Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen

Hessische Quellen zum Ersten Weltkrieg

↑ Fritz Sames, Das Landwehr-Infanterie-Regiment 81 in den Vogesen, 1914

Abschnitt 16: Einquartierung im Frauenkloster, Ende August 1914

[15-16] Am 20. August kam Befehl, das Regiment habe zum Ausbau der Breuschstellung und zur Sicherung der Breuschkanalübergänge abzurücken. Die bisherigen Stellungen auf dem Scharrach- und Sulzberg und der Dangolsheimer Höhe wurden dem Landwehr-Inf.-Regt. 80 überlassen. Nachmittags rückte das Regiment in die neuen Unterkunftsorte ab, das I. Bataillon nach Kolbsheim, Ernolsheim, das II. Bataillon nach Erkers¬heim, Wolxheim, das III. Bataillon nach Hangenbieten, Breuschwickersheim.

Den Kriegslustigen, die so mutig am 14. August dem Kanonendonner entgegenmarschiert waren, erschien der heutige Marsch in Richtung auf die Wälle Straßburgs fast wie ein Rückzug. Ein Teil der Mannschaft des [S. 16] II. Bataillons wurde im Erkersheimer Nonnenkloster untergebracht; auch einige Offiziere nahmen dort Wohnung. Die Nonnen hatten, durch das Vordringen der Franzosen erschreckt, das Weite gesucht. So konnte in der stattlichen Klosterküche frei geschaltet werden. Die Vorteile, die aus ihrer Verwertung als gemeinsame Mannschaftsküche entsprangen, gipfelten in der Darstellung von Würsten. Es wurden die Ersparnisse der Feldkost dazu hergegeben. Die nötigen Hack- und Wurstmaschinen verstand man zu beschaffen. Jedermann war hochzufrieden, und man sah darum freundlich auf das fromme Klösterlein, darinnen das Weltliche jetzt gar wohl gedieh.

Die 8. Komp. nistete sich im Schlosse von Wolxheim ein. Man breitete sich darin um so behaglicher aus, als man erfuhr, daß der Besitzer ein französischer Offizier sei. O glückliche Zeit dieser Wolxheimer Vorkriegstage, ihr Quartiere voll guter Betten, ihr Scheunen mit duftigem Heu, ihr Gärten voll köstlichen Obstes. Und ihr Weinkeller! Darf man es dem Soldaten zu sehr verdenken, wenn er am Guten nicht vorübergeht, sondern fröhlich aus dem Vollen lebt, sofern es vom Feind im Stich gelassen:

„Ein echter deutscher Mann mag keinen Franzen leiden,

Doch seine Weine trinkt er gern."

Der Münsterturm stand jetzt wieder so nahe, daß man mit dem Glase sein lichtes Filigran unterscheiden konnte. Es war verlockend, ihm und der alten Stadt einen Besuch zu machen. Die Trambahnwagen stadtwärts waren mit Soldaten überfüllt, wie Bienenkörbe.


Personen: Sames, Fritz
Orte: Breuschwickersheim · Dangolsheim · Ernolsheim · Erkersheim · Hangenbieten · Kolbsheim · Scharrachberg · Sulzberg · Wolxheim
Sachbegriffe: Frauenkloster · Kanonen · Landwehr-Infanterie-Regiment 80 · Landwehr-Infanterie-Regiment 81 · Requisitionen · Straßenbahn · Verpflegung
Empfohlene Zitierweise: „Fritz Sames, Das Landwehr-Infanterie-Regiment 81 in den Vogesen, 1914, Abschnitt 11: Einquartierung im Frauenkloster, Ende August 1914“, in: Hessische Quellen zum Ersten Weltkrieg <https://www.lagis-hessen.de/de/purl/resolve/subject/qhg/id/47-16> (aufgerufen am 29.04.2024)