Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen

Zeitgeschichte in Hessen - Daten · Fakten · Hintergründe

Gehe zu Treffer
 

Gründung einer Vereinigung zur Erhaltung der Burg Ludwigstein, 4. April 1920

Der Wandervogel Enno Narten (1889–1973) gründet zusammen mit weiteren Jugendbewegten die „Vereinigung zum Erwerb, Wiederaufbau und Erhalt der Burg Ludwigstein bei Witzenhausen an der Werra“.

Eine Ruine als Anziehungspunkt für die Jugendbewegung

Die Burgruine bei Werleshausen, in nördlicher Richtung nur wenige Kilometer vom Treffpunkt der Grenzen des Kurfürstentums Hessen, des Königreichs Hannover und des Königreichs Preußen (dem heutigen Dreiländereck Hessen–Niedersachsen–Thüringen) entfernt, übt bereits seit längerer Zeit eine große Anziehungskraft auf die von der Romantik inspirierten Anhänger der Wandervogel-Bewegung aus. Aufgrund des Umstands, dass die Region durch den 1913 auf dem nahe gelegenen Meißner abgehaltenen „Freideutschen Jugendtag“ (und als „Märchenland“ der Brüder Grimm) für die Jugendbewegung eine besondere Bedeutung erlangt hatte, entstand kurz vor Ausbruch des Ersten Weltkrieges der Entschluss, die leerstehende Burgruine zu erwerben. Ursprünglich wurde die Burg ab Mitte 1415 unter Landgraf Ludwig I. (1402–1458) von Hessen zum Schutz der umstrittenen Grenzen gegenüber dem kurmainzischen Eichsfeld und der mainzischen Burg Hanstein (bei Bornhagen) erbaut.

Aus- und Wiederaufbau zur „Jugendburg“ ab 1920

Beabsichtigt war, die Burg zu einem räumlichen und geistigen Mittelpunkt für den Wandervogel und die verwandten Gruppen der Jugendbewegung aus- und umzubauen. Doch diese Pläne wurden 1914 durch den Kriegsausbruch durchkreuzt. Die von Narten und einer Zahl von Gleichgesinnten gegründete Vereinigung plant nun, die Ruine als Ehrenmal für die im Krieg gefallenen Angehörigen der Jugendverbände und in Form einer Jugendburg als Symbol des Neuaufbaus wiederherzustellen. In der Burg, die durch die frühere Entnahme wesentlicher Bauteile stark in Mitleidenschaft gezogen ist, sodass eine partielle Neuerrichtung in Angriff genommen werden muss, sollen neben einer Jugendherberge auch ein Tagungsort und ein Archiv der Jugendbewegung entstehen. Im Mai 1920 beginnt eine erste Gruppe mit den Arbeiten. Die Jugendburg erlebt im Verlauf des folgenden Jahrzehnts eine Blütezeit, wird für Jugendbewegte aus allen Bünden zum Ausgangspunkt für eine Umsiedlung auf das Land und erhält während der Inflationszeit sogar eine eigene Währung für ihre Bewohner.

Vereinnahmung durch die Nationalsozialisten

1933 wird die Burg jedoch von den Nationalsozialisten vereinnahmt und zur ersten Gebietsführerschule der Hitlerjugend in Kurhessen umfunktioniert. Die von Enno Narten ins Leben gerufene „Vereinigung zum Erwerb, Wiederaufbau und Erhalt der Burg Ludwigstein bei Witzenhausen an der Werra“ wird 1939 verboten. Sie besteht jedoch unter anderem Namen (als Freundes- und Fördererkreis des Ehrenmales Jugendburg Ludwigstein) und als Mitglied im Reichsverband für deutsche Jugendherbergen noch bis zu ihrem endgültigen Verbot am 17. September 1941.
(KU)

Belege
  • Eckhart G. Franz (Hrsg.), Die Chronik Hessens, Dortmund 1991, S. 337 f.
  • Hans Wolf, Burg Ludwigstein, Trutzveste und Jugendburg, in: Ludwigsteiner Blätter: Mitteilungen der Vereinigung Jugendburg Ludwigstein e.V., Ludwigstein, Witzenhausen 1970, S. 8-16 u. 17-20.
Weiterführende Informationen
Hebis-Klassifikation
842230 ,Burgen und Schlösser · 7267 ,Jugendverband
Hebis-Schlagwort
Ludwigstein ; Jugendbewegung ; Wandervoegel
Empfohlene Zitierweise
„Gründung einer Vereinigung zur Erhaltung der Burg Ludwigstein, 4. April 1920“, in: Zeitgeschichte in Hessen <https://www.lagis-hessen.de/de/subjects/idrec/sn/edb/id/524> (Stand: 26.11.2022)
Ereignisse im März 1920 | April 1920 | Mai 1920
Do.Fr.Sa.So.Mo.Di.Mi.Do.Fr.Sa.So.Mo.Di.Mi.Do.Fr.Sa.So.Mo.Di.Mi.Do.Fr.Sa.So.Mo.Di.Mi.Do.Fr.
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30