Historisches Ortslexikon
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Weitere Informationen
Großenritte
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Stadtteil · 223 m über NN
Gemeinde Baunatal, Landkreis Kassel - Siedlung ↑
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Ortstyp:
Dorf
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Lagebezug:
12 km südwestlich von Kassel
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Lage und Verkehrslage:
Ursprünglich Haufendorf mit einfachem um die Kirche gruppierten Grundriss und lockerer Hofbebauung an den östlichen Ausläufern des Langenberges. Durch den Ort fließt die Leisel, ein westlicher Zufluss der Baune. Nach dem Zweiten Weltkrieg führte der Bau eines VW-Zweigwerks im Osten von Altenbauna und in Rengershausen zu nachhaltigen Veränderungen im gesamten Raum, die Stadtgründung von Baunatal sollte der Zuwanderung Rechnung tragen. Katholische und zweite evangelische Kirche im Südwesten. Moderne Bebauung in Großenritte in alle Richtungen. Nördlich des Stadtteiles verläuft die Landesstraße 3219, westlich die L 3218 und östlich die Kreisstraße 22.
Bahnhof der Eisenbahnlinie Kassel/Wilhelmshöhe – Naumburg (Inbetriebnahme der Strecke 29.10.1903) bis Stilllegung der Strecke am 4.9.1977.
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Ersterwähnung:
vor 775
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Siedlungsentwicklung:
Zahlreiche altsteinzeitliche Lesefunde. Im Bereich der Flurstücke "Auf der Kaute", "Die grünen Wegsäcker" und Straße "Am Bahnhof" Siedlungsgruben der Älteren Jungsteinzeit. Geschützte Siedlung im Bereich des Burgberges aus der jüngeren Jungsteinzeit. Im Bereich der Flur "Opfertriesch" Menhir (Hünsteinplatz) aus der Jüngeren Jungsteinzeit. Aus der Älteren und Jüngeren Eisenzeit Brandgräber, Siedlungsspuren und Lesefunde. Eine keltische Wallburg ist auf dem Burgberg westlich von Großenritte nachgewiesen. Aus der Römischen Kaiserzeit Lesefunde.
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Vorbemerkung Historische Namensformen:
Bei den frühen Belegen ohne Zusatz muss offen bleiben, ob sie auf Großen- oder Altenritte zu beziehen sind.
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Historische Namensformen:
- Rittahe, in (vor 775) [Kopialbuch Mitte 12. Jh. Urkundenbuch der Reichsabtei Hersfeld 1,1, Nr. 38 (2), Breviarium sancti Lulli, S. 18]
- Rittehessis (802-817) [Kopiar um 1160 Codex Eberhardi 1, Bl. 156 ra; S. 271 [61]; Dronke, Traditiones, S. 37, Cap. 6, Nr. 61]
- Ritdi (1061) [Hessisches Staatsarchiv Marburg Best. Urk. 75 Nr. 108; Druck: Karl Wenck, Zur Geschichte des Hessengaus, in: Zeitschrift des Vereins für hessische Geschichte und Landeskunde 36 (1903), S. 273-276, Anhang II]
- Ritte (1102) [HStAM Bestand Urk. 87 Nr. 1157; Druck: Roques, Urkundenbuch Kloster Kaufungen 1, Nr. 20]
- Ritthe, in (um 1200) [Klosterarchive 2: Klöster, Stifter und Hospitäler der Stadt Kassel und Kloster Weißenstein, S. 505-508, Nr. 1369]
- Ritte, in (um 1200) [Klosterarchive 2: Klöster, Stifter und Hospitäler der Stadt Kassel und Kloster Weißenstein, S. 508, Nr. 1370; Druck: Anhang S. 688-659 Nr. 33]
- Ritthe, in; Rithte, in (1209/1310) [Karl E. Demandt, Besitz des Fritzlarer Petersstiftes in: Zeitschrift des Vereins für Hessische Geschichte und Landeskunde , 61 (1936), S. 35-120, hier S. 102]
- Rithe, de (1247) [HStAM Bestand Urk. 18 Nr. 37]
- Kyrchrytthe, in (1292) [Wyss, Urkundenbuch der Deutschordens-Ballei 1, S. 417-418, Nr. 552]
- major Ritte (1303) [HStAD Bestand B 13 Nr. 1 = Grotefend-Rosenfeld, Landgrafenregesten 1, S. 155-156, Nr. 430]Kirchrithe, in (1310) [Karl E. Demandt, Besitz des Fritzlarer Petersstiftes in: Zeitschrift des Vereins für Hessische Geschichte und Landeskunde , 61 (1936), S. 35-120, hier S. 102]
- Grozme Rytte, zu (1303) [HStAD Bestand B 13 Nr. 2 = Grotefend-Rosenfeld, Landgrafenregesten 1, S. 157, Nr. 433]
- Ritte, in maiori villa (1331) [HStAM Bestand Urk. 16 Nr. 116]
- Ritte (1346) [Regesten der Erzbischöfe von Mainz von 1289-1396, Abt. 1, Bd. 1, S. 538, Nr. 5481]
- Großen Riette (1457-1459) [HStAM Bestand S Nr. 411]
- Ritte (1519) [W. A. Eckhardt, Salbuch des Stifts Kaufungen von 1519, S. 113]
- Grosse Ritta (1530) [W. A. Eckhardt, Salbuch des Stifts Kaufungen von 1519, S. 113]
- Großen Ritta (1585) [Der ökonomische Staat, S. 77]
- Grossen Ritte (1708/10) [Schleenstein, Landesaufnahme, Karte Nr. 1]
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Bezeichnung der Siedlung:
- villa (1061)
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Siedlungsplätze innerhalb der Gemarkung:
-
Älteste Gemarkungskarte:
1695
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Koordinaten:
Gauß-Krüger: 3527093, 5679349
UTM: 32 U 527008 5677517
WGS84: 51.248377° N, 9.38697° O OpenLayers - Statistik ↑
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Ortskennziffer:
633003030
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Flächennutzungsstatistik:
- 1885 (Hektar): 802, davon 516 Acker (= 64.34 %), 231 Wiesen (= 28.80 %), 0 Holzungen; Gutsbezirk Interessentenwald 533, davon 483 Holzungen (= 90,61 %)
- 1961 (Hektar): 1331, davon 470 Wald (= 35.31 %)
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Einwohnerstatistik:
- 1585: 24 Haush. (Der ökonomische Staat)
- 1637: 37 Haush. (KLB Landaus Samml., Volkszählung)
- 1747: 106 Haush. (Stadt- und Dorfbuch des Ober- und Niederfürstentums Hessen)
- 1885: 1274, davon 1274 evangelisch (= 100.00 %), 0 katholisch
- 1961: 3735, davon 3299 evangelisch (= 88.33 %), 374 katholisch (= 10.01 %)
- 1970: 4317
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Diagramme:
Datenquelle: Historisches Gemeindeverzeichnis für Hessen: 1. Die Bevölkerung der Gemeinden 1834-1967.
Wiesbaden : Hessisches Statistisches Landesamt, 1968. - Verfassung ↑
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Verwaltungsbezirk:
- 9. Jh.: Hessengau (in pago Hassorum)
- 1061: Provinz Hessen, Grafschaft des Werner, die Maden genannt wird (in provincia Hassia in comitatu Werinheri qui dicitur Madena)
- 1458/59: Landgrafschaft Kassel, Amt Kassel
- 1483: Landgrafschaft Kassel, Gericht des Zwehrentores (später Gericht bzw. Amt Bauna)
- 1787: Landgrafschaft Hessen-Kassel, Niederhessen, Amt Bauna
- 1803-1806: Kurfürstentum Hessen, Niederhessen, Amt Bauna (seit 1804 Wilhelmshöhe)
- 1807-1813: Königreich Westphalen, Departement der Fulda, Distrikt Kassel, Kanton Zwehren
- 1814-1821: Kurfürstentum Hessen, Niederhessen, Amt Wilhelmshöhe
- 1821: Kurfürstentum Hessen, Provinz Niederhessen, Kreis Kassel
- 1848: Kurfürstentum Hessen, Bezirk Kassel
- 1851: Kurfürstentum Hessen, Provinz Niederhessen, Kreis Kassel
- 1867: Königreich Preußen, Provinz Hessen-Nassau, Regierungsbezirk Kassel, Landkreis Kassel
- 1945: Groß-Hessen, Regierungsbezirk Kassel, Kreis Kassel
- 1946: Land Hessen, Regierungsbezirk Kassel, Kreis Kassel
- 1966: Landkreis Kassel, Stadt Baunatal
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Altkreis:
Kassel
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Gericht:
- Amtsgericht Kassel
- bis 1822: Amt Ahna
- 1822: Landgericht Kassel
- 1850: Justizamt Kassel II
- 1867: Amtsgericht Kassel II
- 1879: Amtsgericht Kassel
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Herrschaft:
1102 erhält Kloster Kaufungen von Graf Werner u.a. vier Hufen in Ritte.
Die Herrschaft gehört im 12./13. Jahrundert in den Einflussbereich der Grafen von Schauenburg, vermutlich als mainzisches Lehen. 1346 bestätigt Erzbischof Heinrich zu Mainz Reinhard, Elger und Bernhard von Dalwigk den Kirchsatz zu Ritte, Ditmold, Niedervellmar und Hoof.
1303 belehnen Landgraf Heinrich I. von Hessen, seine Gemahlin Mechthild und ihr Sohn Johann den Ritter Johann Riedesel und seine Erben mit 50 Mark Silber Kasseler Währung aus namentlich genannten Gütern u.a. zu Großenritte. 1329 verkauft Thiemo von Züschen das niedere Gericht an den Landgrafen von Hessen.
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Gemeindeentwicklung:
Am 1.7.1966 im Zuge der hessischen Gebietsreform mit Baunatal zusammengeschlossen, das Stadtrecht erhielt. Großenritte wurde Stadtteil von Baunatal.
- Besitz ↑
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Grundherrschaft und Grundbesitzer:
- Um 775 hat das Klosters Hersfeld Besitz vor Ort.
- Anfang des 9. Jahrhunderts schenkt ein gwissser Engelherre dem Kloster Fulda seine Güter mit Hörigen in Ritte und Venne. 1061 tätigen der Edle Erenfrid und seine Ehefrau Rucela einen Gütertausch mit dem Kloster Fulda und begeben sich damit in dessen Lehnsherrschaft. Sie übertragen dem Abt Widerad von Fulda verschiedene Güter in Provinz Hessen in der Grafschaft Werners, die Maden genannt wird, u.a. in Ritte, und erhalten sie zu Lehen zurück.
- 1102 erhält Kloster Kaufungen von seinem Vogt Graf Werner u.a. insgesamt vier Hufen in Ritte, das zweimal genannt wird. Das Kloster hat als Besitz in Großen- und in Altenritte.
- Um 1200 überträgt der Laie Walthelm aus Kassel an das Kloster Weißenstein einige Äcker im Dorf Ritte. In der Folge kommen weitere Güter hinzu. 1480 geht ein Geld- und Naturalzins an das Kloster Ahnaberg über, das aber schon 1358 in Ritte begütert ist.
- 1310 hat das Petersstift Fritzlar Einkünfte in Großenritte.
- Als weitere geistliche Grundherren sind das Martinsstift, die Klöster Breitenau, Merxhausen, Nordshausen, Berich und Hardehausen bekannt. HInzu kommt der Adel der näheren und weiteren Umgebung, d.h. die von Dalwig, Elben Hertinghausen, Hundelshausen, Schwarzenberg und Treffurt. Dabei wird in den Quellen nicht immer zwischen Großen- und Altenritte unterschieden.
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Zehntverhältnisse:
1310 hat das Petersstift Fritzlar Einkünfte in Kirchritte.
- Kirche und Religion ↑
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Ortskirchen:
- Kyrchrytthe, in (1292)
- Pleban (1331)
- Evangelische Kirche, seit 1959 Kreuzkirche, mit langgestrecktem Saalbau 1515 errichtet, mittelalterlicher Westturm auf quadratischem Grundriss. 1959 Neuausrichtung der Kirche nach Westen mit Eingangsportal im Osten.
- Katholische St. Pius-Kirche 1967 errichtet
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Pfarrzugehörigkeit:
Ursprünglich zum Kirchspiel Bauna gehörig, entstand die Pfarrei Ende des 13. Jahrhunderts (Kyrchrytthe, in 1292). 1536, 1585 und 1872 gehört Altenritte zum Kirchspiel, 1994 als Filialgemeinde.
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Patronat:
1346 wird das Patronat als zur Grafschaft Schauenburg gehörig bezeichnet, die bereits 1332 als mainzisches Lehen an die Familie von Dalwigk gelangt war. So auch 1585 und 1872.
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Diakonische Einrichtung:
Großenritte (Baunatal) 29.04.1906 eine Schwester Krankenpflege, Vereinsbetreuung, Gemeindearbeit nach Sardemann, Geschichte des hessischen Diakonissenhauses zu Cassel, S. 284; 1926 nach Ritter, Kirchliches Handbuch, S. 18 Gemeindestation mit einer Schwester
1877 Gründung des Hessischen Diakonissenhauses „Gertrudenstift“, eingerichtet durch Selbständige Evangelische Lutherische Kirche (SELK), zugehörig zur Renitenz, in unvollendetem Jagdschloss des Prinzen von Hanau; kein Erfolg im Aufbau einer eigenständigen Diakonissenschaft; Nutzung des Gebäudes als Altenheim; im 20. Jahrhundert Ausbau als Gemeindezentrum mit Ambulanz, Gemeinschaftsräumen, Pflegestation, Wohnräumen für Mitarbeiter („Diakonissen ohne Haube“), Ausbau 1963-1966 (Chronik der Stadt Baunatal, S, 281, 289)
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Bekenntniswechsel:
Erster evangelischer Pfarrer: Wittekindt Engelhard ca. 1536-1553
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Kirchliche Mittelbehörden:
Großenritte gehörte zum Dekanat Fritzlar (Würdtwein D. 10,511) und zur Klasse Wilhelmshöhe
- Kultur ↑
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Schulen:
1910 Volksschule mit fünf Klassen
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Sprachgeschichte (Quellenfaksimiles):
- Nachweise ↑
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Literatur:
- Denkmaltopographie Landkreis Kassel, Bd. II, S. 75-95
- J. Kneipp, Die vor- und frühgeschichtliche Besiedlung in und um Baunatal, in: Chronik der Stadt Baunatal Bd. 1, S. 47-204, Katalog, S. 188-200
- Th. S. Huck, Zum Verlauf der Besiedlung des Baunatals, in: Chronik der Stadt Baunatal Bd. 2, S. 61-126, besonders S. 71-77
- U. Hussong, Ersterwähnung "Rittahe" im Breviarium Lulli, in: Chronik der Stadt Baunatal Bd. 2, S. 127-138
- W. A. Eckhardt, Salbuch des Stifts Kaufungen von 1519, S. 113
- W. Wölbing, Die kirchliche Organisation im Baunatal bis zum Ausgang des Mittelalters, in: Chronik der Stadt Baunatal Bd. 2, S. 213-236
- Hochhuth, Statistik der evangelischen Kirche, S. 217
- Eisenträger/Krug, Territorialgeschichte der Kasseler Landschaft, S. 110-111
- Historisches Ortslexikon Kurhessen, S. 390-391
- Hütteroth, althessische Pfarrer, S. 502
- Holtmeyer, Landkreis Kassel, S. 72-75
- Zitierweise ↑
- „Großenritte, Landkreis Kassel“, in: Historisches Ortslexikon <https://www.lagis-hessen.de/de/subjects/idrec/sn/ol/id/2265> (Stand: 29.4.2024)