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Kurfürstentum Hessen 1840-1861 – 35. Eschwege
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Eschwege Karten-Symbol

Gemeinde Eschwege, Werra-Meißner-Kreis — Von Karl Kollmann
Basisdaten | Geschichte | Betsaal / Synagoge | Weitere Einrichtungen | Nachweise | Indizes | Empfohlene Zitierweise
Basisdaten

Juden belegt seit

1367

Lage

37269 Eschwege, Vor dem Berge 4 | → Lage anzeigen

Rabbinat

Niederhessen (Kassel)

erhalten

ja

Gedenktafel vorhanden

ja

Weitere Informationen zum Standort

Historisches Ortslexikon

Geschichte

Die in der Literatur genannten frühen Belege für jüdische Ansiedlung in Eschwege sind unsicher. Laut Arnsberg war Eschwege von Ausschreitungen im Jahr 1295 ebenso wie betroffen wie von denen während der Pestepidemie 1347-1350.1 Was das Jahr 1295 betrifft, so konnte kein Beleg für Ausschreitungen verifiziert werden. Eschwege ist jedoch in der Auflistung der Gemeinden verzeichnet, deren Opfer während des Pogroms in der Mitte des 14. Jahrhunderts gedacht wurde.2

Ein gesicherter schriftlicher Nachweis findet sich in einer Urkunde des Klosters Germerode vom 10. Juni 1367, betreffend ein Rechtsgeschäft über Güter in Mitterode. Darin wird verfügt, dass im Falle einer Nichtzahlung zum Jahresende gepfändet werden soll und die Pfänder zu Juden nach Eschwege und Sontra gebracht werden sollen.3 Dies macht deutlich, dass knapp zwanzig Jahre nach den Pogromen, zu denen es in ganz Deutschland wegen der Pest gekommen war, wieder vertrauensvolle Geldgeschäfte abgewickelt wurden.

In einer Urkunde des Eschweger Augustinerklosters vom 28. August 1457 wird eine Lagebezeichnung „an dem kalmargte an der egken der Juddengaßen“ erwähnt, was auf eine Ansiedlung in einem bestimmten Bereich in der Altstadt hinweist.4 Es handelt sich um die heutige Kniegasse, die zwar in der Mitte der Stadt, aber etwas abgelegen, quasi im Hinterhofbereich zwischen dem Marktplatz und dem Alten Steinweg liegt. Im 17. und 18. Jahrhundert findet man die von Juden bewohnten Häuser vor allem in der Straße Unter dem Berge und in der Töpfer- bzw. Wallgasse.

Es fällt auf, dass es für die zweite Hälfte des 16. Jahrhunderts und in den ersten Verzeichnissen jüdischer Einwohner im Jahr 1600 keine Nachweise für Eschwege gibt.5 Erst in einer Aufstellung von 1622 trifft man sieben Familien mit insgesamt 45 Personen an, darunter der von Röhrda zugezogene Isaac mit seiner elfköpfigen Familie.6 Im weiteren Verlauf des 17. Jahrhunderts blieb die Anzahl der Familien in etwa gleich, mit einem Rückgang nur in den Jahren unmittelbar nach dem Dreißigjährigen Krieg.7 Erst ab 1670 stieg sie auf 10-15 Familien, ab 1700 auf durchschnittlich 20.

Die sogenannte „Judenstättigkeit“ von 1744 nennt 25 Familienoberhäupter. Nur eine Familie wird als „untauglich“ eingestuft und soll die Stadt verlassen.8 Noch genauer wird die Bevölkerung im Lager-, Stück- und Steuer-Buch aus dem Jahr 1769 erfasst.9 Im ersten Band findet sich die sogenannte Vorbeschreibung, die unter Paragraf 26 die Anzahl der Häuser und Einwohner nennt, wobei die Juden separat aufgeführt werden. Gezählt wurden 30 Männer, 34 „Weiber“, 49 Söhne, 36 Töchter, 6 Knechte und 16 Mägde, zusammen 171 Menschen. Die christliche Mehrheit zählte 3.642 Personen, so dass man auf einen jüdischen Bevölkerungsanteil von rund 4,5 Prozent kommt.

Die jüdische Bevölkerung ging um 1769 vor allem dem Handel nach, denn 15 von 35 beruflich Tätigen werden als „Handelsjuden“ bezeichnet, darunter nur vier mit geringer Steuereinschätzung. Der im 17. Jahrhundert noch stark verbreitete Viehhandel war stark zurückgegangen und spielte später kaum noch eine Rolle, im Gegensatz zum benachbarten Meißnervorland. 14 Männer waren im Wechsel- und Maklergeschäft tätig, unter ihnen einer, der direkt als „Banquier“ benannt wird. Neben einem Metzger blieben noch fünf verarmte Männer und Frauen, die von der Gemeinde mit unterhalten wurden. Die Wohnhäuser der Juden waren zu dieser Zeit schon mehr auf die Stadt verteilt als bisher.

Als in der Zeit der französischen Besatzung die Juden zur Annahme von Familiennamen gezwungen wurden, war dies für Eschwege kein so großer Schritt wie in den meisten anderen Gemeinden in Hessen. Es fällt auf, dass seit dem Dreißigjährigen Krieg Vornamen und Familiennamen für den Großteil der Eschweger Juden nachzuweisen sind, wobei die Namen Heilbrunn, Katz, Katzenstein und Wertheim dominierten. Die Namen sind vor allem in den Steuerlisten der Behörden überliefert, nicht aber auf den Grabsteinen auf dem Friedhof nahe Jestädt. Bemerkenswert ist, dass die meisten Namensträger Katz sich in Westphälischer Zeit in Kahn umbenannten.

Zu Beginn des 19. Jahrhunderts (1823) hatte sich die jüdische Gemeinde in Eschwege gegenüber 1769 nur geringfügig auf 183 Personen in 37 Haushalten vergrößert.10 Der Handel – ohne weitere Differenzierung – stellt drei Viertel der Berufstätigen, daneben gibt es drei Wechsler. Die nächste umfassende Statistik aus dem Jahr 185811 zeigt einen eklatanten Unterschied im Berufsbild, zurückzuführen auf die nun herrschende Gewerbefreiheit, die mit der Verordnung vom 14.5.1816 eingeleitet worden war. Von 81 Haushaltsvorständen gingen 28 dem Handel mit den unterschiedlichsten Gütern nach, aber es finden sich inzwischen auch Handwerksberufe wie Tuchmacher, Weber, Färber, Bäcker, Schuhmacher, Schneider oder Drechsler. 44 Juden waren in die städtischen Zünfte aufgenommen worden. Einige Kaufleute sind in die Fabrikation gegangen, davon 14 in dem in Eschwege ansässigen Tuchmachergewerbe, einer betätigt sich als Tabaksfabrikant. Die enorme Aufwärtsentwicklung der jüdischen Gemeinde Eschwege zwischen 1823 und 1858 lässt sich aber vor allem an der Bevölkerungszahl ablesen, die sich in dem genannten Zeitraum auf 361 nahezu verdoppelt hat, wobei die Haushalte die Verdopplung noch übertreffen. Die Anzahl armer Judenfamilien ging stark zurück.

Diese positive Entwicklung setzte sich in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts fort. Als sich die Stadt Eschwege ab den 1870er-Jahren durch großzügig angelegte Neubauviertel in Richtung des 1875 angelegten Bahnhofs entwickelte, findet man eine große Anzahl dieser Häuser in jüdischem Besitz, vor allem in der Friedrich-Wilhelm-Straße. In der westlich anschließenden Niederhoner Straße siedelten sich Industriebetriebe an, darunter einige in jüdischer Hand, die vielen Einwohnern eine Beschäftigung boten. Vorherrschend war hier die Bekleidungsindustrie (Webereien). Das Adressbuch von 1901 weist 48 jüdische Betriebe auf; 1931 gab es noch genauso viele, darunter allein 14 Manufakturhandlungen und sechs Ärzte. 1907 zählte die jüdische Gemeinde 511 Mitglieder, was rund vier Prozent der Einwohnerschaft entspricht. Das Steueraufkommen der jüdischen Gewerbetreibenden war hingegen mit mehr als 18 Prozent mehr als viermal so hoch.12 Im Jahr 1933 lebten 398 Juden in Eschwege, was rund drei Prozent der Einwohner entspricht.

Verfolgung und Ende der jüdischen Gemeinde

Erste Spuren eines latent vorhandenen Antisemitismus in Eschwege lassen sich bereits Mitte des 19. Jahrhunderts erkennen, als es im Zuge der bürgerlichen Revolution im Jahr 1848 zu Ausschreitungen gegen den jüdischen Kaufmann Wolf Lomnitz kam. Der Zwischenfall wird als „Schlacht bei Lomnitz“ in der regionalen Überlieferung eher verharmlosend dargestellt. Stärkere antisemitische Strömungen kamen dann in den Jahren der Weimarer Republik zur Geltung, als sich die reichsweit agierende politische Rechte gegen das Judentum richtete, was auch in Eschwege dazu führte, dass die nach außen bisher kaum sichtbare Haltung einzelner einflussreicher Personen nun unverhohlen zu Tage trat und den Boden für die politische Umwälzung im Jahr 1933 bereitete. Als Beispiel sei hier nur der Rektor der Knabenbürgerschule Hermann Wischnack genannt.

Schon im Jahr der Machtübernahme 1933 erfolgte eine rasche Ausgrenzung der jüdischen Bevölkerung aus Vereinen und Verbänden; z. B. wurden die jüdischen Schüler von der Teilnahme am Johannisfest ausgeschlossen. Bereits im März gab es gezielte antisemitische Aktionen und einen Boykott jüdischer Geschäfte. Der Druck auf die jüdische Bevölkerung wuchs mit weiteren diskriminierenden Maßnahmen in den folgenden Jahren ständig. Es kam zu einer starken Fluktuation in der jüdischen Bevölkerung, da viele Eschweger Juden in die Anonymität der Großstädte zogen oder emigrierten, anderseits aber auch viele aus den Dörfern der Umgebung nach Eschwege zogen; dies waren 189 Personen zwischen 1932 und 1942. Das Trauma der sogenannten „Reichskristallnacht“ am 9.11.1938 machte schließlich vielen klar, dass eine Auswanderung die beste Lösung war. Die Ausschreitungen führten zu massiven Zerstörungen in der Synagoge, im Hotel Löwenstein und in einigen Privatwohnungen. Alle erwachsenen jüdischen Männer wurden am 14.11.1938 nach Buchenwald in „Schutzhaft“ gebracht.13 Bis zum Dezember 1941, der ersten Deportation in Konzentrationslager, gelang es 211 Personen, in verschiedene Länder auszuwandern. 193 verzogen nach anderen Orten innerhalb Deutschlands und wurden von dort aus deportiert. 111 jüdische Bürger aus Eschwege wurden direkt von hier in Konzentrationslager verschleppt und bis auf wenige Ausnahmen ermordet; hinzuzuzählen sind etwa 140 Eschweger und Eschwegerinnen, die aus anderen Orten in Deutschland in den Tod geschickt wurden.14 Nach der letzten Deportation nach Theresienstadt am 6.9.1942 gab es in der Stadt keine jüdischen Einwohner mehr.

Neubeginn nach 1945

1946 bildete sich in Eschwege wieder eine jüdische Gemeinde für das Gebiet des Landkreises. Sie entstand aus den rund 2.500 Überlebenden, vorwiegend aus Osteuropa, die in den Gebäuden des ehemaligen Flugplatzes in einem Lager der Vereinten Nationen (UNRRA) untergebracht wurden. Für diese „Displaced Persons“ war Eschwege nur Durchgangsstation nach Israel oder ins westliche Ausland. Am 15.10.1946 warb hier Ben Gurion für die Auswanderung nach Israel. Von 1946 bis 1947 erschien in Eschwege die Zeitung „Undzer Hofenung“ in jiddischer Sprache. In der Synagoge fanden wieder Gottesdienste statt. Aber schon 1950 hatte die Gemeinde nur noch 47 Mitglieder und löste sich in den folgenden Jahren auf, nachdem nahezu alle „Displaced Persons“ Eschwege wieder verlassen hatten. Nach der Wende im Jahr 1989 kam es erneut zu einem Zuzug von Menschen jüdischen Glaubens aus dem europäischen Osten. Sie bildeten aber keine eigene Gemeinde, sondern schlossen sich den Gemeinden in Kassel oder Mühlhausen an.

Betsaal / Synagoge

Im Jahr 1687 erhielt die jüdische Gemeinde Eschwege die Erlaubnis zum Bau einer Synagoge, da das bisher für den Gottesdienst benutzte Gebäude, dessen Lage unbekannt ist, zu klein und zudem noch baufällig gewesen war. Der neue Standort lag in der Straße Unter dem Berge im Bereich der späteren Hausnummer 20. Schon seit mindestens 1671 befanden sich vier Häuser in der Nähe am Hang des Schulberges in jüdischem Besitz und bis 1700 kamen drei weitere hinzu, so dass das Areal bald von der Bevölkerung den Namen „Judenrain“ erhielt. Die Gemeinde unterhielt in derselben Straße ein weiteres Gebäude, im Kataster von 1769 als „Juden Herberge“ bezeichnet (Unter dem Berge 66). Es war 1709 von der Judenschaft erworben worden und wurde bis etwa 1840 genutzt, um durchreisenden Glaubensgenossen eine Unterkunft bieten zu können. Die alte Synagoge wurde im Jahr 1839 abgebrochen und an ihrer Stelle entstand das jetzt noch dort stehende Wohnhaus.

Nachdem sich die jüdische Gemeinde im Laufe des 19. Jahrhunderts stark vergrößert hatte, wurde ein Neubau nötig; dieser entstand nicht mehr am Fuße des Berges, sondern auf dessen Höhe in repräsentativer Lage (Vor dem Berge 4). Die neue Synagoge besaß 134 Männer- und 74 Frauenplätze und wurde am 14.12.1838 im Beisein der anderen christlichen Konfessionen, des Stadtrats und der Zünfte feierlich eingeweiht. Sowohl dieses als auch die äußere Gestaltung des Baues mit seinen Säulen ist ein Zeichen des Selbstbewusstseins der jüdischen Gemeinde Eschweges in jener Zeit. Das an einen Tempel erinnernde Gebäude mit dem klassizistischen Portal wurde von dem Landbaumeister Johann Friedrich Matthei entworfen. Direkt nebenan wurde die jüdische Elementarschule errichtet.

Die Synagoge wurde während des Novemberpogroms 1938 – also exakt 100 Jahre nach ihrer Erbauung – in ihrem Inneren stark verwüstet. Während der Nähe zu benachbarten Wohnhäusern traute man sich nicht, sie in Brand zu setzen. Im Jahre 1954 erwarb die Neuapostolische Gemeinde Eschwege das Gebäude und nutzt es seitdem als Gotteshaus. Nach grundlegendem Umbau fand am 30.09.1954 der erste Gottesdienst statt. Eine weitere Renovierung erfolgte 1985.

Weitere Einrichtungen

Weitere Einrichtungen

Im Jahr 1726 gründeten 14 Männer einen Verein namens Schaß-Chewra zum Studium des Talmuds. Es wurde sogar eine neue zwölfbändige Talmud-Ausgabe zum Preis von 22 Talern besorgt. Während sich in dieser Vereinigung eher die besser gestellten Gemeindemitglieder fanden, wurde bald ein zweiter Verein für das Talmudstudium gegründet.15

Bereits 1845 bildete sich mit 50 Gründungsmitgliedern ein bürgerlicher Verein innerhalb der jüdischen Gemeinde, der jüdische Abendverein. In § 1 der Statuten heißt es: „Erhaltung und Beförderung der Eintracht, sowie Erholung und Vergnügung, durch Unterhaltung, Lectüre, Spiel und beziehungsweise Tanz, ist der Zweck der Gesellschaft.“16

Im Jahr 1857 gründete sich der Wohltätigkeitsverein „Chewra Gemiluth Chasodim“.17

Mikwe

Die Kellerbäder in Privathäusern, die als rituelle Frauenbäder dienten, wurden im 19. Jahrhundert durch eine gemeinschaftliche Einrichtung ersetzt, nachdem die bisherigen Mikwen 1842 durch eine Polizeiverordnung geschlossen worden waren.18 Im selben Jahr wurde die Mikwa in der Kotelgasse (heute: Mittelgasse 4) in Betrieb genommen und existierte dort noch bis etwa 1930.19 Dann wurde sie in das Gebäude der jüdischen Schule in der Schulstraße 3 verlegt.20

Schule

Eine öffentliche jüdische Schule existierte in Eschwege mindestens seit 1827; vorher fand der Unterricht, der im Wesentlichen auf die Religion ausgerichtet war, in Privathäusern statt. Der erste Lehrer der öffentlichen Schule, Salomon Herxheimer (1801-1884), der 1830 in Gießen promovierte, übte gleichzeitig die Funktion des Kreisrabbiners aus. Nach seiner kurzen Zeit in Eschwege war er ab 1831 bis zu seinem Lebensende in Bernburg tätig und gilt als ein wichtiger Vertreter des Reformjudentums. Sein Nachfolger wurde Philipp Goldmann aus Wanfried, der kurz nach Eröffnung des neuen Schulgebäudes (1839) 41 Schüler und Schülerinnen unterrichtete.21 Die jüdische Elementarschule wurde zur selben Zeit wie die Synagoge direkt neben dieser in der Schulstraße 3 erbaut und enthielt neben dem Klassenraum auch zwei Lehrerwohnungen. Mit der Gründung eines Progymnasiums in Eschwege 1840 sowie einer privaten höheren Töchterschule veränderte sich jedoch schon in den 1840er Jahren der Charakter der jüdischen Elementarschule, denn viele Kinder besuchten hier nur noch den Religionsunterricht und strebten höhere Bildungsabschlüsse an den christlichen Schulen an. So besuchten im Jahr 1866 nur noch 28 Kinder den Gesamtunterricht, während 36 Jungen und 26 Mädchen auf weiterführende Schulen gewechselt hatten. Diese Entwicklung, verbunden mit der Schuldenlast der Neubauten 1838/39, führte zwischenzeitlich sogar zum Verkauf des Schulgebäudes, das von 1852 bis 1864 vom Kriminalgericht in Eschwege genutzt, danach aber von der jüdischen Gemeinde zurückerworben wurde. Philipp Goldmann (1808-1894) bekleidete das Amt des Religionslehrers und Kreisrabbiners nahezu sechs Jahrzehnte lang bis kurz vor seinem Tode.

Die Schule wurde am 1.10.1939 aufgehoben, blieb aber im Besitz der jüdischen Gemeinde. Nach dem Zweiten Weltkrieg wohnte hier der Rabbiner Ascher Wagschal, der die kleine jüdische Gemeinde betreute, welche sich in der Nachkriegszeit aus Displaced Persons gebildet hatte. Das Gebäude befindet sich seit 1952 in Privatbesitz. 2004 wurde eine Tafel angebracht, die auf die frühere Funktion des Hauses hinweist.

Friedhof

Bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts wurde der alte Zentralfriedhof bei Jestädt von der jüdischen Gemeinde Eschwege benutzt. Am 14.10.1853 erwarb die israelitische Synagogengemeinde Eschwege ein Gartengrundstück in der Rollgasse südlich der Stadt zur Anlage eines neuen Friedhofs. Die Einweihung des Friedhofs fand am 20.4.1857 statt; der älteste noch erhaltene Grabstein stammt aus demselben Jahr. Auf dem Friedhof befinden sich 487 Grabstätten aus der Zeit der Belegung zwischen 1859 und 1941 sowie 1946/47. Es sind einzelne Gräberfelder vorhanden, und verschiedene Phasen der Belegung lassen sich durch ihre räumliche Orientierung unterscheiden. Ein großer Teil des Areals blieb unbelegt und konnte daher nach 1945 für andere Zwecke in Anspruch genommen werden. Diese Flächen werden heute vom Parkplatz des Krankenhauses und dem Hubschrauber-Landeplatz eingenommen. Die offene Totenhalle und die Wohnung des Friedhofswärters wurden erst Ende der 1970er Jahre abgebrochen.

Die erhaltenen Grabsteine des Eschweger Friedhofs unterscheiden sich in ihrer Form und Ausprägung deutlich und lassen die Entwicklung wie auch eine Anpassung an christliche Grabformen erkennen. Dies beginnt schon mit der Auswahl des Steinmaterials, das sich vom schlichten Sandstein hin zu poliertem Granit wandelt. Weiterhin ging man zunehmend dazu über, zusätzlich zu den hebräischen Inschriften auch deutsche auf den Steinen anzubringen. Schließlich kam es in Eschwege im Laufe des 19. Jahrhunderts auch zu aufwändigeren Verzierungen bis hin zu bildlichen Darstellungen. Beispiel hierfür ist ein Kindergrab von 1883 mit der Darstellung eines auf einem Kissen ruhenden Kindes.22

Jestädt, Jüdischer Friedhof: Datensatz anzeigen
Eschwege, Jüdischer Friedhof: Datensatz anzeigen

Grabstätten

Jestädt, Jüdischer Friedhof: Grabstätten anzeigen

Nachweise

Weblinks

Quellen

Literatur

Abbildungen

Indizes

Personen

Isaac · Heilbrunn, Familie · Katz, Familie · Katzenstein, Familie · Wertheim, Familie · Kahn, Familie · Lomnitz, Wolf · Wischnack, Hermann · Gurion, Ben · Matthei, Johann Friedrich · Herxheimer, Salomon · Goldmann, Philipp · Wagschal, Ascher

Orte

Germerode · Mitterode · Sontra · Röhrda · Jestädt · Kassel · Mühlhausen · Israel · Gießen · Bernburg · Wanfried

Sachbegriffe Geschichte

Pest · Pogrome · Dreißigjähriger Krieg · Judenstättigkeit · Handelsjuden · Antisemitismus · Schlacht bei Lomnitz · Weimarer Republik · Reichskristallnacht · Eschwege, Hotel Löwenstein · Buchenwald, Konzentrationslager · Konzentrationslager · Theresienstadt, Ghetto · Displaced Persons · Eschwege, Neuapostolische Gemeinde · Eschwege, Schaß-Chewra · Eschwege, Jüdischer Abendverein · Eschwege, Wohltätigkeitsverein Chewra Gemiluth Chasodim · Eschwege, Kriminalgericht

Sachbegriffe Architektur

Tempel · Portale

Fußnoten
  1. Arnsberg, Jüdische Gemeinden 1, S. 167. – Cohn, Memorbuch, S. 5
  2. Adolf Jedlinek: Märtyrer- und Memorbuch, Wien 1881, S. 6
  3. Albert Huyskens: Die Klöster der Landschaft an der Werra. Regesten und Urkunden. Marburg 1916, S. 445, Nr. 1148
  4. Albert Huyskens: Die Klöster der Landschaft an der Werra. Regesten und Urkunden. Marburg 1916, S. 245, Nr. 652
  5. HStAM, 40 d, 253; HStAM 40 a Rubr. 16, 88
  6. HStAM, 40 a Rubr. 16, 88
  7. Für jedes Jahr ab 1630 zu ermitteln aus den Amtsrechnungen; HStAM, Rechnungen II, Eschwege 10
  8. Demandt, Judenstättigkeit, S. 304 u. 310
  9. Duplikat in 20 Bänden im Stadtarchiv Eschwege
  10. HStAM 18, 2634
  11. HStAM 18, 2634
  12. Zimmer, Juden in Eschwege, S. 61
  13. Siehe hierzu im Einzelnen Anna Maria Zimmer: Juden in Eschwege. Entwicklung und Zerstörung der jüdischen Gemeinde, Eschwege 1993
  14. Siehe hierzu im Einzelnen die Dokumentation von Karl Kollmann und York-Egbert König: Namen und Schicksale der jüdischen Opfer des Nationalsozialismus in Eschwege, Frankfurt am Main 2012
  15. Cohn, Memorbuch, S. 5 ff.
  16. HStAM 180 Eschwege, 485
  17. Rechenschaftsbericht über die Verwaltung des Wohltätigkeitsvereins Chewra Gemiluth Chasodim e.V. für das Rechnungsjahr 1929, S. 6
  18. HStAM 17 g, Gefach 84, Nr. 29
  19. StadtA Eschwege, Katastervorbeschreibung sowie Adressbücher der Stadt Eschwege
  20. Nach Aussage des Kultusbeamten Raphael Frenkel; vgl. Zimmer, Juden in Eschwege, S. 262
  21. Visitationsberichte über den Zustand der Schule, Schülerzahlen etc. aus den Jahren 1839-1867 vgl. HStAM 17 h, 1810
  22. Zum Friedhof siehe u. a. Kollmann/Wiegand, Spuren einer Minderheit, Kassel 1996
Empfohlene Zitierweise
„Eschwege (Werra-Meißner-Kreis)“, in: Synagogen in Hessen <https://www.lagis-hessen.de/de/purl/resolve/subject/syn/id/241> (Stand: 23.2.2023)