Hessische Quellen zum Ersten Weltkrieg

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↑ Kriegsgedichte in der Oberhessischen Zeitung (Marburg), Juli - September 1914

Abschnitt 20: Theodor Birt, Die Begegnung (Gedicht)

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Die Begegnung.

(Aus der Zeit der Militärtransporte)

Bei Tag und Nacht dies Jagen!
Mit schwachen Lichtern. sieh nur, sieh!
Da rollt auf fünfzig Wagen
Die ganze Batterie.
Es hockt auf seiner Kanone
(Das ist sein Nachtquartier),
Als säße er auf dem Throne,
Der bärtige Kanonier.

Wie sich die Berge recken
Im Mondesglanz! und wie stark der Wind!
Die Dörfer, die Städtchen und Flecken,
Wie sie unzählig sind!
Und im Vorübergleiten
Winkt träumend er mit der Hand
In unermeßne Weiten:
„Das ist mein Vaterland !"

Er lauscht. Im Gleichtakt hämmert
Das Räderwerk. Ihm pochts im Ohr,
Ein Militärmarsch dämmert
Mit Macht in ihm empor:
„Und wenn wir den Feind bestreichen,
Die Schlünde Feuer spei'n,
Das Geschütz rast über Leichen —
Das soll erst ein Leben sein!

Dort, eine Stadt! Die Gassen
Erkennt man deutlich. Es brennt noch Licht
Das will ans Herz mich fassen.
Gleicht's meinem Städtchen nicht?"
Und tiefer grub und tiefer
Der Krieger in seine Hand
Sehnsüchtig das Haupt. So schlief er,
Bis ihn der Morgen fand.

Da braust es. Welch Erregen!
Horch auf! Die Eisenbrücke dröhnt.
Ein Zug rollt uns entgegen.
Die schrille Pfeife tönt.
Die Fahrt stockt. Fünfzig Wagen
Ulanen! Roß und Mann!
Da hebt ein Grüßen und Fragen,
Hochrufen und Singen an.

„Du, Wilhelm ? Welch Erkennen!
Wohin?" — Nach Rußland geht's, trara! —
„Und wir, Herzbruder, rennen
Durch die Vogesen, Hurra!"
Wir greifen, ihn, den Zaren!
"Wir stürmen Paris, juchhe!"
So jauchzen sie noch im Fahren:
Ade! Ade! Ade!

Th. Birt. 13.8.14.

[Veröffentlicht in der Oberhessischen Zeitung vom 1. September 1914] ▶