Zeitgeschichte in Hessen - Daten · Fakten · Hintergründe

Berichte über Schwierigkeiten und Konflikte bei der Gemüseversorgung, 10. Juli 1941

Der Sicherheitsdienst der SS berichtet in seinen geheimen Meldungen aus dem Reich über Missstände bei der Gemüseversorgung. In zahlreichen Städten (unter anderem in Frankfurt am Main und Darmstadt) seien durch die mangelhafte Versorgung der Bevölkerung mit Obst und Gemüse auf den Wochenmärkten und in den Gemüsegeschäften Zustände zu Tage getreten die sich mit ihren Begleiterscheinungen sehr nachteilig auf die allgemeine Stimmung und Disziplin der Bevölkerung stark auswirkten:
Die Menschenansammlungen vor den Gemüseläden und den Ständen auf den Märkten hätten in beträchtlichem Umfange zugenommen und Schlangen von 120-150 Personen und mehr seien an der Tagesordnung. Allgemein würden die Hausfrauen sich bereits 1-2 Stunden vor Eröffnung des Verkaufs z.T. mit Klappstühlen – einfinden, wobei es beim Kampf um den besten Platz bereits zu den ersten Streitigkeiten komme. Bei Eintreffen des Gemüses würden sich dann die erschreckendsten Szenen abspielen. Die Frauen würden sich förmlich auf die Stände stürzen und das Gemüse von den Tischen reißen, wobei vielfach eine ordnungsgemäße Verrechnung nicht möglich sei. Dabei käme es nicht selten zu Schlägereien, die das Eingreifen der Polizei erforderten.

Hinzu komme, so werde weiter berichtet, dass das Zurücklegen von Waren für die Stammkunden beträchtliche Unruhe ausgelöst habe und vielfach vermutet werde, dass von den Händlern auch hier die besseren, zahlungskräftigen Kunden bevorzugt würden. In Darmstadt zum Beispiel sei es auf dem Markt zu äußerst bewegten Auftritten gekommen, als sich eine Gemüsehändlerin geweigert habe, das unter der Theke verwahrte hochwertige Gemüse (wie etwa Blumenkohl) abzugeben und für den freien Verkauf nur größere Mengen Salat ausgelegt habe. Ein weiterer Händler habe von vornherein die Wünsche der Kauflustigen abgelehnt und erklärt, das in beträchtlichen Mengen vorhandene Gemüse sei nur für seine Kunden da. Die Volksgenossen seien darüber stark erbittert gewesen und hätten ihre Verärgerung in drastischen Redewendungen und Schimpfereien zum Ausdruck gebracht.
(OV)