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Kurfürstentum Hessen 1840-1861 – 16. Cassel

Wolfsanger

Stadtteil · 162 m über NN
Gemeinde Kassel, Stadt Kassel 
Siedlung | Statistik | Verfassung | Besitz | Kirche und Religion | Kultur | Wirtschaft | Nachweise | Zitierweise
Siedlung

Ortstyp:

Dorf

Lagebezug:

3 km nordöstlich von Kassel

Lage und Verkehrslage:

Stadtteil nordöstlich von Kassel am linken Ufer der Fulda mit ursprünglich einfachem rechteckigem Grundriss. Kirche in Randlage. Nach starker Zerstörung durch Bombenangriffe im Zweiten Weltkrieg geht beim Wiederaufbau der dörfliche Charakter verloren und es entstehen moderne Wohngebiete bzw. Siedlungen (Hasenhecke).

Im Süden verläuft parallel zur Fulda die L 3235.

Ersterwähnung:

811

Siedlungsentwicklung:

In der Gemarkung wurden sieben Gräber der Hallstattzeit (ältere Eisenzeit) gefunden (J. Ricken, Die hallsteinzeitlichen Gräber von Kassel-Wolfsanger).

811 bestätigt Kaiser Karl der Große dem Grafen Bennit den Besitz eines Bifangs, den dessen aus Sachsen stammender Vater Amalung gegenüber des Dorfes Wolfsanger angelegt hatte. Zwei Jahre später wird die gleiche Geschichte in einer Urkunde Karls von einem Sachsen namens Hiddi erzählt. Franken und Sachsen lebten um 780 im Gebiet um Wolfsanger zusammen. Die Gründe, die die beiden erwähnten Sachsen dazu bewegten, Wolfsanger zu verlassen, werden nicht dargelegt.

Historische Namensformen:

Bezeichnung der Siedlung:

  • villa (811)
  • locus (1019)
  • villa (1351)

Siedlungsplätze innerhalb der Gemarkung:

Umlegung der Flur:

1886; 1935-1949

Älteste Gemarkungskarte:

1691/1692

Koordinaten:

Gauß-Krüger: 3537237, 5688572
UTM: 32 U 537148 5686736
WGS84: 51.330702° N, 9.533208° O OpenLayers

Statistik

Ortskennziffer:

611000063

Frühere Ortskennziffer:

611000631

Flächennutzungsstatistik:

  • 1885 (Hektar): 803, davon 424 Acker (= 52.80 %), 65 Wiesen (= 8.09 %), 181 Holzungen (= 22.54 %)

Einwohnerstatistik:

Diagramme:

Wolfsanger: Einwohnerzahlen 1834-1967

Datenquelle: Historisches Gemeindeverzeichnis für Hessen: 1. Die Bevölkerung der Gemeinden 1834-1967.
Wiesbaden : Hessisches Statistisches Landesamt, 1968.

Verfassung

Verwaltungsbezirk:

  • 1019: Hessengau, in der Grafschaft des Grafen Friedrich (in pago Hassia in comitatu Frederici comitis)
  • 1458/59: Landgrafschaft Hessen, Amt Kassel
  • 1483: Landgrafschaft Hessen, Gericht, später Amt Ahna
  • 1787: Landgrafschaft Hessen-Kassel, Niederhessen, Amt Ahna
  • 1803-1806: Kurfürstentum Hessen, Niederhessen, Amt Ahna
  • 1807-1813: Königreich Westphalen, Departement der Fulda, Distrikt Kassel, Kanton Ober-Vellmar
  • 1814-1821: Kurfürstentum Hessen, Niederhessen, Amt Ahna
  • 1821: Kurfürstentum Hessen, Provinz Niederhessen, Kreis Kassel
  • 1848: Kurfürstentum Hessen, Bezirk Kassel
  • 1851: Kurfürstentum Hessen, Provinz Niederhessen, Kreis Kassel
  • 1867: Königreich Preußen, Provinz Hessen-Nassau, Regierungsbezirk Kassel, Landkreis Kassel
  • 1936: Deutsches Reich, Provinz Hessen-Nassau, Regierungsbezirk Kassel, Stadtkreis Kassel

Altkreis:

Kassel, kreisfreie Stadt

Gericht:

  • 1585: Gericht auf der Ahn, vierter Schöffenstuhl (Wolfsanger, Harleshausen)
  • 1822: Amt Wilhelmshöhe
  • 1822: Landgericht Kassel
  • 1850: Justizamt Kassel III
  • 1867: Amtsgericht Kassel II
  • 1879: Amtsgericht Kassel

Herrschaft:

Ob Wolfsanger bereits 1019 vollständig oder nur die genannte Pfarrkirche mit Zubehör dem Kloster Kaufungen übertragen wird, muss offen bleiben. Möglicherweise gehört Wolfsanger im 11. Jahrhundert zum Königshof Kassel und gelangt mit diesem an das Kloster Kaufungen.

Mitte des 14. Jahrhunderts nehmen die Landgrafen Vergabungen aus Wolfsanger vor, 1366 wird im Zusammenhang mit der Erhebung der Pfarrkirche St. Martin in Kassel zur Kollegiatkirche diese ein Dotierung mit landgräflichen Gütern u.a. in Wolfsanger bestätigt. In den Amtsrechnungen von 1446 wird Wolfsanger als landgräfliches Dorf geführt.

Gemeindeentwicklung:

1.4.1936: Eingemeindung in die Stadt Kassel.

Besitz

Grundherrschaft und Grundbesitzer:

  • 1019 schenkt Kaiser Heinrich II. auf Bitten seiner Gemahlin Kunigunde dem Kloster Kaufungen die Johannes dem Täufer geweihte Kirche zu Wolfsanger mit Ausstattung und Zubehör und verleiht dem Kloster dasselbst einen Wochenmarkt auf Samstag und einen dreitägigen Jahrmarkt zu Johannis baptista (24. Juni). Das Kloster und spätere Stift Kaufungen ist wichtiger, aber nicht alleiniger Grundherr in Wolfsanger und macht später weitere Erwerbungen. Der Kaufunger Stiftshof war zur Haltung von Faselvieh verpflichtet.
  • 1299 wird Besitz des Stifts Ahnaberg in Wolfsanger genannt. Im 14. Jahrhundert erwirbt das Stift weitere Güter. 1351 werden zwei curtes sive curias liberas genannt, von denen eine im Dorf lag.
  • 1325 überträgt das Kloster Germerode (östlich des Meißners) den Ort als zu vererbenden Besitz den Brüdern von Hornsberg gegen eine jährliche Zahlung.
  • Das Martinsstift erhält 1366 eine Dotierung mit Gütern u.a. in Wolfsanger, das Stift Weißenstein erhält dort 1488 fünf Morgen Land.

Zehntverhältnisse:

Ob die Zehntrechte bereits zur Ausstattung der Pfarrkirche gehören, die 1019 an das Kloster Kaufungen fällt, muss offen bleiben (vgl. Herrschaft). 1316 erwirbt das Stift Kaufungen von Kasseler Bürgern deren Zehnten in Wolfsanger. 1447 sind die Zehnten von Äckern in Wolfsanger differnziert zwischen ganzen und halben. 1519 ist das Stift noch im Besitz des Zehnten.

Ortsadel:

Adlige 1216-1293

Kirche und Religion

Ortskirchen:

  • 1019: Pfarrkirche (aecclesia)
  • 1279: plebanus
  • Erbauungszeit und Aussehen der ältesten Kirche, die nördlich der heutigen lokalisiert wird, sind unbekannt. Saalbau mit eingestelltem Westturm und halbrundem Chor 1725 erbaut, nach Zerstörung im Zweiten Weltkrieg bis 1954 wiederhergestellt

Patrozinien:

  • Johannes Baptista (der Täufer) [1019]

Pfarrzugehörigkeit:

1527 und 1569 gehören Sandershausen und Ihringshausen zum Kirchspiel. Ihringshausen wird 1581 selbständig, Sandershausen 1585 von Heiligenrode aus versehen. 1747 und 1872 ist Ihringshausen Filialgemeinde von Wolfsanger, 1907 wird es zur selbstständigen Hilfspfarrei ernannt, 1911 zur Pfarrei erhoben.

Patronat:

1019 ist das Patronatsrecht beim Kloster Kaufungen, nach der Reformation gelangt es an Hessen

Diakonische Einrichtung:

12.04.1912 Gemeindepflegestation eine Schwester Krankenpflege, Vereinsbetreuung, Gemeindearbeit, Sardemann, Geschichte des hessischen Diakonissenhauses zu Cassel, S. 343; 1926 nach Ritter, Kirchliches Handbuch, S. 25 Gemeindestation mit einer Schwester

Bekenntniswechsel:

Erster evangelischer Pfarrer: Christoph Grau 1528-1529

Kirchliche Mittelbehörden:

15. Jahrhundert: Kirchenprovinz Mainz, Archidiakonat St. Peter zu Fritzlar, Erzpriestersprengel Ditmold

Kultur

Schulen:

1910 Volksschule mit sechs Klassen

Sprachgeschichte (Quellenfaksimiles):

Wirtschaft

Wirtschaft:

Ursprünglich Landwirtschaft

1841 Anlage einer Kaltwasserheilanstalt am Fuldahang

Markt:

1019 erhält das Kloster Kaufungen von Kaiser Heinrich II. einen samstäglichen Wochenmarkt und einen dreitägigen Jahrmarkt zu Johannes baptista (24. Juni). Über Marktgeschehen ist im Mittelalter kaum etwas bekannt

Nachweise

Literatur:

Zitierweise
„Wolfsanger, Stadt Kassel“, in: Historisches Ortslexikon <https://www.lagis-hessen.de/de/subjects/idrec/sn/ol/id/2437> (Stand: 28.11.2022)