Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen

Hessische Flurnamen

Beschreibung

Bitte beachten Sie auch die → Nutzungshinweise zu diesem Modul.

Die Datenbank der hessischen Flurnamen wurde in den Jahren zwischen 1980 und 2002 im → Hessischen Flurnamenarchiv Gießen (im Fachbereich Germanistik der Justus Liebig-Universität Gießen) unter der Leitung von Prof. Dr. Hans Ramge aufgebaut. Sie erfasst die in verschiedenen Sammelaktionen im 20. Jahrhundert zusammengetragenen gegenwärtigen Flurnamenbestände der ca. 2.800 Ortsgemarkungen des Bundeslands Hessen mit mehr als 170.000 Namen. Neben den amtlichen Namenformen wurden nach Möglichkeit auch die mündlichen Namenformen erhoben. Hinzu kommen über 460.000 historische Flurnamenbelege, die sich aber im Wesentlichen auf die süd- und mittelhessischen Landesteile beschränken. Insgesamt verzeichnet die Datenbank fast 750.000 Einzelbelege.

Die Datenstruktur der Datenbank ist ziemlich heterogen. Für die heutigen Flurnamen wurde hauptsächlich auf Ortssammlungen zurückgegriffen, die vor allem in großen Sammelaktionen in den frühen sechziger Jahren und zwischen 1980 und 1982 zustande gekommen waren. Diese Ortssammlungen sind von unterschiedlicher Qualität; die mündlichen Formen sind entweder in Laienumschrift oder in grober phonetischer Umschrift wiedergegeben. Die Originalsammlungen (meist mit Eintragungen in einer topographischen Karte 1:25.000) lagern teilweise im Hessischen Institut für Landesgeschichte in Marburg, teilweise jetzt (nicht öffentlich zugänglich) in der Universitätsbliothek der Universität Gießen.

Die Erhebung der historischen Flurnamen war von den Fördermöglichkeiten durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft begrenzt und umfasst deshalb nur Süd- und Mittelhessen. Ausgewertet wurden neben gedruckten Quellen vor allem ausgewählte Archivalien in den einschlägigen großen Archiven: Neben den Staatsarchiven in Darmstadt, Wiesbaden und Marburg z.B. das Stadtarchiv Frankfurt und fürstliche Archive in Mittelhessen.

Die Datenbank war von Anfang an nicht als Selbstzweck gedacht, sondern als (interne) Arbeitsgrundlage für die Erstellung von Atlanten und das gesamte Hessen erfassenden regionalen Namenbüchern. Im Rahmen dieses Großprojekts entstanden drei umfangreiche Publikationen:

  • der Hessische Flurnamenatlas – 1987
  • das Südhessische Flurnamenbuch (SHFB) – 2002
  • das Mittelhessische Flurnamenbuch (MHFB) – 2005

Da die Daten für die jeweiligen Publikationen ohnehin neu bearbeitet und überprüft werden mussten, wurde die Datenpflege nicht immer mit der Sorgfalt betrieben, die für eine öffentliche Bereitstellung online notwendig gewesen wäre. Allerdings war Anfang der achtziger Jahre eine solche Möglichkeit auch jenseits aller Vorstellung. Durch die lange Aufbauzeit der Datenbank von fast einem Vierteljahrhundert mit einer Fülle von ständig wechselnden Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, durch die Menge der im Laufe der Zeit technisch notwendigen Konvertierungen der Verarbeitungssysteme, durch hohen Zeitdruck und mitunter extreme Arbeitsbelastung bei der Datenaufnahme und –bearbeitung wegen ablaufender Förderungszeiten weisen eine ganze Reihe von Datensätzen Mängel auf. Sie konnten nicht mehr ausgeräumt werden, weil seit 2005 mit der Emeritierung des Projektsleiters keine Mittel mehr für eine Weiterarbeit des Hessischen Flurnamenarchivs Gießen zur Verfügung standen.

Der für den Nutzer der Datenbank auffälligste (und unerfreulichste) Mangel besteht darin, dass die über den Belegen stehenden Stichwörter, die sog, Lemmata, oft nicht korrekt sind, teils weil nach unterschiedlichen Kriterien lemmatisiert wurde (z.B. mit oder ohne Flexionselement oder unterschiedliche Behandlung von Wortbildungselementen wie Verkleinerung oder Ableitungen u.ä.), teils weil der Beleg in seiner Namenbedeutung falsch oder nicht verstanden und deshalb mit einem unpassenden Lemma versehen wurde. Wenn der Nutzer der Datenbank also alle Belege für einen Namentyp o.ä. sucht, empfiehlt es sich, sich nicht nur auf den vermuteten Namentyp zu beschränken, sondern auch das Umfeld abzusuchen, soweit es sprachlich dazu gehört. Das alphabetische Register bietet dazu einen einfachen und meist erfolgreichen Zugang.

Ein weiterer schwerwiegender Mangel liegt darin, dass die Belege nicht noch einmal überprüft / kontrolliert worden sind (weil das ja erst bei der Bearbeitung für die Publikation geschehen ist bzw. geschehen sollte). Bei der Bearbeitung eines Belegs vom Abschreiben aus der Quelle über verschiedene Transportschritte bis zur endgültigen Eingabe in den Rechner gibt es aber viele Fehlerquellen beim Lesen, Schreiben und Umsetzen. Bei für den Nutzer wichtigen Einzelbelegen empfiehlt sich also eine Nachkontrolle, wenn möglich.

Zwischen diesen Klippen navigierend, stellt die Datenbank Hessische Flurnamen eine außerordentlich umfangreiche und tiefgreifende Fundgrube für die Realien- und die Sprachforschung dar, wie sie kein anderes Bundesland online anbietet.

  • Ist man an den Namen eines Ortes interessiert, stellt das Register der Belegorte alle Belege zusammen und hilft z.B. dem Heimatforscher über Verweise in andere Module (SHFB und MHFB) in vielen Fällen auch bei der Deutung der Namen.
  • Für einen Namentyp oder den Kompositionstyp eines Namens kann man sich alle Belege zusammenstellen (wenn auch manchmal mit einiger Sucharbeit verbunden, s.o.) und sehen, welche Varianten es wo gibt.
  • Mithilfe der Erweiterten Suche ist es möglich, auch komplexere - d.h. verschiedene Deskriptoren kombinierende - Anfragen an die Datenbank zu stellen, wobei die Ergebnisse in einer Hessenkarte dargestellbar sind.

Die Erstellung der Datenbank wäre nicht möglich gewesen

  • ohne die selbstlose und ehrenamtliche Sammeltätigkeit der überaus zahlreichen Ortssammler,
  • ohne die engagierte und fleißige Arbeit zahlreicher studentischer und administrativer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Hessischen Flurnamenarchiv Gießen.

Als wissenschaftliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter über die Jahre haben das Material erhoben und wissenschaftlich bearbeitet:

  • in der laufenden Projektarbeit (im zeitlichen Ablauf):
    • Dr. Irene Jung
    • Hannelore Wilk
    • Sonja Hassel-Schürg
    • Gerda Weigel-Greilich, M.A.
    • Dr. Bernd Vielsmeier
    • Prof. Dr. Jörg Riecke
    • Dr. Herbert Schmidt
    • Dr. Jasmin Behrouzi-Rühl
    • Gerd Richter, M.A. (Betreuung der Datenbank)
  • in der archivalischen Erhebung:
    • Dr. Jörg Leuschner
    • Dr. Ulrich Simon
    • Dr. Christine Binroth-Bank
    • Monika Salet, M.A.
    • Prof. Dr. Otto Volk
    • Dr. Bernd Vielsmeier.

Verantwortlich für die Präsentation in LAGIS:

  • Prof. Dr. Otto Volk
  • Stefan Aumann, M.A.

Gefördert wurde die Entstehung der Datenbank durch

  • Stiftung Volkswagenwerk
  • Deutsche Forschungsgemeinschaft
  • Justus Liebig-Universität Gießen
  • Institut für Deutsche Sprache – Sprachatlas – der Universität Marburg (Kooperation mit Abt. für Linguistische Informatik: Harald Händler).

Allen Beteiligten gebührt herzlicher Dank.

Kontakt:

Stefan Aumann
Hessisches Institut für Landesgeschichte, Marburg