Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen

Synagogen in Hessen

Leihgestern

Gemeinde Linden, Landkreis Gießen — Von Susanne Gerschlauer
Basisdaten | Geschichte | Betsaal / Synagoge | Weitere Einrichtungen | Nachweise | Indizes | Empfohlene Zitierweise
Basisdaten

Juden belegt seit

Mitte 16. Jahrhundert

Lage

35440 Linden, Leihgestern, Rathausstraße 53

Rabbinat

Oberhessen

religiöse Ausrichtung

orthodox

erhalten

nein

Jahr des Verlusts

1938

Art des Verlusts

Zerstörung

Gedenktafel vorhanden

ja

Weitere Informationen zum Standort

Historisches Ortslexikon

Geschichte

Das vor rund 1.200 Jahren erstmals urkundlich erwähnte Leihgestern gehörte seit dem hohen Mittelalter je zu einem Teil den Landgrafen von Hessen und den Grafen von Nassau. Damit zählte es zu einer Markgenossenschaft, der einige der umliegenden Orte angehörten, u.a. auch Großen-Linden. Die Gemeindevertreter der Markgenossenschaft hielten alle zwei Jahre Versammlungen in Leihgestern ab. 1703 erwarben die hessischen Landgrafen durch Kauf alle Rechte am Ort.

Seit Mitte des 16. Jahrhunderts lebten Juden in Leihgestern; eine weitere Nennung erfolgte 1643 im Zusammenhang mit einem Judenkonvent in Gießen.1 Seit dieser Zeit lebten vermutlich kontinuierlich Juden am Ort. Um 1830 wohnten hier 46 Juden, 1905 waren es 29 jüdische Personen.2

Über den Zeitpunkt der Gründung einer jüdischen Gemeinde ist bisher nichts bekannt. Die jüdische Gemeinde war zahlenmäßig eher klein. Der letzte Vorsitzende der jüdischen Gemeinde war Herrmann Bauer. Die jüdischen Leihgesterner verdienten ihren Lebensunterhalt mit dem Handel mit Vieh und als Kaufleute. Es gab darüber hinaus einen Metzger sowie einen Schuster.3

Bis 1938 lebten noch 20 Juden in Leihgestern. 13 von ihnen konnten rechtzeitig ins Ausland emigrieren, eine Jüdin zog nach Frankfurt am Main. Neun jüdische Leihgesterner wurden vermutlich in Konzentrationslagern ermordet.4

Betsaal / Synagoge

In der Rathausstraße 53, am südwestlichen Rand des ehemaligen Ortskerns gelegen, befand sich der Gottesdienstraum der jüdischen Gemeinde.5 Das kleine Gebäude war nur ca. 30 Quadratmeter groß und lag an einem etwa 60 Quadratmeter großen Grundstück. Seit wann die Synagoge bestand ist bisher nicht bekannt. Das Gebäude wurde am 10.11.1938 zerstört.6

Weitere Einrichtungen

Friedhof

Der jüdische Friedhof in Leihgestern liegt am Steinweg, etwa 300 Meter nördlich des Ortsrandes und hat eine Grundfläche von etwa 480 Quadratmetern. Er wurde 1887 auf einem der jüdischen Gemeinde dafür zugestandenen gemeindlichen Gelände angelegt. Der älteste Grabstein stammt aus dem Jahr 1897, der jüngste von 1938. Bis 1887 begruben die Leihgesterner Juden ihre Toten in Großen-Linden.

Leihgestern, Jüdischer Friedhof: Datensatz anzeigen

Nachweise

Weblinks

Quellen

Literatur

Abbildungen

Indizes

Personen

Hessen, Landgrafen von · Nassau, Grafen von · Bauer, Hermann

Orte

Großen-Linden · Frankfurt am Main

Sachbegriffe Geschichte

Markgenossenschaften

Fußnoten
  1. Krieb, Leihgestern, S. 109
  2. Arnsberg, Jüdische Gemeinden 1, S. 484
  3. Arnsberg, Jüdische Gemeinden 1, S. 484
  4. Arnsberg, Jüdische Gemeinden 1, S. 484; Krieb, Leihgestern, S. 114
  5. Arnsberg, Jüdische Gemeinden 1, S. 484
  6. Altaras, Synagogen 2007, S. 418
Empfohlene Zitierweise
„Leihgestern (Landkreis Gießen)“, in: Synagogen in Hessen <https://www.lagis-hessen.de/de/purl/resolve/subject/syn/id/172> (Stand: 14.8.2022)