuschreiben waren und vermehrt Tätigkeiten von Männern, die den Kriegsdienst angetreten hatten, übernehmen mussten (zum Beispiel Straßenbahnschaffnerinnen). Auf der anderen Seite waren die wohlhabenden Frauen des Bürgertums und des Adels, die nicht arbeiten mussten um in den Kriegsjahren ihren Lebenserhalt zu sichern. Sie waren primär in freiwilligen Vereinen organisiert, wie beispielsweise dem Vaterländischen Frauenverein, bis 1937 einer der größten Frauenvereine im Kaiserreich.

In den „Kasseler Neuesten Nachrichten“ wurde am 4. August ein Aufruf an die Frauen abgedruckt, die aufgefordert wurden, dem Vaterländischen Frauenverein beizutreten. Es sei die „heilige Pflicht“ aller Frauen und Mädchen in Zusammenarbeit mit dem Roten Kreuz die Verwundeten und Kranken zu pflegen. In einem weiteren Artikel wird nicht nur zum Beitritt und Mitwirken aufgefordert, es wird konkret ein Termin zur Mithilfe preisgegeben. Sämtliche Helferinnen Kassels wurden dazu gebeten, sich am 8. August 1914 um 17 Uhr in der Krankenstation des Roten Kreuzes zusammenzufinden zur „Empfangnahme und ihrer Bestimmungen im Kriege.“ Diese Anzeigen fordern jede Frau im Lande dazu auf mitzuwirken, allerdings handelte es sich bei diesen Tätigkeiten um unentgeltliche Aufgaben, sodass einigen Frauen aufgrund ihrer zwingenden Erwerbstätigkeiten die Kapazitäten fehlten, diesen Aufforderungen nachzukommen.
(LM)