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Topografie des Nationalsozialismus in Hessen

Übersichtskarte Hessen

Erbach, SA-Standarte 186 „Odenwald“

Erbach, Gemeinde Erbach, Odenwaldkreis | Historisches Ortslexikon
In der NS-Zeit: Kasernenstraße
Klassifikation | Nutzungsgeschichte | Indizes | Nachweise | Abbildungen | Zitierweise
Klassifikation

Kategorie:

Parteiorganisationen

Subkategorie:

SA 

Nutzungsgeschichte

Beschreibung:

Die Standarte der „Sturmabteilung (SA)“ mit der Nr. 186 wurde unter der Bezeichnung „Odenwald“ im Juni 1933 aufgrund der allgemeinen Neugliederung der SA gegründet und bildete ab dieser Zeit bis 1945 die ranghöchste SA-Formation auf dem Gebiet des staatlichen Kreises Erbach. Dieser Standartenleitung unterstanden mehrere SA-Sturmbanne und sämtliche Stürme in den einzelnen Dörfern und Städten des Kreises Erbach sowie einem Großteil der SA-Einheiten auf dem Gebiet des staatlichen Altkreises Dieburg. Im Januar 1933 unterstanden sämtliche SA-Einheiten auf dem Gebiet des Altkreises Erbach der „Standarte 186“ mit Sitz in Darmstadt. Diese wurde von Standartenführer Dr. Ivers geleitet und hatte seit November 1932 zwei Sturmbanne in Beerfelden III/186 (Braun, Heinrich) und Michelstadt IV/186 (Weyrauch, Heinrich). Nach der „Machtergreifung“ stieg die Mitgliederzahl der SA an, so dass im Juni 1933 aus den beiden genannten Sturmbannen eine neue Standarte hervorging, die die Nr. 186 beibehielt. Zum neuen Leiter der Standarte wurde der seitherige Sturmbannführer Heinrich Weyrauch aus Michelstadt bestimmt. Michelstadt war der Standort der Standartenleitung. Nachdem der Standartenführer Weyrauch die Fahne bzw. „Standarte Odenwald“ auf dem „Reichsparteitag“ im Jahr 1933 von Hitler überreicht bekam, firmierte die SA-Formation endgültig als „SA-Standarte 186 Odenwald“. Der Zuständigkeitsbereich dieser SA-Gebietsverwaltung wechselte jedoch bis 1945 ständig, genauso wie der Dienstsitz dieser Standartenleitung. In den Jahren 1933 und 1934 saß die Leitung in Michelstadt. Nach dem sogenannten Röhmputsch kam es auch innerhalb der südhessischen SA zur Neugliederung der einzelnen Formationen. So wurde etwa die Standarte 174 mit Sitz in Babenhausen aufgelöst und ein Großteil ihres Zuständigkeitsgebietes dem Bezirk der Standarte 186 „Odenwald“ angegliedert. Der Dienstsitz für die Standarte 186 befand sich 1936 und 1937 in Lindenfels und spätestens ab Juli 1937 in Erbach.

In Erbach bezog die Standarte 186 Räumlichkeiten in der Kasernenstraße. Im November 1938 bildete dieser Standort das organisatorische Zentrum aller antisemitischer Terrorakte, die durch die „Sturmabteilung (SA)“ auf dem Gebiet der staatlichen Kreise Erbach und Dieburg im Zuge der Reichspogromnacht durchgeführt wurden. Die Standartenführung koordinierte hier die Befehle an die einzelnen SA-Stürme in den Dörfern und Städten des Odenwaldes und ließ sich über deren Vollzug Meldung erstatten. Die größtenteils äußerst brutal vorgehenden lokalen SA-Einheiten meldeten ihre Terroraktionen an die Odenwälder Standartenleitung und diese erstattete der nächsthöheren SA-Leitung, d.h. der SA-Bigade 50 in Darmstadt, einen Vollzugsbericht und listete die zerstörten jüdischen Gotteshäuser auf. Nach 1938 bestand das „Aufgabengebiet“ der SA keineswegs nur aus der „wehrsportlichen Ertüchtigung“ eines Teils der deutschen Männer. Vielmehr waren die SA-Einheiten während des Zweiten Weltkrieges maßgeblich bei der Überwachung von Zwangsarbeitern eingebunden und führten „Razzien“ durch. Außerdem wurde sie als politische Bereitschaftseinheit eingesetzt und zur Fahndung nach alliierten Fliegern herangezogen, die über dem Odenwald abgesprungen waren. In der Spätphase des Krieges wurden die meisten Einheiten des Odenwälder „Volkssturms“ von Personen angeführt, die aus dem kreisweiten SA-Führerkorps stammten. Spätestens ab 1942 fungierte die dem Erbacher Kasernenareal benachbarte Pestalozzistraße Nr. 5 als Adresse. In der Kreisstadt Erbach verblieb die Leitung der „SA-Standarte 186 Odenwald“ vermutlich bis zum Einmarsch der US-Armee im März 1945.

Bemerkungen:

In der Kreisstadt Erbach wurde im März 1930 ein SA-Sturm gebildet. Die Gründung der ortsansässigen SA-Einhheit fällt damit in die gleiche Zeit der NSDAP-Ortsgruppengründung von Erbach, d.h. in den März 1930. Zu dieser Zeit wurde diese kleine SA-Formation dem Pg. Affemann unterstellt. Derselbe war am 25.2.1934 Obersturmführer und führte den Sturm 3/186 an.

Nutzungsanfang (früheste Erwähnung):

Juni 1938

Nutzungsende (späteste Erwähnung):

März 1945

Indizes

Orte:

Erbach

Sachbegriffe:

Parteiorganisationen · SA

Nachweise

Gedruckte Quellen:

  • Centralanzeiger Odenwald, Beilage Seite 1 und 2, 25.2.1934.
  • Einwohnerbuch Kreis Erbach Juni 1938.
Zitierweise
„Erbach, SA-Standarte 186 „Odenwald““, in: Topographie des Nationalsozialismus in Hessen <https://www.lagis-hessen.de/de/subjects/idrec/sn/nstopo/id/3366> (Stand: 16.9.2022)